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0998 - Die Welt der verlorenen Kinder

0998 - Die Welt der verlorenen Kinder

Titel: 0998 - Die Welt der verlorenen Kinder
Autoren: Jason Dark
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untersten Zweigen bis hoch zur Spitze mit Lichtern geschmückt war, die auch alle leuchteten. Es sah so aus, als hätten sich darin zahlreiche vom Himmel fallende Sternschnuppen verirrt.
    Wenn ich Orte wie Paxton besuchte, und das hatte ich schon oft getan, liefen meine Besuche stets nach einer Regel ab. In den Ortskern fahren, wo ich immer ein Gasthaus oder eine Pension fand, in der ich übernachten konnte. Von diesem Punkt an kam ich überall schnell hin, wenn es sein mußte.
    In Paxton stand die Kirche allerdiiigs nicht mitten im Ort, sondern etwas abseits, als wollte das Bauwerk mit den Bewohnern nichts zu tun haben.
    Der Turm war nicht mehr zu sehen. Erst als ich den hohen Weihnachtsbaum passiert hatte, entdeckte ich ihn in der Ferne. Golden Goose Die Schrift über dem Eingang schimmerte tatsächlich golden, genauso wie die über ihnen hängende Gans mit dem langen, vorgestreckten Hals und dem offenen Schnabel.
    Ich fuhr meinen Wagen an einen Platz, wo er niemanden störte. An dieser Stelle war der Bach abgedeckt worden. Es war zu hören, wie er unter den Steinen herplätscherte.
    Ich löste den Gurt und stieg aus. Bevor ich den Koffer vom Rücksitz nahm, blickte ich mich um. Es war doch kälter als in London. So stellte ich den Kragen meiner Jacke hoch. Automatisch zogen sich meine Augenbrauen zusammen, als ich mir die Umgebung anschaute und auch über die seltsame Stille nachdachte, die hier herrschte.
    Es kam mir vor wie in der Nacht. Ein tiefes Schweigen, das von keiner Stimme und auch von keinem Automotor unterbrochen wurde. Für mich war es nicht normal. Es wirkte irgendwo bedrückend, und auch der weihnachtlich erleuchtete Baum konnte mir keine große Freude bereiten.
    Paxton war nicht mein Ort. Etwas stimmte hier nicht, und ich war gespannt darauf, was mir der gute Brett McCormick alles zu sagen hatte.
    Ich würde ihn leicht finden, denn hier wußte jeder über jeden Bescheid.
    Als ich die Autotür zuwarf, empfand ich selbst das Geräusch schon als störend. Sehr bald aber kehrte die Stille wieder zurück. Ich hörte auch keine Stimmen, obwohl Menschen unterwegs waren, denn als ich mich drehte, da sah ich die Straßenseite mit den Geschäften. Dort waren die Menschen, die sich unterhielten, aber auch ihre Stimmen klangen gedämpft. Es lachte niemand, es sprach keiner lauter als unbedingt nötig, und sogar die Bewegungen wirkten fremd. Sehr seltsam.
    Aber man hatte mich gesehen, denn hin und wieder wurden mir verstohlene Blicke zugeworfen. Es war mir egal, denn ich wollte mich erst einmal in der Golden Goose erkundigen, ob es dort tatsächlich ein freies Gästezimmer für mich gab. Angeschlagen jedenfalls war nichts dergleichen. Zur Not würde ich auch bei McCormick schlafen.
    Ich nahm nicht den direkten Weg, sondern wollte einmal den Baum halb umrunden. Nach welch einem Gefühl ich da vorging, konnte ich selbst nicht sagen, ich tat es einfach, sah ihn dann vor mir, blieb stehen und mußte meinen Kopf in den Nacken legen, um bis hoch zur Spitze schauen zu können.
    Auf einmal wurde ich zu Eis.
    Da war etwas.
    Stimmen - Kinderstimmen!
    Sie waren um mich herum, sie drangen an mein Ohr, und sie sangen eine Zeile, die sie ständig wiederholten.
    »Christmas Day - Christmas Day is Coming…«
    Und jedesmal endeten die letzten Töne in einem schrillen, schon bösartigen Kichern…
    ***
    Ich tat nichts. Ich blieb einfach nur stehen und überlegte, ob ich mich nicht verhört oder getäuscht hatte. Dabei schaute ich noch immer an der Breitseite des Baumes in die Höhe, ohne jedoch etwas Neues entdecken zu können, denn in dem dichten Baum hielt sich keiner der Sänger versteckt.
    Ich sah nichts.
    Trotzdem hatte ich die Kinderstimmen gehört. Ausgerechnet Kinderstimmen.
    Als ich daran dachte, wurde der Schauer auf meinem Rücken noch dichter, und meine Kehle zog sich zusammen.
    Es ging hier um Kinder, und es waren tatsächlich Kinderstimmen gewesen, die mich empfangen hatten.
    Aber ich hatte kein Kind gesehen…
    Sehr langsam senkte ich den Kopf. Dabei holte ich durch die Nase Luft, und ich drehte mich auch auf der Stelle, um die Umgebung abzusuchen.
    Es war nichts Ungewöhnliches zu sehen. Kein Kind zeigte sich. Weder in meiner Nähe noch weiter entfernt. Allmählich schloß ich die Möglichkeit nicht aus, einem Irrtum erlegen zu sein. Daß mir meine schon angeheizte Phantasie einen Streich spielte und ich Dinge hörte, die es in Wirklichkeit nicht gab.
    Nur ein Geräusch war existent. Ein leises Rascheln, das
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