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0987 - Das Seelenloch

0987 - Das Seelenloch

Titel: 0987 - Das Seelenloch
Autoren: Jason Dark
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Holzbohlen zu erkennen. Die meisten von ihnen entdeckte ich an der Wand.
    Jane war ziemlich blaß. Sie stand vor der kaum zu erkennenden Tür und hatte mit ihren Erinnerungen zu kämpfen. Deshalb fragte ich sie: »Möchtest du zurückbleiben?«
    »Mal sehen.«
    »Aber das Loch ist geschlossen worden?« vergewisserte ich mich noch einmal.
    »Richtig. Falls es nicht jemand inzwischen wieder geöffnet hat. Man kann ja nie wissen.«
    »Okay, dann bleib mal zurück.«
    »Denk an die andere Macht, John«, warnte sie mich noch. »Sie ist so stark, so schrecklich. Die kann dich packen und von den Beinen reißen. Das ist alles wahr.«
    »Keine Sorge.« Ich war vorsichtig, als ich die Tür aufzog und einen ersten schnellen Blick in den fensterlosen Raum warf. Viel war nicht zu sehen. Elektrisches Licht gab es nicht, aber Jane hatte mitgedacht und zwei Kerzen angezündet. Das Licht breitete sich aus, und ermöglichte einen raschen Überblick.
    Es war der dunkle Umriß des Betts, der sich an der Wand abmalte und dabei einen schrägen Winkel angenommen hatte. Der Schein reichte auch aus, um mich das viele Blut erkennen zu lassen, das sich auf dem Bettlaken ausgebreitet hatte.
    Dicke Flecken. An anderen Stellen sah ich auch nur Tropfen oder Spritzer, jedenfalls bot diese Liegestatt einen schaurigen Anblick.
    Ich hatte meine Lampe aus der Tasche geholt. Ihr Schein war heller, und ich leuchtete damit gegen die Wand neben dem Bett.
    »Weiter nach rechts«, flüsterte die hinter mir stehende Jane, »und nicht ganz so hoch.«
    Ich folgte ihren Anweisungen und hatte wenig später die Umrisse der Klappe erkannt. Niemand hatte das Seelenloch bisher geöffnet. Es war nach wie vor geschlossen und sah aus wie zugeklebt.
    »Ja, das ist es.«
    Es war in einer ziemlichen Höhe angebracht, aber ich brauchte nicht auf das Bett zu steigen, um es zu öffnen. Mir kam dieser Raum sowieso vor wie ein kleiner Anbau.
    »Laß die Kerzen ruhig im anderen Raum stehen, Jane. Das ist besser. Ich komme hier mit meiner Lampe gut zurecht.«
    »Wie du willst.«
    Sie zog sich zurück und blieb auch dort. Jane nickte mir zu. Ich wußte, daß sie uns die Daumen drückte. Es war schon seltsam. Hier passierte nichts, aber wir beide waren von einer ungeheuren Spannung erfaßt. Bei mir steigerte sie sich noch, als ich näher an die Wand herantrat, dabei den rechten Arm hob und die Finger ausstreckte, um den kleinen Nippel am Lukendeckel umfassen zu können. Ich klemmte ihn zwischen Daumen und Zeigefinger fest.
    Es passierte nichts. Ich hörte auch nichts in dieser beklemmenden Stille, denn Jane und ich hatten den Atem angehalten.
    Eine Sekunde später zerrte ich die Klappe zurück.
    Jetzt war die Luke offen!
    ***
    Plötzlich wurde mir die Zeit lang, obgleich sie weiterhin völlig normal ablief. Aber ich merkte die Kräfte auf meinem Rücken, und ich erwartete zumindest einen ersten Angriff, aber es passierte überhaupt nichts. Die Klappe war zurückgeschoben worden, die Luke lag frei. Ich konnte in den viereckigen Ausschnitt hineinschauen, aber darin bewegte sich nichts.
    Trotzdem war es nicht normal. Die Seele des Toten hatte durch die Luke ins Freie gelangen sollen.
    Das war auch jetzt der Fall, aber was lag hinter ihr?
    Eigentlich hätte ich doch das graue Dämmerlicht des hereinbrechenden Abends sehen müssen, nur hatte ich damit Pech. Ich sah nichts, nur die dichte Dunkelheit, die das Loch ausfüllte. Eine Grenze oder ein Ende war nicht zu sehen.
    Es waren einige Sekunden vergangen. Jane traute sich wieder heran. Sie fragte: »Und?«
    »Nichts.« Ich hörte ihr Schnaufen, dann sagte sie:
    »Aber da muß doch etwas sein…«
    »Nein.«
    Sie kam näher, stand jetzt im Leichenzimmer. »Spürst du auch nichts, John?«
    »Im Moment ist alles so okay, daß es schon nicht okay ist. Ich kann zumindest nicht nach draußen schauen. Dieses Loch ist mit einer unheimlichen dichten Schwärze gefüllt. Ein Ende jedenfalls ist beim besten Willen nicht zu erkennen.«
    »Dann hat es sich zurückgezogen«, flüsterte Jane. »Was immer darin lauern mag, es will sich vorerst nicht zeigen, und dagegen gibt es nur ein Mittel. Wir müssen es locken.«
    »Nicht wir, sondern ich«, korrigierte ich. »Du bleibst zurück. Vielleicht brauche ich jemanden, der mich rettet.« Das hatte ich nicht mal spöttisch gemeint, sondern todernst. Aber ich leuchtete jetzt hinein. Der Stahl hätte die Dunkelheit zerschneiden müssen wie ein helles Messer, nur hatte ich damit Pech. Er sägte sich zwar in
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