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0986 - Das Ende der Sternenstadt

Titel: 0986 - Das Ende der Sternenstadt
Autoren: Unbekannt
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verächtlich auf ihn herabsahen. Er hatte sich daran gewöhnt. Es war ihm gleichgültig, daß sie Form und Farbe wechselten und zu verschwimmen begannen, wenn sie zufällig in seine Nähe gerieten, und es kümmerte ihn auch nicht mehr, daß sie den Dingen, die er schuf, aus dem Wege gingen. Wenn sie behaupteten, daß seine Werke häßlich, unmoralisch, ja krankhaft wären, so hörte er einfach weg. Den Vorwurf, verderblich auf die anderen Spaltlinge einzuwirken, nahm er gar nicht mehr zur Kenntnis.
    Seine Stärke bestand darin, daß er ganz gelassen blieb, während die anderen sich über ihn aufregten.
    Zynisch dachte er, daß er sie sich mit Leichtigkeit hätte vom Halse halten können. Er hätte nur einen Wall von materiellen Bildnissen um sich herum zu schaffen brauchen, und kein einziger Bürger hätte es dann noch gewagt, zu ihm vorzudringen.
    Das Problem bestand darin, daß er gar keine Lust haste, sich abzukapseln. Im Gegenteil - er wollte hinaus aus Art’Yschall. Er wollte das Universum sehen, anstatt es in den langen Perioden seiner einsamen Meditationen zu erspüren.
    Während der Meditationen begegnete er des öfteren den flüchtigen Geistern von Wesen, die in diesem für Thezein so faszinierenden Universum außerhalb von Art’Yschall existierten. Anfangs schreckte er vor solchen Begegnungen zurück, denn er erinnerte sich vage der uralten Meditationsgesetze, wonach Begegnungen mit Artfremden vermieden werden mußten. Da er aber in diesem Zustand niemals auf die Geister von Bürgern traf, überwand er schließlich seine Hemmungen. Seitdem verbrachte er fast die gesamte Dauer der Meditationsphase mit der Suche nach den fremden Bewußtseinen.
    Ab und zu gelang ihm eine kurzfristige Vereinigung. Dann genoß er für den Bruchteil eines Treibimpulses die Illusion, einen fremden, festen Körper zu haben, einen Körper, der nicht nur als Träger des Bewußtseins diente, sondern gleichzeitig ein Symbol zu sein schien, mit dem die Zugehörigkeit des Besitzers zu bestimmten Gruppen angezeigt wurde. Für die Wesen, denen Thezein begegnete, war die Form ihrer materiellen Hülle meistens sehr wichtig. Sie pflegten ihre Körper und betrachteten sie sogar als ihr Eigentum. Da sie von ihnen abhängig zu sein glaubten, verbanden sie zahlreiche Ängste mit dem Zustand ihrer Hüllen. Sie fürchteten sich vor Dingen, die sie Krankheit, Schmerzen und Tod nannten - Begriffe, die in Art’Yschall seit so langer Zeit unbekannt waren, daß Thezein nicht sicher war, ob er sie überhaupt richtig verstand. Er wußte nur, daß diese Ängste der Fremden ungeheuer intensiv sein konnten. Das faszinierte ihn. Als er der Sache nachging, entdeckte er noch andere solche Dinge. Haß und Wut, Liebe und Mitleid, Stolz und Demut - eine geradezu berauschende Vielfalt von Zuständen, die er schließlich als Gefühle erkannte. Im Vergleich zu dem, was er bis zu diesem Moment empfunden haste, waren die Gefühle, die er in den fremden Bewußtseinen vorfand, emotionelle Sturmfluten.
    Es waren diese exotischen Gefühle, die ihn an den fremden Geistern so sehr faszinierten, daß er immer weiter von den vorgeschriebenen,Wegen abwich. Er wurde zum Außenseiter. Er begann, die Formen dieser festen, merkwürdigen Körper nachzubilden und die Bildnisse überall da aufzustellen, wo sich gerade Platz fand. Das allererste Bildnis stellte er ausgerechnet an den Beginn der Sternenstaubbrücke zwischen dem Mond der Wassergeborenen und seiner Heimat, der Ebene der Schnellfüßigen. Einen Treibimpuls später hatte man nicht nur dieses und drei weitere von Thezeins Werken ausgelöscht, sondern auch dem Ubeltäter nahegelegt, sich schleunigst einen Verschmelzungspartner zu suchen, damit er auf andere Gedanken käme.
    Thezeins sehnlichster Wunsch aber war, daß man ihn in Ruhe ließe. Ein Verschmelzungspartnerbedeutete, daß er nie mehr auch nur einen Gedanken selbständig bis zu Ende denken konnte, sich an die Meditationsvorschriften halten mußte und seine Hände nicht mehr für das Nachbilden fremder Körper benutzen konnte kein Partner hätte derart unmögliche Tätigkeiten tatenlos hingenommen.
    Immerhin blieb Thezein besonnen genug, um all seine Einwände und Bedenken für sich zu behalten und Gehorsam zu heucheln. Auf der Ebene der Schnellfüßigen gab es nur wenige Spaltlinge, und die Chance, daß keiner darunter wäre, dessen Komponenten zu seinen eigenen paßte, erschien ihm als recht hoch. Bis jetzt hatte er damit recht behalten. Bürger höherer
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