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0985 - Libertys Tränen

0985 - Libertys Tränen

Titel: 0985 - Libertys Tränen
Autoren: Simon Borner
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Jubiläumsfeier. Sie steigen aus, gehen aufs Podium, begrüßen den Veranstalter, einen gewissen…« Es folgte ein Blick auf das BlackBerry in ihrer manikürten Rechten. »Dr. Lyle R. Jennings, Kurator des Historischen Museums. Dann halten Sie eine kurze Ansprache, schütteln dem Beep die Hand und gehen wieder.«
    Beep war die umgangssprachliche Bezeichnung für den BP, den Borough President, also gewissermaßen den Bürgermeister des jeweiligen Bezirks. John kannte den Kollegen aus der Bronx: Juan Diâz, jr. Ein Puerto Ricaner von nicht einmal vierzig Jahren, mit Leib und Seele Demokrat. Drei gute Gründe ihn nicht zu mögen, soweit es John betraf.
    »Das Ganze dürfte nicht länger als fünfzehn Minuten dauern«, fuhr Cleavage fort. »Darf es auch nicht, denn um siebzehn Uhr erwartet Sie bereits der Rotary Club in der 8th Avenue zum Gala-Diner, um ihnen die Ehrenmitgliedschaft zu verleihen.«
    Siebzehn Uhr. John grunzte. »Bei dem Verkehr? Wie soll das denn gehen? Haben Sie irgendwo noch einen Hubschrauber warten?«
    Cleavages Mundwinkel zuckten nach unten. »Hatten wir, Sir, tatsächlich. Aber das Wetter auf City Island macht ein Landen und Starten schlicht unmöglich. Von daher wird der Expressway genügen müssen.«
    John goss sich Rum nach - er musste aufpassen, dass er nachher nicht ins Mikro lallte, wenn er so weiter machte - und sah nach draußen. Die Limo hatte inzwischen Pelham Bay erreicht und bog auf die City Island Road ein. Schon von Weitem sah er das Unwetter, das sich über der kleinen Insel vor der Küste zusammenballte.
    Lustig , dachte er. Man könnte meinen, selbst das Wetter habe eine explizite Aversion gegen diesen provinziellen Auswuchs meiner Stadt da vorne. Verständlich wär’s.
    Wenn das stimmte, schien Petrus Geschmack zu haben. John hob sein Glas zur Wagendecke und prostete dem himmlischen Wettermacher verschwörerisch zu.
    Wie zur Erwiderung flackerten in just diesem Augenblick grünliche Blitze über der kleinen Gemeinde auf.
    Kapitel 8
    Bis zum Ende der Welt
    Der Himmel sah aus, als habe ihm ein böser Riese eine Wunde geschlagen, die nie mehr heilen würde. Ein wahrer Strudel aus Wolken, bizarr schnell und aktiv, erhob sich über dem Historischen Museum - dunkles Zentrum einer dichten Wolkendecke. Dämonenlicht flackerte zwischen den einzelnen Anballungen auf wie ein ferner Gruß aus Höllensphären. Hier und da hatten sogar schon Blitze in Bäume und parkende Autos geschlagen. Das Flackerspiel der Flammen verlieh der unheimlichen Szenerie eine noch bedrückendere Atmosphäre. Zamorra stockte der Atem.
    »Sir, Sie können da nicht…«
    »Sparen Sie sich Ihre Fürsorge, Fire Fighter«, fuhr Andy den Angehörigen der Berufsfeuerwehr an, der ihn hatte aufhalten wollen. »Wir sind im Einsatz. Genau wie Sie.«
    Das New York Fire Department, das seit einigen Minuten die kleinen Brände löschte, stellte nur einen Teil der Zuschauer dar. Neben den drei uniformierten Feuerwehrleuten hatten sich bereits gut zwanzig Schaulustige eingefunden. Zamorra sah Rentner, Spaziergänger, Angestellte der umliegenden Geschäfte und Cafés - sie alle standen auf dem Bürgersteig oder der Strandpromenade und sahen staunend gen Museum, über dem die Welt zu enden schien.
    Doch im Gegensatz zu Zamorra und Andy ahnten sie nicht, wie nah diese Beschreibung der Wirklichkeit kommen mochte. Für die Leute von City Island war da schließlich nur eine besonders bemerkenswerte Ausprägung der seit Tagen Gewohnheit gewordenen Schlechtwetterfront zu sehen. Für den Dämonenjäger aber…
    »Sorgen Sie dafür, dass niemand dem Gebäude zu nahe kommt«, bat Zamorra seinen jungen Begleiter. »Unter keinen Umständen darf jemand das Grundstück betreten. Nicht einmal das NYFD. Egal, was noch passiert.«
    »Verstanden«, sagte Andy und gab die Anweisung an den Fire Fighter weiter.
    Dann gingen sie los. Seite an Seite näherten sich Zamorra und Sipowicz dem Museum. Niemand beachtete sie groß, und genau so wollte es der Professor. Zamorra spürte die Energie, die sich in Merlins Stern regte und die es erwärmte. Bislang aber verhielt sich das Amulett ruhig. Er entschied, das als ein gutes Zeichen zu nehmen.
    Eine kurze Treppe aus weißem Stein führte zum Haupteingang des Gebäudes. Andy rüttelte an der Tür - und zu seiner sichtlichen Verwunderung öffnete sie sich. Gemeinsam traten die Männer ein.
    Im Inneren herrschte eine Grabesstille, die ein krasser Gegensatz zum regnerisch-windigen Tosen von draußen war. Zamorra
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