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0980 - Der Fluch des dunklen Apfels

0980 - Der Fluch des dunklen Apfels

Titel: 0980 - Der Fluch des dunklen Apfels
Autoren: Christian Schwarz
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jetzt noch, den Coolen zu spielen. Das misslang gründlich; er knickte in den Beinen ein und musste sich am Rand des unteren Sargteils abstützen.
    In diesem Moment brach Velita Dominguez mit einem Röcheln zusammen.
    ***
    Lyon, Frankreich
    »Ich hab keine Lust mehr, Chef«, grummelte Joel Wisslaire und schob die Akten von sich. »Wär’s recht, wenn ich nach Hause gehe? Es war ein langer Tag.«
    Chefinspektor Pierre Robin, Leiter der Lyoner Mordkommission, starrte seinen Assistenten an. Dann warf er einen Blick auf die Wanduhr, danach wieder einen auf den schlaksigen Wisslaire, der sich gerade auf seinem Stuhl ausstreckte und die Hände hinter dem Kopf verschränkte. Schließlich nahm Robin die kalte Pfeife aus dem Mund, auf der er die ganze Zeit herumgekaut hatte, und fuhr mit dem Mundstück in seinem struppigen Seehundschnäuzer herum.
    »Hallo? Geht’s noch, Wisslaire? Ich weiß ja, dass man in Luxemburg das Arbeiten nicht erfunden hat, weil man dort lieber an den Steuersündern Europas partizipiert. Aber im Moment haben wir kurz nach neun Uhr morgens und Sie sind noch keine Stunde am Platz. Das ist selbst für einen Luxemburger eine Unverschämtheit. Und zwar eine bodenlose.«
    Joel »Jo« Wisslaire kratzte sich am Kopf. »Mein Vater ist Luxemburger, Chef. Ich hingegen habe den französischen Pass und fühle mich durch und durch als Franzose. Vive la France! Zudem kegeln Sie da was mit den Steuerhinterziehern durcheinander. Das Steuerparadies ist Liechtenstein, nicht Luxemburg.«
    »Ja, und?« Robin grinste wie ein Hai. »Fängt doch beides mit L an und hört mit g auf, was wollen Sie also?«
    Wisslaire grinste zurück. »Frei. Sagte ich das nicht bereits? Nein, ehrlich, Chef, ich bin vollkommen frustriert. Das hier ist mein erster Fall, den ich federführend bearbeite und schon hakt’s. Dabei hab ich’s im Urin, dass Madame Gouvou am plötzlichen Ableben ihres Gatten schuld ist. Hundertprozentig, so viel Menschenkenntnis habe ich. Die lügt, dass sich die Balken biegen. Aber das macht sie perfekt. Ich finde einfach keinen Fehler in ihren Aussagen.«
    Robins Augen funkelten. »Liegt’s möglicherweise daran, dass in diesem Fall Ihr Urin versagt und Madame Gouvou vielleicht doch unschuldig ist? Ach, vergessen Sie’s. Natürlich hat die Alte Dreck am Stecken, sie war’s, da bin ich ganz Ihrer Meinung. Und sie glaubt, dass sie schlauer ist als wir. Deswegen wird sie früher oder später den entscheidenden Fehler machen. Und dann…« Er formte mit den Händen ein Krokodilmaul und ließ es zuschnappen. »Klapp.«
    »Glauben Sie, Chef? Da bin ich mir nicht ganz so sicher.«
    »Doch, doch. Das habe wiederum ich im Urin.« Heute schien der Tag des chefinspektorlichen Dauergrinsens angesagt zu sein. »Wissen Sie was, Wisslaire? Lassen Sie die Akten einfach liegen, schwingen Sie Ihren Arsch, oder das, was Sie dafür halten, ins Auto und fahren Sie raus zu Madame. Nehmen Sie Grosjean mit und verhören Sie die Alte nochmals. Und morgen wieder, wenn es sein muss. Ändern Sie Ihre Verhörtaktik, kommen Sie durch die Hintertür.«
    »Hm.«
    »Hmsen Sie hier nicht rum. Versuchen Sie lieber den Namen des Butlers herauszufinden, den sie vor drei Jahren mal hatte und den sie rausgeworfen hat. Das hat sie irgendwo in ihren Aussagen erwähnt, richtig? Personal weiß immer viel und ist eine ergiebige Quelle. Vor allem, wenn es gefeuert worden ist.«
    Wisslaire sah den Chefinspektor verblüfft an. »Sie sind genial, Chef. Hat Ihnen das schon mal einer gesagt? Auf diesen Gedanken bin ich noch gar nicht gekommen.«
    »Deswegen bin ich der Chef und Sie der Assistent. Aber keine Sorge. Wenn Sie erst mal so viele Dienstjahre wie ich auf dem Buckel und ebenso viel Erfahrung haben, dann werden auch Sie von ganz alleine auf diese Kleinigkeiten kommen. Selbst als Luxemburger.«
    »Ich sagte doch bereits, dass ich Franzose bin, Chef. Aber wer solche Borsten in den Ohren hat, überhört schon mal was.«
    »Raus jetzt, Wisslaire!«, brüllte Robin. »Der wird Ihnen sonst gleich was erzählen, der Ohrenborstige. Haben Sie sich übrigens schon mal ihre Nasenlöcher angeschaut? Die Borsten, die da rausschauen, sind doppelt so dick wie meine. Mindestens. Möglicherweise sind das aber auch Ihre Haupthaare, die nach innen wachsen!«
    »Sie meinen, weil ich oben ganz ohne bin?« Wisslaire strich sich über seine Vollglatze, sprang grinsend vom Stuhl hoch, raffte die Akten zusammen, stellte sie fein säuberlich in den Wandschrank zurück und
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