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0980 - Der Fluch des dunklen Apfels

0980 - Der Fluch des dunklen Apfels

Titel: 0980 - Der Fluch des dunklen Apfels
Autoren: Christian Schwarz
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von Menschen, darunter zahlreiche Prominente mit ihren Bodyguards, stand zwischen den Bäumen, als der Trauerzug mit dem Sarg nahte. Die Angehörigen, in vorderster Front Mantles Verlobte Velita Dominguez, gestützt von dessen Bruder Pete, schritten mit ernsten Gesichtern direkt dahinter einher. Velitas verquollene Augen waren trotz des schwarzen Schleiers nicht zu übersehen. Sie musste bis vor Kurzem noch geweint haben und versuchte nun, sich zusammenzureißen. Hinter ihr gingen Wasserstecher und eine Abordnung der Yankees-Spieler mit ernsten, verschlossenen Gesichtern.
    Träger hievten den Sarg, über den die Yankees-Fahne gebreitet war, die Treppen hoch und stellten ihn vor dem Grufteingang auf einem Katafalk ab. Zuerst sprach der Reverend ein paar rührende Sätze, dann ergriff Wasserstecher das Wort. Mit leicht gespreizten Beinen, den teuren Hut in der Rechten, hielt er seinem besten Spieler die Grabrede. Er sprach davon, was für ein großer Mensch Mantle gewesen sei, bei jedermann beliebt wegen seiner Fröhlichkeit und seiner Menschlichkeit, vor allem aber wegen seines Engagements für die Armen und Benachteiligten. Mit Mantle verliere die Welt nicht nur einen großen Sportler, sondern auch einen großen Menschen.
    Für die Trauergäste standen gelbe Nelken bereit, die sie auf den Sarg legen konnten. Doch vorab legte Velita Dominguez eine rote Rose dazu.
    Nach der Predigt legte die Trauergemeinde eine Schweigeminute ein. Ganz ruhig wurde es aber nicht. Das Zwitschern der Vögel in den Bäumen war zu hören, vom Hafen her wehte dumpf das Horn eines Hochseefrachters herüber, zahlreiche der anwesenden Trauergäste räusperten sich.
    Plötzlich ertönte ein leiser, dumpfer Schlag. Die Menschen in nächster Nähe des Sarges erstarrten oder fuhren zusammen.
    »Aua, verdammt, wo bin ich hier? Und warum ist es so scheiß dunkel hier?«, tönte es dumpf aus dem Sarg.
    Velita Dominguez wurde so weiß wie eine Wand. Pete Mantle musste die Schwankende stützen, starrte aber ebenfalls wie hypnotisiert auf die Totenkiste. Unruhe und Gemurmel pflanzten sich in den Reihen der Trauergäste fort, der Reverend stand mit hilflos erhobenen Händen da.
    »He, hallo! Shit, Mann, was ist das? Bin ich in einem Sarg? Haben die mich lebendig begraben?« Die Stimme wurde schriller. »He, hallo, Shit, o Mann, hört mich jemand?« Eine Reihe weiterer dumpfer Schläge ertönte.
    Unter den Trauergästen mischten sich Schreie und hysterisches Weinen. Ein paar Frauen verdrehten die Augen und brachen zusammen, einige andere drehten sich um und versuchten panisch, sich durch die Menge zu drücken.
    »Verdammt, er lebt!«, brüllte Wasserstecher. »Mantle lebt. Die haben ihn lebendig eingesargt. Hol doch einer mal einen Akkuschrauber. Auf was wartet ihr?«
    Niemand fühlte sich zuständig.
    »Alles muss man selber machen«, grummelte der Yankees-Eigner und rannte mit raumgreifenden Schritten in die Leichenhalle zurück, während Mantles Klopfen und Brüllen hektischer wurde. Velita Dominguez raffte sich auf, ging zitternd zum Sarg und klopfte mit dem Stiel des Weihwasserwedels darauf. Sofort wurde es still in der Totenkiste. »Mickey, Darling«, sagte Velita laut. »Bitte, bitte, halt noch einen Moment durch, wir sind da und holen dich gleich raus.«
    »Bist… du das, Vel?«
    »Ja, bitte verhalte dich ganz ruhig, sonst geht dir die Luft aus. Dauert nur noch ein paar Momente.«
    Keiner der Trauergäste floh nun mehr. Alle starrten sie wie hypnotisiert auf die Szene, inklusive des Revernds, dessen Lippen sich stumm bewegten. Die Sensation wollte sich niemand entgehen lassen. Die Luft war erfüllt von Gemurmel und dem hektischen Reden der Medienvertreter. Zudem wurden die Sirenen von Ambulanzen hörbar. Die Zusammengebrochenen, die von Angehörigen nach hinten getragen wurden, mussten versorgt werden.
    Drei endlos lange, quälende Minuten später kam George M. Wasserstecher mit dem Akkuschrauber in der Hand zurück. Höchstpersönlich schraubte er den Sarg auf. Drei seiner Spieler halfen ihm, den schweren Deckel abzuheben und neben dem Sarg auf den Boden zu legen.
    Mickey Mantle erhob seinen Oberkörper. Mit verzerrtem, schweißüberströmtem, schneeweißem Gesicht starrte er aus dem Sarg auf die aus seiner Sicht unwirkliche Szene. Dann erhob er sich unsicher. Schwankend stand er nun da, mit dem Spieldress der Yankees bekleidet.
    »Hallo Leute«, krächzte er. »Ihr seid ja mehr als bei einem Spiel gegen die Red Sox…!« Mantle versuchte auch
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