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0976 - Flügel des Todes

0976 - Flügel des Todes

Titel: 0976 - Flügel des Todes
Autoren: Michael Breuer
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Augen weiteten sich. Er beließ den Wein einen Moment lang im Mund, um das Aroma zur Gänze auszukosten, doch er war schon jetzt überwältigt. Dann erst schluckte er.
    »Ah, Mademoiselle«, brachte er mühsam hervor, »Sie haben nicht zu viel versprochen!«
    Die Fremde lächelte katzenhaft. »Nicht wahr? Ein ausgezeichneter Tropfen?«
    Abermals führte sie das Glas an die Lippen, trank diesmal jedoch vorsichtiger. Goadec konnte das durchaus verstehen. Der schwere Wein stieg ihm bereits nach dem ersten, winzigen Schluck direkt in den Kopf.
    Auch der Weinbergpächter kostete abermals. Er schloss die Augen und stieß ein Brummen aus, während sich eine wohlige Wärme in seinem Inneren ausbreitete und sich schwer um seine Gedanken legte.
    »Ich hörte, es gibt heute Abend ein großes Fest hier«, riss ihn die Stimme der Fremden aus seinem seligen Dämmerzustand.
    Goadec nickte langsam und stellte den Weinkelch auf dem Tisch ab.
    »Ganz recht«, erwiderte er, nachdem er mühsam die Kontrolle über seine Zunge zurückgewonnen hatte. »Es hat vor einiger Zeit ein großes Feuer im Ort gegeben, bei dem mehrere Häuser zerstört wurden. Den Abschluss der Bauarbeiten wollen wir heute gebührend feiern. Ich selbst werde mich daran beteiligen, indem ich einige Weine aus meinem Fundus zur Verfügung stelle.«
    Die Fremde nickte verständig. Ihr Lächeln wurde plötzlich breiter, als sie mit einem ihrer spitzen roten Fingernägel auf das vor ihr stehende Glas deutete.
    »Interesse?«, fragte sie knapp.
    Goadec hob verwirrt eine Augenbraue.
    »Na, für ihr Fest«, erklärte die junge Schönheit geduldig. »Ich habe eine Kiste davon draußen in meinem Wagen. Sie müssten mir nur helfen, sie hineinzutragen.«
    Der Weinbergpächter nickte begeistert. Ein solcher Tropfen würde das Fest sicher krönen!
    »Oh, Mademoiselle, das wäre vortrefflich!«, erwiderte er also. »Was verlangen Sie denn pro Flasche?«
    Wieder ließ die Unbekannte ihr perlendes Lachen hören. Sie winkte ab. »Sehen Sie es als Spende für ihr kleines Fest«, erwiderte sie dann.
    Goadec riss die Augen auf und wollte etwas erwidern, doch schon fuhr sie fort. »Keine Widerrede«, forderte sie. »Ich kann es mir durchaus leisten, eine Kiste Wein zu verschenken. Geldsorgen habe ich wirklich nicht! Also, wollen Sie…?«
    Der Weinbergpächter erhob sich und streckte ihr die Hand entgegen. »Ich danke Ihnen, Mademoiselle, das ist wirklich sehr großzügig von Ihnen!«
    So kalt, dachte er unwillkürlich, als die junge Fremde Zugriff und seine Hand schüttelte.
    Schnell schob er den Gedanken jedoch beiseite und kurz darauf begaben sie sich zum Wagen, um den Wein ins Haus zu bringen. Mit einem fröhlichen Winken verabschiedete sich die engelsgleiche Fremde kurz darauf und fuhr von dannen.
    Goadec kehrte zurück ins Haus und musterte die Weinkiste, die sie auf dem Fußboden seines Büros abgestellt hatten. Dann nippte er noch einmal an dem halbgefüllten Glas.
    Er wusste, diesen erlesenen Tropfen musste er schleunigst Mostache und seinen Freunden kredenzen. Der urige Wirt der besten und einzigen Kneipe des Dorfes würde sich gewiss die Finger nach einem solchen Wein lecken!
    Betrübt betrachtete Goadec das Glas, das sich auf wundersame Weise geleert hatte. Als er sich genießerisch schmatzend nachschenkte, fiel sein Blick noch einmal auf das vergilbt aussehende Etikett der Flasche. Château Soufre 1966, las er stirnrunzelnd.
    Merkwürdiger Name für einen Wein , dachte er dabei.
    Soufre war das französische Wort für Schwefel…
    ***
    Als sich André Goadec schließlich auf den Weg zur Dorfkneipe machte, hatte er die angebrochene Flasche Wein geleert. Er verzichtete daher wohlweislich darauf, die Strecke mit dem Auto zurückzulegen. Obwohl der schwere Bordeaux seine Sinne berauschte, war er doch noch klar genug, um zu wissen, dass er mit dem Wagen wohl unweigerlich vor dem nächsten Baum gelandet wäre! Er schulterte also die Kiste und machte sich unter lautem Schnaufen auf den Weg in den Ort. Als Goadec endlich sein Ziel erreichte, war er schweißüberströmt. Ihm war heiß und alles in ihm sehnte sich nach einer kalten Dusche. Aber eine solche musste natürlich warten. Dieser exquisite Wein duldete einfach keinen Aufschub!
    Mit schweren Stiefeln stapfte Goadec durch die tiefen Pfützen vor dem Lokal und stieß dann mit dem Fuß die Tür auf. Die Köpfe der Anwesenden ruckten zu ihm herum, doch Goadec war hinter der Weinkiste zunächst kaum zu sehen. Erst als er seine
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