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0971 - Die zerrissene Stadt

0971 - Die zerrissene Stadt

Titel: 0971 - Die zerrissene Stadt
Autoren: Manfred H. Rückert
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hielten. Auffällig an Sherkonnt waren die spitzen Ohren und die lange Mähne, die sich bis zum Rücken zog, sowie mehrere Dornen, die aus den Schultern, den Ellenbogen und sogar den Unterarmen herausragten.
    »Sprecht, unnützes Menschenpack«, brummte er mit seiner ausgeprägten, durch Mark und Bein gehenden Bassstimme. Die Schwingungen setzten sich im Brust- und Magenbereich fort. Er blickte betont gelangweilt an den blauen Wänden der Versammlungshalle entlang. Es handelte sich dabei nicht um eine gemauerte Halle, sondern eher um eine riesige, annähernd rechteckige Höhle.
    In der ganzen Stadt herrschte Blau in allen Schattierungen vor, es war einfach ekelhaft. Welcher wahnsinnige Ungeist war auf die Idee gekommen, alles in dieser öden Farbe zu streichen?
    Wenn es wenigstens grau oder schwarz wäre, dachte er und nahm die Anwesenheit der Kriegerinnen nicht mehr wahr. Oder aber rot und gelb wie bei einem Feuer… einem Seelenfeuer…
    »Zwei Menschen bewegen sich auf die Blaue Stadt zu«, berichtete die ältere Späherin. Sherkonnt hatte sich nicht die Mühe gemacht, ihren Namen zu merken. Es reichte, wenn er mit der Anführerin der Amazonen kommunizierte. Tanera gab seine Instruktionen an ihre Untergebenen weiter.
    »Diese Menschen können keine Gefahr für uns werden«, knurrte Sherkonnt.
    »Aber sie bewegen sich direkt auf die Stadt zu«, sagte Tanera. Sie war eine der jüngsten Amazonen, dennoch führte sie die Kriegerinnen an. Sie hatte viel von ihrer Waffenschwester Tigora gelernt, die ebenso wie ihre Schwester Ling nach dem Inferno in der Hölle verschollen war. Nur Lings Begleiter, ein Irrwisch, einer jener kleinen, irrlichternden, höllischen Hilfsgeister namens Karon, schwebte beständig neben ihr. Seltsamerweise trug sie seit dem Aufwachen nach dem Inferno die Tätowierung eines Drachens auf ihrem linken Oberschenkel, genau wie Ling. »Sie wissen also, dass wir uns hier befinden.«
    Sherkonnts Augen wurden mit einem Mal blutrot. Der Dämon schien auf dem Knochenthron zu wachsen.
    »Verstehst du nicht, was ich sagte?«, rief er so laut, dass die Wände zu wackeln begannen. Die Amazonen verzogen keine Miene, sie waren von Stygia und deren Vorgänger Lucifuge Rofocale noch ganz anderes gewohnt. »Sie können keine Gefahr für uns werden - und die beiden Amazonen hier sorgen dafür, dass sie nicht in die Blaue Stadt gelangen.«
    »Wir hören und gehorchen«, sagten beide Kriegerinnen gleichzeitig die Formel der Unterwerfung.
    »Und du gehst mit«, befahl er einem Vampir. »Vielleicht kannst du durch die Menschen wieder zu Kräften kommen.«
    Auf einen Wink von Sherkonnt hin verließen die drei die Versammlungshalle.
    Der Anführer der gemischten Schwarzblütigen-Sippe winkte drei Geflügelte zu sich heran.
    »Und ihr Abschaum überwacht, ob sie die Menschen wirklich töten«, entschied er. Er zeigte damit überdeutlich, dass er niemand aus seiner Sippe traute. Den stechenden Blick von Tanera nahm er dabei nicht wahr. »Falls die Fremden überleben sollten, dann schlachtet sie ab - und die Amazonen und den Vampir gleich mit.«
    Die Geflügelten verließen, in hohen Tönen keckernd, die Halle.
    Sherkonnt verzog das Gesicht. Nicht genug damit, dass er keine Ahnung hatte, wie er und die anderen hergekommen waren, jetzt musste er sich auch noch mit diesem unfähigen Pack herumschlagen.
    Und mit Gortan, durchfuhr es ihn. Dessen zusammengewürfelte Sippe besaß fast ebenso viele Köpfe wie Sherkonnts Haufen. Der andere Dämon wollte sich nicht unter Sherkonnts Befehl stellen und stattdessen lieber seine eigene Sippe leiten. Außer ihnen beiden befanden sich zumeist niedrigere Dämonen oder gar Halbdämonen in ihrem Gefolge, Mitglieder der Schwarzen Familie mit einem eher geringen Magiepotenzial.
    Wenn dieser Narr nur einsehen würde, dass wir unter meiner Führung gemeinsam stärker sind, dann könnten wir auch den Wächter überwältigen, und die Stadt würde ganz mir gehören!
    Dass Gortan im anderen Teil der riesigen Höhle genauso über ihn dachte, wusste Sherkonnt nicht. Hätte er es gewusst, wäre es ihm egal gewesen.
    ***
    Der Durchsichtige konnte es zuerst nicht glauben, aber der Mann mit der schwarzmagischen Ausstrahlung war wirklich hergekommen. Also hatte er ihn doch richtig eingeschätzt. Der Sohn des Teufels ließ sich nicht befehlen, was er zu tun hatte. Doch er machte stets das Gegenteil von dem, was von ihm erwartet wurde und war auf diese Weise leicht auszurechnen.
    Was den Durchsichtigen immer
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