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0969 - Der falsche Ritter

Titel: 0969 - Der falsche Ritter
Autoren: Unbekannt
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niemals erfahren, wer er wirklich ist und was mit ihm geschehen sollte", sagte die Wunschmutter.
    In der Luft erklang ein Rauschen, und gleich darauf landete der Aufklärer ein paar Schritte von der kleinen Gruppe entfernt.
    „Er hat die Seitengebäude des Doms erreicht und scheint mit den Verhandlungen begonnen zu haben", berichtete Mezza Angdröhm.
    „Gut", sagte Tschan zufrieden. „Dann wird es Zeit für uns zu handeln. Kitter, du weißt, was du zu tun hast."
    Der Wandelbare nickte und trat mit dem Baby unter dem Arm auf die Ringstraße hinaus. Er bewegte sich in die Richtung, aus der Richter Veylt vor wenigen Augenblicken gekommen war.
     
    *
     
    Der Dom Kesdschan war eine riesige stählerne Glocke, die zu Beginn der Feierlichkeiten von starken Projektoren in Schwingungen versetzt wurde. Das Geräusch, das dabei entstand, war so durchdringend, daß es jeden Besucher bis ins Innerste erschütterte. Auch Wesen, deren Sinnesorgane nicht so beschaffen waren wie die von Humanoiden, wurden davon betroffen. Es gab zahlreiche Teilnehmer der Zeremonie, die diesen Lärm nicht ertrugen und vorzeitig umkehren mußten. Ihre Plätze wurden dann von jenen eingenommen, die sich seit Tagen zu Tausenden vor dem Dom drängten, aber offiziell keinen Einlaß gefunden hätten. Der Ablauf der Ereignisse sah vor, daß nur die Auserwählten, Zeremonienmeister, Domwarte und Angehörige der Auserwählten feste Plätze erhielten - alle anderen mußten dem Glück oder ihrem Durchsetzungsvermögen vertrauen. Für einen, der eine solche Feier noch nicht erlebt hatte, war es schwer vorstellbar, was die Anziehungskraft dieses Ereignisses ausmachte.
    Richter von Veylt war der Ansicht, daß es in erster Linie die Tradition und die Bedeutung des Geschehens waren. Der Dom Kesdschan war in seinen Augen eher häßlich, ein leuchtendes halbes Riesenei, das so hoch über die Nebengebäude hinausragte, daß diese kaum noch auffielen. Und im Innern sah es nicht viel ansprechender aus.
    Aber trotz der schlichten Holzbänke, die in zwei Reihen von der Empore bis zum Eingang reichten, trotz der schmucklosen Wände und des grauen Bodens herrschte in der Domhalle eine feierliche und erhabene Stimmung. Es war das in allen Anwesenden wirkende Bewußtsein, Augenblicke von kosmischer Bedeutung miterleben zu dürfen. Dazu kam noch die persönliche Ausstrahlung der Zeremonienmeister, die alle sechs als direkte Kontaktpersonen zu den Kosmokraten galten. Während die Domwarte rings um die Sitzbänke gruppiert waren und den Besucherstrom regelten, hielten die Zeremonienmeister sich auf der Empore auf. Sie waren unterschiedlicher Herkunft, aber aus Anlaß des Tages trugen sie einheitliche Kleidung, weite Roben aus dunklem Samt mit weißen Pelzumrandungen.
    Unterhalb der Empore standen die sechs Marmorkörbe mit den Auserwählten darin. Wenn eines der Kinder weinte, dann ging dieser Lärm im Dröhnen der Domkuppel unter.
    Von Veylt saß in der achtzehnten Reihe auf der linken Seite, zwischen einem Tarracinther und einer Zarka-Tan-Amazone. Die Amazone trug ihre Haarpracht geöffnet, so daß sie bis zum Boden reichte. Das Haar war mit Moschuswachs besprüht und strömte einen derart abscheulichen Duft aus, daß der Richter sich bemühte, nicht in ein Gespräch mit der Frau von Zarka-Tan verwickelt zu werden. Der Tarracinther meditierte, die Hornplatten seines Mundes klapperten im unaufhörlichen Selbstgespräch gegeneinander. Der Richter kam sich zwischen allen diesen Fremden ein bißchen verlassen vor. Die meisten Familien waren mit einem Dutzend oder noch mehr Angehörigen nach Khrat gekommen, um die Feierlichkeiten mitzuerleben. Von Veylt war allein. Er wußte, daß sein Sohn dies verstehen würde, wenn er später einmal davon erfuhr.
    Vergeblich versuchte der Richter zu erraten, welcher der sechs Körbe der mit Igsorian darin war. Sie sahen alle gleich aus, und erst, wenn der Name seines Sohnes aufgerufen und der entsprechende Korb zur Empore hinaufschwebte, würde von Veylt wissen, wo sein Sohn sich genau befand.
    „Richter von Veylt! „ Er drehte den Kopf. Ein Domwart hatte sich in die Reihe geschoben und beugte sich über die Amazone zu ihm herüber.
    „Ja?"
    „Würden Sie bitte mitkommen?"
    Von Veylt war es gewohnt, eigene Entscheidungen zu treffen. Weder der Lärm der Glocke, noch die feierliche Atmosphäre in dieser Halle hatten seine Fähigkeit dafür getrübt.
    „Wohin und weshalb?" wollte er wissen.
    „In einen der Nebenräume. Zeremonienmeister
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