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0959 - Der Fallbeil-Mann

0959 - Der Fallbeil-Mann

Titel: 0959 - Der Fallbeil-Mann
Autoren: Jason Dark
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Teich sah ich wie einen dunklen Spiegel inmitten des Geländes liegen.
    Selbst aus der Entfernung hatte er etwas Unheimliches an sich. Er strahlte eine Aura aus, die ich genau spürte, aber ich kam nicht mit ihr zurecht. Und es hing auch nicht mit der Kühle und Feuchtigkeit zusammen, die der Teich abgab.
    Der Wind war eingeschlafen. Die Stille näherte sich einem absoluten Punkt, und es waren wirklich nur meine schleifenden Schritte zu hören.
    Es gab einen Weg, der, von mir aus gesehen, links am Teich vorbeiführte. Es war die normale Zufahrt zum Schloß hin, und ich wartete darauf, daß sich dort die Scheinwerfer eines Wagens zeigten. Wenn die Nonnen kamen, mußten sie diesen Weg nehmen.
    Mein Plan stand fest.
    Hier auf dem Gelände des Schlosses würden sie mich nicht antreffen.
    Später, wenn sie mit ihrer toten Schwester verschwunden waren, würde ich zum Kloster fahren und der Oberin einige Fragen stellen. Schlaf fand sie und ihre Mitschwestern in dieser Nacht ohnehin nicht.
    Von meinem Zimmerfenster aus hatte ich den Teich schon überblicken können. An den Rändern war die Eisschicht komplett verschwunden. Ich trat an das Ufer heran, und mein Blick glitt über die ruhige Fläche hinweg. Ich stand zwischen zwei Trauerweiden. Die Form der Bäume gaben auch meine Stimmung wieder.
    Das Wasser kräuselte sich kaum an der Oberfläche. Ich hörte keine Wellen, die klatschend an das Ufer sprangen, und Fische ließen sich nicht blicken.
    Ich horchte auf, als ich das Brummen eines Automotors vernahm. Um den Weg zu sehen, mußte ich nur den Kopf um eine Idee nach rechts wenden. Sehr bald schimmerte das Licht der beiden Scheinwerfer wie ein bleiches Totenlicht, das immer wieder vorangeschoben wurde, durch die Dunkelheit. Der Wagen fuhr nicht sehr schnell. Die Marke konnte ich trotzdem nicht erkennen. Immerhin wußte ich, als er an mir vorbeifuhr, daß es sich um einen Kombi handelte.
    In ihrer Haut wollte ich nicht stecken. Wieder mußte sie ein Opfer holen.
    Der Fallbeil-Mann kannte keine Gnade. Aber warum hatte er sich gerade die Nonnen geholt, abgesehen von einem Touristen, der ihm wohl zufällig in die Quere gekommen war. Warum die Nonnen? Nichts passiert ohne Grund, gar nichts. Da bildeten auch die Mächte der Finsternis keine Ausnahme. Ich war davon überzeugt, daß es zwischen dem Fallbeil-Mann und dem Kloster einen Zusammenhang gab, den ich in der Vergangenheit suchen mußte.
    Der Wagen hatte inzwischen das Gelände vor dem Schloß erreicht und angehalten. Jemand stieg aus. Ich hörte, wie der Wagenschlag zugeworfen wurde. In der Stille klangen viele Geräusche viel lauter als tagsüber während der Hauptverkehrszeit.
    Wenig später hörte ich Stimmen. Die des Lords war am lautesten. Mich erreichten nur Fragmente von dem, was er sagte, aber er sprach davon, wie leid es ihm tat, wieder vor einem Opfer zu stehen. Was die Nonne antwortete, bekam ich nicht mit. Dann wurde es auch wieder ruhig.
    Wahrscheinlich waren sie ins Haus gegangen.
    Ich überlegte, ob ich noch länger hier stehenbleiben oder mich lieber in die Nähe meines Rovers begeben sollte, als ich durch das Knacken aus meinen Überlegungen gerissen wurde.
    Es war ein Geräusch, das nicht in diese Stille paßte. Als hätte jemand einen Zweig oder kleinen Ast zerbrochen. Ich schaute in die Höhe. Da aber war nichts zu sehen.
    Dafür hörte ich wieder das Knacken.
    Diesmal hatte ich aufgepaßt. Das Geräusch kam vom Teich.
    Abermals hörte ich das Knacken -und wußte Bescheid. Die Lösung war simpel. Kein Zweig oder Ast in der Nähe war zerbrochen, sondern das Eis auf dem Wasser.
    Einfach so?
    In dieser Nacht war für mich auch das Normale unnormal. Ich konnte noch zwei Schritte gehen, bis ich direkt am Rand des Wassers stand, wo der Boden weicher und feuchter war.
    Die Trauerweiden waren meine stummen Wächter. Sie standen nicht so still wie es den Anschein hatte, denn ihre langen, dünnen Blätter bewegten sich zitternd wie Spinnweben, und so streiften sie auch durch mein Gesicht.
    Ich drückte das Hindernis zur Seite, das meine Sicht erschwerte, und konzentrierte mich wieder auf die dunkle, schwarz-grüne Oberfläche, die beinahe unbeweglich lag.
    Der Teich war wie der Einstieg zu einer unheimlichen Welt. Ich konnte mir gut vorstellen, daß er etwas verbarg.
    Mit einem lauten Krachen brach wieder Eis, und ich zuckte erneut zusammen.
    Dann kamen die Wellen.
    Plötzlich waren sie da, rollten leise klatschend ans Ufer, näßten den Boden vor mir, umspielten
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