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0959 - Asmodis’ Hölle

0959 - Asmodis’ Hölle

Titel: 0959 - Asmodis’ Hölle
Autoren: Christian Schwarz
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Herrin vom See ist viel beschäftigt. Ich glaube nicht, dass sie mit dir reden wird.«
    »Papperlapapp. Was kann sie schon zu tun haben?«
    »Sie hütet das Herz Avalons , das ist mehr an Beschäftigung und Verantwortung, als wir beide je begreifen können.«
    Asmodis sah sie verblüfft an. »Das Herz Avalons ? Was ist das denn? Davon habe ich noch nie etwas gehört.«
    »Ohne das Herz könnte Avalon nicht sein. Es ist seine Entstehung, seine Geschichte, seine Gegenwart und seine Zukunft. Mehr weiß ich nicht davon.«
    ***
    Venedig
    Marcantonio Sabellico lächelte wölfisch vor sich hin. Die Sonne sank soeben über den Horizont. Der mittelgroße Mann mit der Vollglatze, dem runden Gesicht, den extrem schielenden kleinen Augen darin und dem riesigen Bauch war ein Ausbund an Hässlichkeit. Es hatte ihn noch nie interessiert. Sabellico, der in seinem schwarzen Anzug mit weißem Hemd und schwarzer Krawatte wie ein Totengräber wirkte, stand am Steuer seiner schwarzen Jacht und lenkte sie durch die Laguna morta , die Lagune nördlich von Venedig. Als er die Friedhofsinsel San Michele passierte, konnte er sich ein triumphierendes Kichern nicht verkneifen. Annibale Tizian, über Jahrhunderte sein größter Widersacher, hatte auf San Michele sein Domizil gehabt. Aber Professor Zamorra oder jemand aus dessen Umfeld, so genau wusste er es gar nicht und es interessierte ihn auch nicht wirklich, hatte den Anführer der venezianischen Vampirsippen vor einiger Zeit gekillt [1] und ihm selbst den Weg damit wieder freigemacht; schon einmal war Sabellico für Jahrhunderte der unumschränkte dämonische Herrscher Venedigs gewesen, bis er diesen Status durch einen schweren Fehler und damit einhergehenden Kraftverlust an Tizian verloren hatte. Der Vampirfürst hatte zudem seine Nachfolge nicht geregelt gehabt und seitdem zerfleischten sich die einzelnen Blutsauger-Sippen untereinander, was ihm zusätzlich in die Karten spielte. Momentan waren wohl nur noch zwei der Kontrahenten, die Anspruch auf die Nachfolge erhoben hatten, übrig: Carlo Frati und Ulisse Ortensi. Sabellico sah es gelassen. Beide besaßen nicht das Format, ihm das Wasser zu reichen. Und bis sich überhaupt einer von ihnen durchgesetzt hatte, würde es noch einige Zeit dauern. Zeit, die er nutzen konnte.
    Sabellico war voller Übermut. Er drehte eine Ehrenrunde um San Michele - seine ureigene Art, den dahingeschiedenen Rivalen Tizian zu verhöhnen - und hielt dann direkt auf die Insel Torcello, seinem eigentlichen Ziel, zu. An der kleinen Mole vertäute er das Boot und ging, einen Spazierstock schwingend, auf einem schmalen Weg entlang eines ebenso schmalen Kanals ins Inselinnere. In den schmucken Häusern, die sich vereinzelt am gegenüberliegenden Ufer des künstlichen Wasserlaufs aufreihten, brannten Lichter. Sabellico begegnete zwei, drei Menschen auf dem Weg, die ihm scheu auswichen. Er wusste genau, dass er auf Menschen etwas Unheimliches ausstrahlte und er genoss es mehr denn je.
    Gleich darauf erreichte er einen großen, nicht gepflasterten Platz, der von einer kleinen Gebäudeansammlung umgeben war. Der Mond schien nun bereits auf die beiden nebeneinanderliegenden Kirchen Santa Maria Assunta und Santa Fosca herunter. Marcantonio Sabellico grinste erneut und betrachtete für einige Augenblicke das ungewöhnlich gestaltete Kirchengebäude von Santa Fosca, das der bleiche Halbmond in geheimnisvolle Schatten tauchte. In den wenigen Häusern rund um die Kirche brannte Licht, zwei weitere gingen soeben an.
    Langsam ging er durch die offenen Arkadengänge, die die achteckige Kirche aus dem elften Jahrhundert säumten. Innerhalb des Achtecks lag der Zentralbau, gestaltet als griechisches Kreuz, mit einer runden, abgestuften Kuppel in der Mitte. Orso Orseolo, der damalige Bischof von Torcello, hatte Santa Fosca über dem Grab der christlichen Märtyrerin Fosca errichten lassen, deren Gebeine er zuvor aus dem libyschen Sabrata auf die Insel überführt hatte. Sabellico erinnerte sich nicht gerne an Orseolo. Der Bischof hatte ihm seinerzeit ziemlich zugesetzt, fast noch mehr als Tizian in neuerer Zeit. Aber auch Orseolo hatte es nicht geschafft, ihn zu besiegen.
    Seit etwa hundert Jahren wusste Marcantonio Sabellico dank einer aus Orseolos Umfeld stammenden Schrift, die er zufälligerweise in der biblioteca marciana gefunden hatte, dass mit den Gebeinen der Märtyrerin Fosca geheime Schriften nach Torcello gelangt waren, die die Aufzeichnungen mächtiger orientalischer
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