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0950 - Visionen des Untergangs

0950 - Visionen des Untergangs

Titel: 0950 - Visionen des Untergangs
Autoren: Christian Schwarz
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der endgültige Garaus gewesen? Immerhin hatte der Dunkle Lord schon einmal seinen Tod überwunden, woran diese engelsgesegnete Paradox-Magie entscheidenden Anteil gehabt hatte. Konnte ihn Kelly Chen also tatsächlich wieder in die Existenz zurückholen? Hatte sie einen Weg gefunden?
    Momentan war sie auf dem Weg ins Po-Lin-Kloster zu einer geheimen Zusammenkunft mit weiteren Mitgliedern des Dunklen Ordens. Obwohl sich Asmodis bereits einen Tag hinter Kelly Chen geklemmt hatte, wusste er immer noch nicht, wer die anderen Mitglieder waren. Er hatte auch keinerlei Hinweise darauf gefunden, wie sie den Dunklen Lord zurückzuholen gedachten. Die nächtliche Versammlung würde ihm hoffentlich die ersten wirklichen Erkenntnisse bringen. Allerdings musste er sehr vorsichtig sein, denn Kelly Chen benutzte eine sehr starke Magie, die er nicht analysieren konnte. War sie vielleicht sogar der erste Hinweis auf das, was kommen sollte? Vielleicht sogar der eigentliche Schlüssel?
    Die Fähre machte im Hafen von Lantau, der größten Insel Hongkongs, fest.
    Ein Mann erwartete Kelly Chen bereits. Mit einem deutschen Luxusauto kutschierte er sie die engen gewundenen Straßen zum unbeleuchteten Kloster auf dem Ngong-Ping-Plateau hoch, das sich wie ein scharfkantiger, unregelmäßiger Scherenschnitt vor dem sternenübersäten, nachtblauen Himmel abzeichnete.
    Asmodis war längst da. Er hatte sich auf die Spitze des Tian-Tan-Buddhas, des größten sitzenden Buddhas der Welt auf dem Berg hoch über dem Kloster teleportiert und beobachtete aus luftiger Höhe, was sich im Klosterhof gleich abspielen würde. Danach konnte er seine nächsten Schritte planen.
    Plötzlich explodierte ein greller Blitz vor Asmodis' Augen. Als er wieder sehen konnte, starrte er in die FLAMMENWAND, jene brüllende tobende rotgelbe Barriere aus feuriger Urkraft, die sich bis zum Himmel und über beide Horizonte bis hinein in die Unendlichkeit erstreckte und hinter der sich der Höllenkaiser LUZIFER verbarg. Ein Korridor öffnete sich und zog Asmodis' Geist in eine Welt aus grellem, weißem Licht. Beim ersten Mal hatte er es als sanft und aggressiv zugleich empfunden, es hatte ihn umfangen, beschützt und bis in die tiefsten Tiefen seiner schwarzen Seele durchdrungen, er hatte vor lauter Freude und Rührung, in diesem Licht baden zu dürfen, aufgeschluchzt. LUZIFERS LICHT!
    Jetzt war das weiße Licht trüber, schmierig grau, und es pulsierte! Asmodis spürte die unglaubliche Angst, die darin mitschwang, körperlich. Er begann zu wimmern. Aus dem schmierigen Grau lösten sich Schatten, wurden immer deutlicher.
    Der KAISER, ein überirdisch schöner Mann mit menschlichen Körperformen und riesigen Flügeln, hatte im Moment seine ganze Schönheit und Erhabenheit eingebüßt. Vor dem Sockel, auf dem ihn Asmodis bei seinem ersten Besuch sitzend angetroffen hatte, wälzte er sich nun auf dem Boden. Seine starken, muskulösen Beine zuckten so unkontrolliert wie seine Flügel. Mit den Fingern hatte er sich in den Boden gekrallt, das Gesicht darauf gepresst.
    Unvermittelt hob der Höllenkaiser den Kopf und starrte Asmodis an. Die einst edlen Züge LUZIFERS waren bis zur Unkenntlichkeit verzerrt. Aus den düsteren Augen, die Asmodis als in sanftem Rot leuchtend kannte, sprühten nun schwarze Funken, aus den Mundwinkeln lief unablässig Sabber. Das mächtigste Wesen des Universums wirkte wie ein in die Enge getriebenes, verängstigtes Tier.
    »Asmodis. Du bist da.« Die Stimme klang wie ein schreckliches metallisches Kreischen, das überlaut von allen Seiten kam und Asmodis fast betäubte. Gleichzeitig hob sich die linke Hand aus dem Dreck und tastete in Richtung des Erzdämons. »Asmodis, mein Helfer, meine Hoffnung. Ich fühle, dass es so weit ist. Meine Erneuerung steht kurz bevor. Die Angst, diese grauenhafte Angst, ich kann sie kaum noch aushalten. Ich fühle bereits, wie es ist, in die endgültige Finsternis zu stürzen und es ist schlimmer als die dreiundzwanzig Male zuvor. Viel schlimmer, denn es ist von Mal zu Mal schlimmer geworden. Weißt du, wie sich ein Sturz anfühlt, der niemals enden wird? Weißt du das, Asmodis? Nein, woher auch, denn dieser Sturz tötet so lächerliche Wesen wie dich auf der Stelle. Und doch wird er auch mein endgültiges Verderben sein, allerdings bis in alle Ewigkeit hinein. Es gibt nichts Schlimmeres als ein Sterben, das ewig dauert, Asmodis. Ab jetzt stürze ich. Und wie immer verspreche ich, dass mich die Angst, die ich dabei empfinde,
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