0945 - Zielort Kristallwelt
kommen, einfach so hinnimmt.«
»Nun gut«, meinte Xenia nach einer weiteren Pause. »Angenommen, diese bösartige Präsenz, vor der wir alle Angst haben, hat etwas mit Morano zu tun. Wir können uns nicht verstecken. Für meinen Clan gilt, dass wir uns gegen diesen Verräter an unserer Art wehren werden, bis zuletzt. Und wenn wir dabei untergehen. Doch wir werden kämpfen.«
»Auf der Erde werde ich euch nicht schützen«, sagte Fu Long. »Ich bin nicht der König aller Vampire und ich habe auch nicht die Absicht, es zu werden. Ich bin Fürst der Finsternis und ich will keinen groß angelegten Krieg hier. Wer sich unter meinen Schutz stellt, für den will ich mein Bestes tun. Das ist mein Angebot.«
Fabrice Meladiers Brauen zogen sich zusammen. »Wir sind uns bewusst, dass Tan Morano eine Gefahr darstellt. Wir werden dem Tribut zollen. Aber wir werden seinem Blutruf nicht folgen.«
Fu Long nickte. »Dann tut ihr dies auf eigene Gefahr. Ich kann euch nicht zwingen.« Xenia Wrukolaka, Fabrice Meladier und die anderen standen auf und gingen.
Der Fürst der Finsternis wandte sich an den immer noch finster dreinblickenden Afrikaner. »Bongani Ruthendo, du bist hier mit deiner Sippe willkommen. Mein Haushofmeister Liang wird dir und deinem Clan Quartiere anweisen.« Ruthendo nickte langsam. »Solange du hier bist«, fuhr Fu Long fort, »gelten unsere Regeln. Die Menschen, die hier wohnen, sind tabu für dich und deinesgleichen.«
Ruthendos mürrische Miene schien sich für einen Augenblick zu vertiefen, doch Fu Long wich seinem Blick nicht aus. Ruthendo gab nach, nickte und ging den anderen Fürsten hinterher.
Schließlich war die Bibliothek wieder leer.
Zamorra sah Fu Long an, der sich ihm zugewandt hatte und ihn so genau ansah, dass sich der Meister des Übersinnlichen fragte, ob der chinesische Vampir ihn sehen konnte. Er konzentrierte sich und hob die Begrenzung seiner Aura wieder auf. »Sie haben offenbar keine Verbindung zwischen diesem Bösen und Tan Morano gezogen.«
»Nein. Vielleicht hat es wirklich nichts miteinander zu tun«, überlegte Fu Long laut. »Vielleicht warnt dieses Ding Tan Morano irgendwie und er holt deshalb die Vampire zu sich. Wendet es sich womöglich nur gegen Tan Morano?«
»Das ist alles nur Spekulation. Wir wissen einfach noch zu wenig«, erklärte Zamorra. »Ich werde ins Château zurückkehren und dort überlegen, wie wir weitermachen. Aber ich schlage vor, dass wir in Verbindung bleiben. Und jetzt werde ich gehen.«
Fu Long nickte langsam, damit drehte Zamorra sich um und ging.
Der Fürst der Finsternis sah das Wandbild an, das gegenüber seinem Schreibtisch hing. Es zeigte eine wilde Berglandschaft, an deren Hängen sich ein kleiner Mensch hinaufquälte. Fu Long schätzte das Bild und betrachtete es als eine Art Orakel. Wenn er gut gestimmt war und die Dinge sich so entwickeln würden, wie er wollte, dann schien der Kletterer dem Gipfel sehr nahe zu sein. Doch sah die Zukunft düster aus, schien der Bergsteiger noch meilenweit von seinem Ziel entfernt.
Heute schien der Weg zum Gipfel weiter und steiler denn je zu sein.
***
»Was soll das heißen, sie wollen nicht kommen?«
Sinje-Li schlug die Augen nieder und versuchte, ihr Zittern zu unterdrücken. Für einen kurzen Moment schien ihr, als schlage irgendetwas in ihren Kopf ein. Die Bilder der Hinrichtung der sieben Sampi auf dem Raumhafen wurden plötzlich wieder lebendig.
So hat es bei denen auch angefangen. Schweiß brach ihr aus.
»Rede!«, donnerte die Stimme des ERHABENEN durch den Thronsaal und hallte von den Wänden wider. »Wer hat sich geweigert, meinem Ruf zu folgen?«
In diesem Moment fasste Sinje-Li einen Entschluss. Sie wischte mit einem Ruck alle Gedanken daran, dass Tan Morano die Macht hatte, sie umgehend zu töten, fort. Sie war dieses Gefühl, klein zu sein, ein Nichts angesichts des neuen ERHABENEN, leid. Sie hatte genug von der Angst, die ihr die Hinrichtung der Sampi eingejagt hatte. Genug von der Furcht, die Tan Morano verursacht hatte, indem er eine Einheit mit einem magischen Kristall geworden war. Sie würde keine Angst mehr zeigen. Sie spürte, wie Ruhe in ihrem Herzen einkehrte.
Sie richtete sich auf und sah dem ERHABENEN in die Augen. »Die Clanführer des afrikanischen Ruthendo-Clans, die Wrukolakas und Lamiens in Griechenland, die Reste des britischen Finch-Clans und die Sippe von Fabrice Meladier bei Lyon in Frankreich. Einige von ihnen haben bei Fu Long Schutz gefunden.« Ihre Stimme
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