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093 - Die Toten stehen auf

093 - Die Toten stehen auf

Titel: 093 - Die Toten stehen auf
Autoren: Dämonenkiller
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wäre. Er ist hier allen Unbillen des Wetters ausgesetzt, bei Tag und bei Nacht, bei Sturm und bei Hagel. Und er ist so allein."
    Daran hatte Hermon nicht gedacht. Er verzieh Dahut ihren Ungehorsam, ja es rührte ihn sogar, daß sie sich Sorgen um Unga gemacht hatte. Hätte er nicht selbst darauf kommen müssen, daß Unga auch nur ein Mensch war, der gerne Gesellschaft hatte?
    Hermon beschloß, sich mehr um seinen Diener zu kümmern. Unga war auch ein Mann.
    „Ist es die Einsamkeit, die dich bedrückt?" fragte er den Wächter.
    Er dachte kurz an Thila, die ihn noch immer am Frauenstein erwartete. Unga hätte es verdient, sie zur Frau zu machen. Er war ein Mann, mehr Mann als alle anderen Männer von Ys zusammengenommen, die unter der Mutterherrschaft der Priesterinnen von Ys verweichlicht waren. Vielleicht brauchte Unga eine Gefährtin. Doch der Wächter verneinte dies.
    „Ich bin nicht mehr einsam, Hermon. Von heute an trage ich das Bild der schönen Dahut in mir." Hermon glaubte diesen Worten. Er ermahnte Dahut noch einmal, sich nie mehr dem Berg der Versuchung zu nähern, und um seine Worte zu unterstreichen, drohte er ihr strenge Bestrafung an.
    Dann kehrte er zum Frauenstein zurück. Die Priesterinnen waren längst schon fort. Thila und die beiden anderen Jungfrauen hatten jedoch ausgeharrt. Hermon lächelte, als er sie am Fuße des hohen Feensteines kauern sah. Sie schienen vor Müdigkeit eingeschlafen zu sein.
    Er ging zuerst zu Thila und hob ihren Kopf am Kinn hoch. Da kippte der Kopf zur Seite, und er sah die große, blutige Halswunde. Die Abdrücke des mächtigen Raubtiergebisses waren deutlich zu erkennen. Die beiden anderen Mädchen hatten das gleiche Schicksal erlitten.
    Irgendein Scheusal - zweifellos ein Wolfsmensch - hatte ihnen die Kehlen zerrissen.

    Die Zeit verging wie im Fluge, und dann war der Tag des Feuerlaufens da. Die Vorbereitungen zu diesem heiligen Fest hatten schon lange zuvor begonnen.
    Die jungen Mädchen, die ihre Priesterinnenweihen empfangen würden, übten das Zeremoniell und prüften an verschwiegenen Orten ihre Fähigkeiten, die ihre Mütter von Geburt an gefördert hatten. Hermon beobachtete sie gelegentlich, wie sie versuchten, über das Wasser eines Flusses zu laufen, wie sie Feuer an ihr Haar hielten, ohne daß es sich entzündete, wie sie Gegenstände verschiedener Größe mit der Kraft ihrer Gedanken zu bewegen versuchten; und er wurde schmunzelnd Zeuge, wie die Mädchen ahnungslose Burschen erschreckten, wenn sie in deren Nähe Gegenstände durch die Luft segeln ließen.
    Manchmal aber gefror Hermon das Lächeln auf den Lippen. Er dachte an die Zukunft - sah eine Welt. in der die Frauen immer größere Macht erlangten und die Männer immer mehr vertierten. Eines Tages würden die Mütter von Ys ihrer Männer dann überdrüssig sein und den Verlockungen der Linkshänder verfallen. Wenn die Entwicklung in Ys so weiterging, mußte es eines Tages dazu kommen.
    Aber vielleicht würde es schon viel früher zum Zusammenbruch des Mutterrechtes kommen, wenn die Frauen nicht endlich den Wert der Männer erkannten.
    Hermon durchstreifte oft tagelang mit seinem Wolf Gralon das Land, um nach Spuren der Linkshänder zu suchen. Er fand sie überall. Er fand die Ritualplätze, wo sie ihre ausschweifenden Feste feierten, die Opferstätten, die mit dem Blut von Menschen und Tieren besudelt waren.
    Die Linkshänder wurden immer dreister. Ihre Opferstätten befanden sich immer näher an den Langsteinen von Ys - je näher der Tag des Feuerlaufens rückte.
    Hermon wußte, daß an diesem Tag die Entscheidung fallen würde. Er wollte sie um jeden Preis herbeiführen, selbst wenn Luguri einen Rückzieher machte.
    Hermon befand sich auch oft im Gebiet des Berges der Versuchung. Er stellte Unga einige Male auf die Probe, indem er Linkshänder oder deren halbtierische Diener fing und dann auf den Gipfel des Berges beförderte.
    Unga war auf dem Posten. Er meisterte alle Gefahren, wurde mit jedem Gegner fertig, den Hermon ihm schickte.
    Unga war noch ein richtiger Mann, wie es in Ys außer ihm, Hermon, keinen mehr gab. Dennoch hatte Hermon im Zusammenhang mit Unga düstere Vorahnungen. Sosehr er auch in sich ging, so konnte er doch bei aller Konzentration nicht sagen, was ihm Sorgen bereitete.
    Unga war treu, tapfer, stark - und er beherrschte einige von Hermons magischen Lehren beinahe schon meisterhaft. Er war ein guter Wächter, wie man sich einen besseren nicht wünschen konnte. Aber etwas
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