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0928 - Der Fliegenmann

0928 - Der Fliegenmann

Titel: 0928 - Der Fliegenmann
Autoren: Jason Dark
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mit den Kartoffeln und dem Gemüse. Alles machte einen so normalen, ländlichen Eindruck, dazu zählte auch das Vieh auf der Weide, doch wir waren mißtrauisch. Schon oft hatte ich erlebt, daß hinter einer normalen Fassade das Grauen lauerte, wenn man den Vorhang einmal wegriß, aber hier war er noch geschlossen.
    Uns fiel auch auf, daß sich nur wenige Menschen auf der Straße oder den Gehwegen zeigten. Es waren zwar welche zu sehen, aber sie verschwanden immer dann, wenn sie uns entdeckten. Vielleicht kam es uns auch nur so vor. Jedenfalls zogen sie sich zurück, und wir konnten mit keinem mehr sprechen. An einem Krämerladen wären wir beinahe vorbeigegangen, als Harry auffiel, daß die Tür nicht geschlossen war.
    Er blieb stehen, ging wieder zurück und blieb an der offenen Tür stehen.
    »Was ist denn?« fragte ich.
    Harry blieb stumm, winkte mir aber zu, so daß ich wieder zu ihm ging. Mein Freund legte einen Finger auf die Lippen. Ich blieb still und tat das gleiche wie er, ich lauschte.
    Beide hörten wir das Geräusch.
    Ein starkes, intensives Summen, das uns sehr bekannt vorkam. Es war schlimm, es war einfach überlaut, es war grauenhaft in diesem Augenblick, eine Geräuschkulisse aus bösen Klängen, und Harry Stahl schaute mich direkt an.
    »Fliegen«, sagte ich.
    »Richtig, John.« Er deutete auf die Tür. »Und das in einem Lebensmittelgeschäft?«
    »Hier gibt es wohl keine Gesundheitspolizei.«
    »Ich glaube nicht, daß die helfen könnte.« Er räusperte sich und wies auf die offenstehende Tür. »Das sollten wir uns selbst anschauen, denke ich.«
    Dagegen hatte ich nichts einzuwenden. Ich betrat sogar als erster den Laden und wußte auf der Stelle, daß etwas nicht in Ordnung war. Abgesehen von der Innenausstattung des Geschäfts, die wirklich alt und originell war, hatte ich den Eindruck, als hätte ich eine Welt hinter dem Vorhang betreten.
    Es war alles so schrecklich normal, aber das Summen der Fliegen kam mir plötzlich so laut und aggressiv vor. Auch daran hätte ich mich gewöhnt, nur waren diese Fliegen eben nicht zu sehen. Sie hielten sich irgendwo versteckt, sie waren nur zu hören.
    Auch Harry, der hinter mir stehengeblieben war, wunderte sich.
    »Ein leerer Laden, noch dazu nicht geschlossen. Was denkst du?«
    »Daß Fliegen hier sind.«
    »Klar. Und wo?«
    Eine gute Frage. Gesehen hatten wir keine. Sie hätten zu Hunderten um unsere Gestalten herumschwirren müssen, aber keine zeigte sich. Dafür hörten wir plötzlich eine Stimme aus dem hinteren Raum. Es sprachen ein Mann und eine Frau.
    »Er wird kommen.«
    »Und wann?« fragte die Frau. »Ich halte das nicht mehr aus.«
    »Ich auch nicht, Anna. Aber er hat es versprochen.«
    »Hat er alle im Dorf besucht?«
    »Ja, das muß wohl sein.«
    »Warum sprichst du nicht mit den Leuten?«
    »Sprechen Sie mit uns? Wir wissen doch Bescheid. Wir brauchen uns nur anzuschauen. Ein Blick in die Augen reicht. Wir sind alle Verbündete, und er ist unser Anführer. Er ist die Angst. Er ist die Rache der Fliegen an den Menschen.«
    »Warum denn?«
    »Frag ihn.«
    »Ja, später…«
    Das Gespräch versickerte. Ich hatte so gut wie nichts verstanden.
    Harry übersetzte mir deshalb das Wichtigste.
    »Das heißt, die beiden warten auf den Anführer.«
    »Ja, auf Bronzek.«
    Harry nickte. »Er wird kommen, John, wir brauchen nur zu warten, dann läuft er uns in die Arme.«
    »Da magst du recht haben. Ich will aber vorher sehen, wer da gesprochen hat.«
    »Ich auch.«
    Inzwischen kannten wir uns in dem vollgestopften Laden aus und wußten auch, wie wir in das Hinterzimmer gelangen konnten. Wir mußten um die Theke herum, es gab dort einen Vorhang, den wir zur Seite schoben, und dann standen wir in einem düsteren Raum, der so etwas wie ein winziges Lager war, aber noch immer Platz für einen Tisch und zwei Stühle bot, auf dem die beiden Personen saßen.
    Beide saßen sich gegenüber. Sie wandten uns ihre Profile zu. Das lange Haar der Frau fiel an der rechten Kopfseite herab, von ihrem Gesicht war deshalb kaum etwas zu erkennen.
    Ich trat näher heran, und ich wußte, daß etwas nicht stimmte. Dieses Gesicht…
    Sie sprachen nicht mehr. Der Mann saß ebenso still wie seine Frau.
    Sie schauten uns an. Das Summen der Fliegen war verstummt. In den letzten Minuten schienen sie sich in Luft aufgelöst zu haben. Sie hockten auch nicht an den Wänden oder in irgendwelchen Verstecken, sie waren einfach nicht vorhanden.
    Trotzdem war ich vorsichtig und auch sehr
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