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0927 - Nacht über GALAHAD

0927 - Nacht über GALAHAD

Titel: 0927 - Nacht über GALAHAD
Autoren: Simon Borner
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den Termin«, sagte sie und deutete auf ihre Kladde. »Bis dahin informiere ich mich ein wenig über das Unternehmen. Es schadet nie, vorbereitet zu sein.«
    Ehrgeizig und clever , dachte Gryf und nickte anerkennend. Sie gefiel ihm immer besser. Wenn er jetzt nur einen Weg fände, ihre Nummer oder sogar ihr Hotel zu erfahren…
    »Eigentlich bin ich gar nicht so direkt«, log er, »aber irgendetwas sagt mir, dass Sie heute Abend nicht allein feiern sollten. Sondern mit mir. Wie wär's, wenn wir uns später zum Essen treffen?«
    Sarah lachte auf. »Hört sich an, als sollten Mütter ihre Töchter von nun an vor forschen Walisern warnen.«
    Von ihren Plätzen am Tresen aus kehrten sie dem Rest des Lokals den Rücken zu. Entsprechend erschrocken zuckte Sarah zusammen, als hinter ihr plötzlich ein Mann aufsprang und sein Stuhl mit lautem Gepolter zu Boden fiel. »Jetzt reicht's!«
    Gryf warf einen Blick über die Schulter und sah den Märchenerzähler von vorhin. Wie hatten sie ihn genannt, Rankin? Mit puterrotem Gesicht und in den Taschen vergrabenen Händen stand er neben dem Tisch und funkelte seine Begleiter wütend an. »Es ist mir schnurzegal, ob ihr mir glaubt oder nicht«, sagte der Alte gerade. »Fragt doch selbst bei der Polizei nach, die wird meine Beschreibung schon bestätigen. Aber euren Spott muss ich mir nun wirklich nicht länger anhören. Guten Tag, Gentlemen!«
    Mit diesen Worten stürmte er zur Tür und verließ das Lokal.
    »Beleidigte Leberwurst«, sagte der Briefträger und bückte sich, um den umgefallenen Stuhl wieder aufzurichten.
    Der Blaumann kicherte. »Wollen wir nur hoffen, dass ihm unterwegs nicht seine Quallenmenschen über den Weg laufen und ihn in den Firth zerren wollen.«
    Abermals lachte der gesamte Tisch schallend. Die ganze Episode hatte nur Sekunden gedauert, doch als Gryf sich wieder umwandte, packte die Blonde gerade ihre Sachen zusammen. »Die Nervosität«, sagte sie entschuldigend, als sie seinen fragenden Blick bemerkte. »So langsam geht mir das bevorstehende Gespräch doch an die Nerven. Nichts für ungut, bitte, aber ich glaube, ich sollte jetzt lieber allein sein und mich konzentrieren.«
    Und das war's. Jeden weiteren Versuch seinerseits, sie auf ein Wiedersehen festzunageln, erstickte sie im Keim - wenngleich auf eine Art, die deutlich machte, dass es nicht an ihm, sondern an den Umständen lag. Keine zwei Minuten später war auch sie fort, jenseits der Tür des Pubs verschwunden.
    Gryf nickte. Sollte sie doch machen, was sie wollte. Nicht sein Problem. Andere Mütter hatten auch schöne Töchter, oder?
    Dann leerte er sein Glas in einem Zug und ging ihr nach.
    ***
    Château Montagne
    Es glühte, kalt und bedrohlich. Feindselig.
    »Das erinnert mich an…« William brach ab, kniff die Augen zusammen. Dann hob er kapitulierend die Hände.
    Zamorra nickte. »Geht mir nicht anders: an gar nichts. Ich habe keine Ahnung, womit wir es hier zu tun haben. Und doch kommt es mir irgendwie vertraut vor. Absurd, oder?«
    Die beiden Männer standen im »Zauberzimmer« des Professors, im Haupttrakt des Châteaus. Draußen tauchte die Sonne das Loiretal in ein goldenes Meer aus Licht, doch hinter den Fenstern des magisch gesicherten Raumes herrschte eine ganz eigene, angespannte Atmosphäre. Über einem Tisch in der Mitte des Zimmers, gehalten von zwei computergesteuerten Robotarmen, befand sich der gläserne Gegenstand, den Zamorra von Florence Baudoin erhalten hatte. Die metallenen Greifer hielten ihn etwa zwanzig Zentimeter oberhalb der Tischplatte in der Luft - und in einen oben und unten offenen Würfel, der aus dünnen Scheiben eines durchsichtigen Materials begrenzt wurde. Es sah ein wenig wie Plexiglas aus, doch das täuschte.
    »Na dann, schmeißen Sie Ihre Wundermaschine mal an, William.« Der Meister des Übersinnlichen nickte seinem langjährigen Butler auffordernd zu, und William setzte sich in Bewegung. Mit wenigen Schritten war er am Tisch und nahm vor dem Computerterminal Platz, das er eigens zu diesem Zweck dort aufgestellt hatte. Flink flogen seine Finger über die Tastatur.
    »Ich initiiere den Scanvorgang«, sagte er dabei. Dann hielt er inne und sah seinen Arbeitgeber und Vertrauten zögernd an. »Monsieur le professeur, und Sie sind wirklich bereit?«
    Abermals nickte Zamorra. »Machen Sie nur«, sagte er jovial. »Was kann schon passieren?«
    William rollte vieldeutig mit den Augen.
    »Ich meine: Was, das wir nicht schon längst einmal erlebt, besiegt und
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