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0916 - Der Quellmeister und die Bestie

Titel: 0916 - Der Quellmeister und die Bestie
Autoren: Unbekannt
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er den Busch mit den blauen Beeren erreicht hatte. Er brach mehrere der Früchte und schob sich eine davon in den Mund. Der humpelnde Tantha hatte ganz deutlich den Eindruck, daß der Quellmeister den Verzehr der Beere als ungemein genußvoll empfand.
    „Du solltest es auch probieren!" schlug ihm Pankha-Skrin vor.
    Tantha nahm eine Beere und führte sie sich ein wenig mißtrauisch zu Gemüt. Als er jedoch den süßen, frischen Geschmack auf der Zunge spürte, schwanden seine Bedenken. Es kam ihm zu Bewußtsein, daß er im ganzen Leben noch nichts so köstliches gegessen hatte. Er ließ sich von dem Quellenelster eine zweite Beere reichen und verzehrte auch diese.
    Plötzlich hatte er eine Idee. Pankha-Skrin war ob der Pflanzung offensichtlich begeistert. Des weiteren boten die Pflanzen Nahrung im Überfluß, und zwar von einer Art, die der Loower offenbar genoß. Das waren zwei Faktoren, die der humpelnde Tantha zur Durchführung seines Planes zu nutzen gedachte.
    „Würde diese Kost dir mehr zusagen, als was ich dir bisher habe anbieten können?" fragte er den Quellmeister.
    „Ganz ohne Zweifel", lautete dessen Antwort. „Aber dir ist daraus kein Vorwurf zu machen. In Murcons Burg lebt jedermann von synthetischer Nahrung, die von verborgenen Maschinen erzeugt wird. Du kanntest nichts anderes, also konntest du auf unsere Reise nichts anderes mitnehmen."
    „Wie würde es dir gefallen", fuhr der humpelnde Tantha fort, „hier eine Zeitlang auszuruhen und dich an den Früchten zu laben? In der Zwischenzeit gehe ich auf Erkundung. Wir müssen in Erfahrung bringen, wie es im Land der Kukelstuuhr-Priester aussieht."
    Pankha-Skrin antwortete nicht sofort. Schon befürchtete der Humpelnde, er werde seinen Vorschlag ablehnen. Da aber erklärte der Quellenelster: „Ich halte das für eine gute Idee. Ich brauche Ruhe und frische Nahrung. Du aber sollst dich nicht auf den Weg machen, ohne von diesen Früchten ausgiebig gegessen zu haben!"
     
    3.
     
    Nachdem der humpelnde Tantha den Rat des Quellmeisters befolgt hatte, brach er zu seiner schwierigen Mission auf. Über seinen Plan hatte er zu Pankha-Skrin nicht gesprochen. Er war froh, daß der Loower die Rede reicht darauf gebracht hatte. Denn Tantha führte etwas im Sinn, wozu er die Zustimmung des Quellmeisters wahrscheinlich nicht erhalten hätte.
    Er kehrte zu dem goldenen Korridor zurück und wandte sich dort nach links. Mehrmals blieb er in der Nähe einer der Wände stehen und versuchte seine einzigartige Gabe. Er wandte das Gesicht zur Wand, wendete seinen Umhang teilweise von innen nach außen und konzentrierte die gesamte Aufmerksamkeit auf das goldene Metall, bis er mit ihm zu verschmelzen schien. Der humpelnde Tantha beherrschte die Kunst der Mimikry mit einer Vollendung, wie sie sonst nur bei niederentwickelten Tieren zu finden ist. Tantha wußte selbst nicht, welchem Umstand er diese Begabung zuzuschreiben hatte. Er erinnerte sich jedoch, daß es ihm schon als Kind Spaß gemacht hatte, in eines anderen Rolle zu schlüpfen. Auf seinen langen Wanderungen hatte er die Fähigkeit so vervollkommnet, daß er nicht nur fast jeden anderen Bewohner der Burg, sondern auch leblose Gegenstände nachahmen konnte.
    Der Korridor war inzwischen immer weiter geworden. Der humpelnde Tantha stutzte, als er plötzlich ein fernes Geräusch vernahm. Es war ein an- und abschwellendes, summendes Dröhnen, das er sich nicht erklären konnte. Er rückte behutsam weiter vor, und während das Geräusch deutlicher wurde, erkannte er, daß es von menschlichen Stimmen herrührte. Jemand sang! Es war ein höchst eintöniger Gesang, wie Tantha ihn noch nie zuvor gehört hatte.
    Er kam schließlich an eine Stelle, an der sich der Boden des Stollens in einen Raum hinab senkte, dessen Boden die Form eines Halbkreises hatte. Die Rundung des Kreises wies in Tanthas Richtung. Die gegenüberliegende Wand des Raumes, etwa achtzig Meter entfernt, war dagegen gerade.
    Der Humpelnde mußte binnen weniger Sekunden eine ganze Menge überraschender Eindrücke bewältigen.
    Erstens stellte er fest, daß es auch hier ziemlich penetrant roch. Der Geruch kam von dem Rauch, der von dem Feuer aufstieg. Das Feuer brannte in der Mitte der halbkreisförmigen Halle -mit geringer Flamme, aber unter kräftiger Qualmentwicklung. Der Qualm schlug sich in der Hauptsache in unmittelbarer Nähe des Feuers nieder. Er bildete einen Dunstring, in dem der Humpelnde die verschwommenen Umrisse mehrerer Dutzend Gestalten sah.
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