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0913 - Im Land der Riesen

Titel: 0913 - Im Land der Riesen
Autoren: Unbekannt
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Sitznachbarn zu vermeiden.
    „Ich danke Ihnen für Ihre übergroße Freundlichkeit, Mister Cavarett", sagte er. „Es handelt sich um Pilobolus Zaltertepeus Matris."
    Bagnos Gesicht verdüsterte sich.
    Pilobolus Zaltertepeus Matris, so wurde der Algenpilz genannt, der seit wenigen Jahren zu einer ernsthaften Bedrohung des Baumes geworden war und damit die Existenz der siganesischen Subkolonie auf Zaltertepe bedrohte.
    Ein Wucherpilz, der nicht einmal vor Metallplastik haltmachte und der in bestimmten Abständen Milliarden Sporenkapseln bildete, deren Sporenwolken gegen das Licht ausgeschleudert wurden und jedes Lebewesen zum Tode verurteilten, das sie einatmete.
    „Bitte, sprechen Sie weiter, Mister Cutus!" sagte Bagno mit belegter Stimme.
    „Ich fürchte sehr, Mister Cavarett, daß es uns nicht rechtzeitig gelingen wird, ein Mittel gegen den Pilzbefall zu finden", erklärte Mobai Cutus betrübt. „Ich war jetzt drei Tage auf Außenexpedition und habe versucht, in den anderen Bäumen Pilobolus Zaltertepeus Matris zu finden und eventuelle natürliche Feinde zu entdecken. Vergebens. Es scheint so, als gäbe es Pilobolus Zaltertepeus Matris nur im Baum -in unserem Baum, der unsere Mutter ist."
    „Darf ich etwas dazu sagen?" warf ein anderer Fahrgast ein. „Mein Name ist Helios Margos."
    „Bitte, Mister Margos!" sagte Bagno. Die Tatsache der Bedrohung durch den Wucherpilz war so ungeheuerlich, daß der grobe Sittenverstoß, der mit der Einmischung in das Gespräch zweier Fremder begangen wurde, dagegen verblaßte.
    „Ich habe lange nachgedacht, bevor ich mich dazu überwand, etwas ins Auge zu fassen, das im Grunde genommen gegen unser aller Ehrgefühl verstößt", sagte Helios Margos leise. „Nur die Not kann eine solche Überlegung rechtfertigen, die Überlegung nämlich, ob wir nicht doch Kontakt zu den Ertrusern aufnehmen und ihre Hilfe gegen den Wucherpilz beanspruchen sollten..."
    Eisige Stille breitete sich im Abteil aus. Bagno Cavarett zog den Kopf ein, als hätte man ihm einen Eimer kaltes Wasser darübergeschüttet. Am liebsten hätte auch er zu der Ungeheuerlichkeit geschwiegen die Margos ausgesprochen hatte, aber da er ihm erlaubt hatte, zu ihm und Mobai Cutus zu sprechen, war er Margos wenigstens eine knappe Erwiderung schuldig.
    „Kein Siganese hat das Recht, die Ehre unseres Volkes mit derartigen Überlegungen zu beschmutzen", erklärte er, dann preßte er die Lippen zusammen und schwieg verbissen, bis die Deckenlautsprecher verkündeten, daß die Fahrt auf der nächsten Station unterbrochen werden müsse, weil die weitere Streckenführung durch Unterspülung abgesackt sei.
    Wenige Minuten später passierte der Zug die Stationsschleuse und hielt kurz darauf am Bahnsteig von SUPPLY STATION, wie die Siganesen diesen Rohrbahnhof genannt hatten, weil in seinem Bereich die meisten siganesischen Versorgungstechniker arbeiteten. Sie zapften die Verteileraggregate der ertrusischen Versorgungsleitungen an und leiteten Lebensmittel, Kunststoffe, Textilien, Halbfertigfabrikate und Rohstoffe zum Baum um. Bei den geringen Mengen, die die kleinen Leute von Siga für ihren Lebensunterhalt benötigten, fielen den Ertrusern die Unstimmigkeiten überhaupt nicht auf.
    Zwei Männer vom Bahnaufsichtspersonal erwarteten Bagno, als er den Zug verließ. Sie nannten ihre Namen und sagten, daß sie von Premier Mudies beauftragt worden seien, den Subschwingkreis-Kybernetiker Bagno Cavarett durch die Außenwelt zu einer anderen Station zu geleiten, von der aus Bagno seinen „Arbeitsplatz" im ertrusischen Zentralcomputersystem von Nagelia erreichen konnte.
     
    *
     
    Alle drei Siganesen schalteten ihre Antigravgeräte und Ortungsschutzsysteme ein, bevor sie SUPPLY STATION verließen, denn in der Notausstiegsröhre, in der sie nach oben schwebten, gab es keinen stationären Antigrav.
    Wie jedesmal, wenn er sich außerhalb der fest installierten Projektoren beziehungsweise der von ihnen projizierten Antigravitation befand fühlte sich Bagno Cavarett am Rand eines Abgrunds und dicht vor dem Ende seines Balanceakts.
    Dieses Gefühl verstärkte sich noch, als er zwischen den beiden Bahnbediensteten die obere Pforte des Notausstiegs verließ und ins Freie schwebte - mitten hinein in den ohrenbetäubenden Lärm, den Gestank und das Chaos des ertrusischen Alltags zwischen himmelhohen Bauten aus Stahlplastik, Glasfaserbeton, Glassit und den Televisionswänden, auf denen in TriDi Reklame für alles mögliche gemacht wurde.
    Bagno
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