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0905 - Die Anstalt

0905 - Die Anstalt

Titel: 0905 - Die Anstalt
Autoren: Adrian Doyle
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allabendlich, in die Herzen der niederen, sterblichen Wesen Einzug halten würde.
    Mehr als begründet!
    Denn fürchtet euch nur , dachte der Vampir voll dunkler Vorfreude. Denn einmal mehr… werde ich über euch kommen…
    Ohne jede Anstrengung schob der Fahle den schweren Steindeckel von seiner Heimstatt, und in derselben Bewegung richtete er sich auf. Das Dunkel der Gruft war für seine Augen hell, lediglich von rötlichem Schleier verklärt. Routiniert sah er sich um und stieg dann heraus aus dem steinernen Bett. In den Nachbarsärgen moderten Gerippe.
    Menschen , dachte er herablassend.
    Er schätzte keine Geselligkeit, war immer ein Einzelgänger gewesen, und das aus einfachem Grund: Solisten mussten mit niemandem teilen!
    »Aaaaah…«
    Erneut löste sich der Klang der Gier aus den Tiefen seiner Brust. Er verschwendete keine Zeit, sondern begab sich zur Pforte der Gruft.
    Hinaus. Schnell hinaus…
    Die Sterne am Firmament funkelten in einer Pracht, wie er es nie zuvor gesehen hatte. Für eine Weile stand er fast andächtig da, und der volle Mond liebkoste seine Züge. Indes tasteten seine vom unstillbaren Durst geschärften Sinne hinaus in die Nacht.
    Im nächsten Moment erzitterte er, weil er den Lockruf des Blutes noch niemals zuvor in dieser Stärke vernommen hatte. Es war, als wäre die ganze Stadt auf den Beinen, als schliefe niemand , nicht ein einziger Bürger der alten großen Stadt!
    Geschwind setzte er Fuß vor Fuß und glitt wie schwerelos über die Pfade des stillen dunklen Totenackers…
    Wollte dahinschweben, geschmeidig wie eh und je. Aber mit jedem Schritt fielen ihm die Bewegungen schwerer, war ihm, als zerrten unsichtbare Ketten an seinem Leib. Als drückten Gewichte ihn nieder.
    Im Gehen entflammte sein linker Arm und wenig später der rechte. Sein lackschwarzes Haar loderte auf. Zugleich brach die Glut auch aus Beinen und Rumpf, und der panische Schrei erstarb auf den zerfallenden Lippen.
    Schmerz durchraste ihn, wich völliger Taubheit. Seine Knie gaben nach. Der Sturz ließ das brennende Ding, das die Stadt seit ihren Anfängen bewohnte, auseinander bersten wie einen Brocken weißglühender Kohle. Der Vampir zersprang in tausend Teile, die wiederum zu Asche wurden.
    Mit dem Schwinden seines Bewusstseins vergingen auch Mond und Sterne - und die böse Sonne erschien. Die mörderisch grelle Sonne… dieses stickig heißen Sommertages…
    ***
    »Ich bin beeindruckt«, sagte Twist. Der Junge war seit ein paar Tagen unüberhörbar im Stimmbruch. »Schwer beeindruckt.«
    »Ich weiß«, erwiderte der Mittdreißiger an seiner Seite. Der Mann, der gerade einen Untoten zur Strecke gebracht hatte, in ebenso unnachahmlicher wie für ihn typischer Manier - ohne selbst einen Finger zu krümmen.
    Arsenius Hall erwachte vollends aus seiner Trance. Die Starre fiel von seinen Zügen ab wie eine Maske. Bewegung kam in sein Mienenspiel. Gutmütig zwinkerte er seinem Faktotum zu.
    »War er der Einzige?«, fragte Twist mit Blick auf die offene Gruft, aus der der Blutsauger getreten war. »Ihr erzähltet von ganzen Nestern, die Ihr schon ausgehoben -«
    Sein Meister schnitt ihm das Wort ab. »Der Einzige hier , ja. Willst du dich vergewissern, mein zweifelnder Freund?«
    Twist schüttelte heftig den Kopf. »Keine zehn Pferde bekämen mich da rein, Meister. Ihr irrt Euch schon nicht. Ich verlasse mich ganz auf Euer Urteilsvermögen.«
    »Das dachte ich mir.«
    »Ihr habt es wieder getan, nicht wahr?«
    »Was?«
    Twist trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. »Das wart Ihr, nicht wahr? Ihr habt ihn dazu verführt, den Schutz seiner Behausung zu verlassen und sich dem Sonnenlicht auszuliefern - seinem sicheren Verderben. Aber… wie? Wie habt Ihr getan?«
    Arsenius Hall lächelte vielsagend und rieb sich mit der Hand über den tätowierten Bart, der Stoppeln vorgaukelte. »Du bist doch sonst ein so aufgeweckter Schüler. Wie könnte ich es denn getan haben?«
    Twist starrte auf seltsame Ascheanhäufung am Boden, die die Gestalt des Vernichteten nachzeichnete. Mehr als das war nicht von ihm geblieben. Selbst die Kleidung war der Entzündung zum Opfer gefallen.
    Schweigend trat Twist von einem Fuß auf den anderen, bis sein Meister ihn erlöste. »Hypnose«, sagte er. »Ich habe ihm einfach, nachdem ich ihn erspürt hatte, suggeriert, dass der helle Tag vorbei und die für ihn so begehrenswerte Nacht eingebrochen sei. Mehr war nicht nötig. Den Rest erledigte er selbst.«
    »Aber ich dachte, für Hypnose sei
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