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09 - Die Weltuntergangs-Maschine

09 - Die Weltuntergangs-Maschine

Titel: 09 - Die Weltuntergangs-Maschine
Autoren: Timothy Stahl
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Hinsicht … beraten. Also, wie wär’s?«
    Maria Luisa warf einen Blick auf ihren schlafenden Bruder. »Na gut. Wenn wir uns aber erst einmal auf einen kurzen Rundgang beschränken könnten …?«
    Sie gingen.
    Doch kaum hatten sie das Kloster verlassen, schlug im Zimmer Jandro die Augen auf. Und sein Blick fiel auf den Koffer unter dem Fenster – als hätte der ihn geweckt …
    ***
    Bruno Dallocchio hatte zum traditionellen Weihnachtsbrunch in sein Appartemento nicht weit vom Vatikan entfernt eingeladen. Von der Terrasse aus hatte man einen herrlichen Blick auf den Petersdom mit seiner mächtigen Kuppel und einen Teil des Petersplatzes, auf dem es gerade in diesen Tagen vor Menschen nur so wimmelte.
    Letzteres traf an diesem Vormittag auch auf die geräumige Wohnung des Chef-Archäologen der vatikanischen Museen zu. Er hatte das Beste aufgefahren, was die italienische Küche hergab, alles zubereitet nach alten Familienrezepten und zwar von eigener Hand. Die ganze Nacht hatte er in der Küche verbracht. Er hatte noch nie viel Schlaf gebraucht, und seit Sabrina nicht mehr bei ihm war, stand er mit Morpheus regelrecht auf Kriegsfuß.
    Sabrina …
    Früher hatte sie ihm beim Kochen für den Brunch geholfen. Es war die reine Freude gewesen, ihr in der Küche nur zuzuschauen. Sie wirbelte wie eine Tänzerin um den Herd, elegant, bezaubernd.
    Heute rührte sich Sabrina kaum noch.
    Dallocchios Blick streifte eines der Fotos, die seine Frau zeigten und die überall in der Wohnung standen. Damit erhielt er die Illusion aufrecht, dass sie noch da sei, bei ihm. Und nicht in dem Sanatorium außerhalb der Stadt.
    Manchmal betrachtete er die Frau, die in jenem Sanatorium lebte, zumindest in Gedanken gar nicht mehr als seine Frau. Die Frau, die er geliebt hatte, schien gestorben zu sein. Damals, als der Verstand aus ihr geflohen war, schien er mitgenommen zu haben, was Sabrina zu Sabrina gemacht hatte. Zurückgeblieben war nur ihr Körper, eine Hülle, die Erinnerung an die Frau, die sie einmal gewesen war.
    Dallocchio schämte sich, wenn er sich bei solchen Gedanken ertappte. Aber er wusste auch, dass sie Rettungsringe waren, die ihm sein Unterbewusstsein zuwarf.
    Er rief sich zur Ordnung, sog scharf die Luft ein, ließ sich zur Besinnung bringen von den wunderbaren Düften all der Speisen, die er seinen Gästen kredenzte, die es sich überall in der Wohnung gemütlich gemacht hatten oder in Gruppen und Grüppchen beisammenstanden, es sich schmecken ließen und sich unterhielten. Vor allem in der Küche ging es trotz der Größe des Raumes fast drangvoll eng zu.
    Dallocchio wollte sich gerade zu einer der Gruppen gesellen, als er von hinten angesprochen wurde, und das in einem Ton, der ihn alarmierte.
    »Dottore?«
    Er drehte sich um und sah sich Sophie Schultheiß gegenüber, der blonden Studentin von der Uni Münster. Ein Kardinal hatte interveniert und ihr einen Platz in Dallocchios Team besorgt, das weitere Teile der Nekropole unter dem Vatikan freilegte. Damit hatte der Archäologe seinen Schwur, diesen verfluchten Ort nie wieder zu betreten, gebrochen – aber manchmal musste man sich den Dämonen der Vergangenheit eben stellen. Nicht, um sie loszuwerden und unbelastet in die Zukunft gehen zu können, sondern um sie zu entlarven als das, was sie wirklich waren – nämlich nichts weiter als eine Ballung von Zufällen und unglückseligen Umständen.
    Dallocchio glaubte das noch nicht ganz. Aber er spürte, dass er auf dem Weg dorthin war.
    »Signorina?« Er versuchte, leutselig zu klingen. Es gelang ihm nicht ganz. Irgendetwas im Blick der Studentin irritierte ihn.
    Dann sah er das Foto in ihrer Hand, das sie von einer Kommode genommen hatte, und aus seiner Irritation wurde Beunruhigung.
    »Dieses Bild …«, begann Sophie.
    »Ja?« Dallocchio schluckte. Das Foto war damals bei den Ausgrabungen unter dem Vatikan entstanden. Es zeigte Sabrina, unter anderem …
    »Wer ist dieser Mann?«, wollte das Mädchen wissen und zeigte auf eine der Personen auf dem Bild.
    »Warum?«, fragte Dallocchio, anstatt zu antworten. Einerseits interessierte es ihn wirklich, andererseits sprach er den Namen dieses Mannes nicht gern aus. Es war, als hinterließe er in seinem Mund einen üblen Nachgeschmack, wann immer er ihn nannte.
    »Das ist der Mann, den ich gestern aus dieser Grabkammer treten sah!«, behauptete Sophie Schultheiß, Nervosität und ein Spur Triumph in der Stimme.
    »Das …«, setzte Dallocchio an. »Das …«
    Das
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