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09 - Die Weltuntergangs-Maschine

09 - Die Weltuntergangs-Maschine

Titel: 09 - Die Weltuntergangs-Maschine
Autoren: Timothy Stahl
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nichts wirkte alt, und es war weder zugig noch kalt oder düster, wie man sich eine Klosterzelle vorstellen mochte. Eher kam man sich vor wie in einer Jugendherberge oder einem Wohnheim.
    Es klopfte. Tom öffnete. Christofides duckte sich unter dem Türstock herein und schüttelte bedauernd den Kopf.
    »Tut mir leid, mein Freund, ich konnte dir leider keine altkastilischen Wörterbücher besorgen. Auch diese Bände wurden neulich ein Raub des Feuers«, erklärte der riesige Padre mit bedauernder Miene.
    Tom hob die Schultern. »Da kann man nichts machen.«
    Er hatte von dem Brand gehört, der vor nicht langer Zeit in einer Abteilung der vatikanischen Bibliothek ausgebrochen war. Es waren keine wirklich wertvollen Bände zerstört worden, aber leider auch jene, ohne die Tom sich nicht an die Übersetzung der Aufzeichnungen Diego de Landas machen konnte, die Abby neben dem Armreif aus dem Maya-Grab in Yucatán mitgebracht hatte. Tom erhoffte sich von ihnen Aufschluss über den Armreif, unter anderem darüber, wie er von Jandros Handgelenk zu lösen war. Den wenigen Informationen zufolge, die er bereits hatte, öffnete sich der Reif nur, wenn der Träger starb.
    Aber es musste noch eine andere Möglichkeit geben; denn Tom wollte nicht nur den Himmelsstein loswerden, sondern auch den Armreif – und zwar so, dass er dem »Mann in Weiß« und der Loge ebenfalls nicht mehr in die Hände fallen konnte. Nicht auszudenken, wenn Menschen dieses Schlags Zugriff auf die wundersamen Artefakte bekamen, die zu Hunderten in dem mysteriösen Raum lagerten.
    Es trieben ihn jedoch auch ganz eigennützige Motive: Sobald sie Stein und Reif los wären, würden die Indios hoffentlich das Interesse an ihnen verlieren und sie in Ruhe lassen. Wobei es ihm natürlich in erster Linie um Maria Luisa und ihren Bruder ging. Die beiden waren seinetwegen in diese Sache hineingeraten, und es war seine Pflicht, dafür zu sorgen, dass sie unbeschadet wieder herauskamen.
    Sie schienen auf dem richtigen Weg zu sein, waren aber just wieder in einer Sackgasse gelandet. Ohne Übersetzungshilfen konnte Tom die fünfhundert Jahre alten Dokumente nicht entschlüsseln. Und etwas anderes gab es im Moment einfach nicht zu tun. Das hieß, etwas war da schon noch …
    »Ich werde natürlich versuchen, außerhalb des Vatikans Bücher für dich aufzutreiben«, fuhr Don Phantasos fort. »Aber das kann dauern, gerade über die Feiertage.«
    »Trotzdem, das wäre prima«, sagte Tom, »danke.« Er drehte sich um. »Jandro …«
    »Pst«, machte Maria. »Er schläft.«
    Tatsächlich hatte sich ihr Bruder auf Toms Bett gelegt und war eingeschlafen.
    »Schade«, meinte der Archäologe. »Ich wollte ihn fragen, ob er noch mal zu versuchen will, den Koffer aufzubekommen.« Er wies mit dem Kinn auf den Aluminiumkoffer, der unter der Fensterbank stand. Jandro hatte ihn im Wagen der Loge gefunden und mitgenommen, weil er mit komplizierten Zahlenschlössern gesichert war. Sämtliche Puzzles und Rätsel übten auf den jungen Autisten eine unwiderstehliche Anziehung aus.
    Tom hatte nach einigem Zögern zugestimmt, den Koffer mitzunehmen, weil er hoffte, es könnte sich etwas Nützliches darin verbergen. Und wenn nicht, wollte er dabei sein, wenn es Jandro gelang, die Schlösser zu knacken. Sie durften nicht vergessen, aus wessen Besitz der Koffer stammte.
    Maria Luisa schüttelte den Kopf. »Lass ihn schlafen. Ich bin froh, dass er so ruhig ist. Eigentlich ein Wunder – wenn man bedenkt, wie wichtig ihm ein klar geordnetes, unveränderliches Umfeld ist … und wie sehr seine Welt in letzter Zeit auf den Kopf gestellt wurde.«
    »Die Wege des Herrn sind manchmal unergründlich«, warf der Padre ein. »Vielleicht hat er Ihren Bruder inmitten des Chaos doch auf den Pfad geführt, der in sein persönliches Glück führt.«
    »Das möchte ich gerne glauben«, sagte Maria Luisa leise.
    Don Phantasos wollte in die mächtigen Hände klatschen, besann sich aber gerade noch anders, um den jungen Mann nicht aufzuwecken.
    »Zum Glauben«, sagte er stattdessen nur und möglichst leise, was in seinem Fall nicht sehr leise war, »sind Sie am richtigen Ort, mein Kind. Wie wäre es mit einem kleinen Spaziergang? Ich sehe Ihnen an, dass Sie daran Interesse hätten.«
    »Wirklich?«, staunte Maria Luisa. »Sie sehen mir an, dass ich schon immer davon geträumt habe, die Peterskirche zu besuchen?«
    Don Phantasos war ein schlechter Lügner. Er grinste verlegen. »Na ja, Tom hat mich in dieser
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