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0893 - Der Rachegeist

0893 - Der Rachegeist

Titel: 0893 - Der Rachegeist
Autoren: Jason Dark
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mußte sie sich zusammenreißen, denn ihre Gedanken wollten sich aus der Wirklichkeit wegbewegen. Zudem war es Pech, daß sie mit ihrem Golf inmitten des Berufsverkehrs steckten und irgendwann etwas gegen die Scheiben des Golfs tupfte, das allerdings schnell schmolz.
    Es waren die ersten Flocken, die vom Himmel fielen. Die Wetterfrösche hatten sich in ihren Voraussagen nicht geirrt. Da der Boden auch in der Stadt an der Oberfläche noch gefroren war, würde der Schnee auch liegenbleiben.
    Sie schielte bei einem Ampelstopp besorgt durch die Scheibe nach oben.
    Noch fielen die Flocken nicht dicht. Sie tanzten durch das Licht und glitzerten wie Brillanten.
    Lady Sarah berührte Jane mit der Hand. Sie lächelte dabei. »Wegen des Schnees brauchen wir uns keine Sorgen zu mache. Bevor es richtig losgeht, sind wir bei John.«
    »Das hoffe ich auch.«
    »Glaub es mir.«
    Jane startete wieder. Die Blechschlange setzte sich nur langsam in Bewegung. Hinter den Fahrzeugen wölkten die Abgasfahnen wie giftige Nebelwolken.
    »Fühlst du dich jetzt besser?« wollte die Horror-Oma wissen.
    »Es geht.«
    »Keine Sorge, wir schaffen es.«
    Diesmal mußte Jane sogar lachen. »Woher nimmst du nur diesen Optimismus, Sarah?«
    »Weißt du, mein Kind, wenn du mal so alt geworden bist wie ich, siehst du die Welt mit anderen Augen. Dann sind gewisse Vorgänge nicht mehr so schlimm, wie sie eigentlich wirken. Man muß eben nur die nötige Reife haben und sich dem Kommenden gelassen stellen.«
    »Was du tust?«
    »Ja.«
    »Ich versuche es.«
    »Es klappt, glaub mir. Ich habe doch gesehen, wie angespannt du in den Wagen gestiegen bist. Du hast praktisch darauf gewartet, daß etwas passiert. Und was ist geschehen? Nichts.«
    »Da hast du recht.«
    »Danke.«
    »Wir sollten froh sein.«
    »Weiß nicht.« Jane hob die Schultern. »Jedes Ding hat schließlich zwei Seiten.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich weiß nicht, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn wir bei dir zu Hause geblieben wären. Jetzt fahren wir zu John, und dort kann man erst auf uns aufmerksam werden.«
    »Ist eine Möglichkeit«, gab Sarah zu. »Die Chancen stehen eben fünfzig zu fünfzig. Sollten wir angegriffen werden, bin ich froh, wenn ich einen Mann wie John in der Nähe habe.«
    »Das stimmt auch wieder.«
    »Außerdem bin ich gespannt darauf, wie es diese Gruppierung geschafft hat, sich über einen so langen Zeitraum zu halten.« Sie streckte sich. »Aber das wird sich noch alles herausstellen, warten wir es ab. Außerdem drücke ich uns die Daumen, daß die Staus nicht zu groß werden. Sehr weit haben wir es nicht mehr.«
    Das traf zu, aber sie mußten am hellerleuchteten Piccadilly vorbei, und wie fast immer staute sich dort der Verkehr. Der Piccadilly bildete auch die südliche Grenze zu Soho, an dessen Rand das Haus stand, in dem John und Suko ihre Wohnungen hatten. Ein Bus quälte sich vorbei, umtanzt von kleinen Flocken. Hinter den beschlagenen Scheiben sahen die Fahrgäste aus wie Gespenster.
    London »kochte« um diese Zeit. Jeder wollte nach Hause, und alle Straßen und Verkehrsmittel waren überfüllt. An den Bushaltestellen hatten sich Menschenschlangen gebildet.
    Jane schaltete das Radio ein.
    Harte Musik dröhnte aus den Lautsprechern, und nicht nur Lady Sarah verzog schmerzhaft das Gesicht. Jane tippte auf die Taste, der Sender wechselte, eine andere Musik erklang, die leise ausklang, als Verkehrsberichte durchgegeben wurden. Die bezogen sich auf London und hörten sich nicht eben gut an. Außerdem wurde vor dem Schnee gewarnt, der liegenbleiben würde, und Sarah schüttelte den Kopf. »Die sollen die Menschen nicht schon vorher verrückt machen«, beschwerte sie sich.
    »Stimm!« gab Jane zu. Die beiden steckten zwar in einem Stau, aber es ging auch weiter, dann mußten sie rechts ab in eine Straße fahren, in der normaler Verkehr herrschte, ohne Stau, bis schon in Sichtweite die beiden nebeneinanderstehenden Hochhäuser auftauchten. Sie waren nur durch begrünte Parkfläche voneinander getrennt.
    Die Häuser ragten in die Dunkelheit hoch wie zwei starre Fremdkörper. Nicht hinter allen Fenstern brannte Licht, so daß die Verteilung der Helligkeit an jedem Haus unterschiedlich war.
    Beide Frauen atmeten auf. Lady Sarah lächelte und schaute auf das Buch.
    »Ich denke, das hätten wir geschafft.« Jane nickte.
    Der Golf rollte noch ein Stück die Straße entlang, bis die Zufahrt zum Parkplatz auftauchte. Zwar gab es in beiden Bauten Tiefgaragen, aber nicht
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