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0890 - Stygias Plan

0890 - Stygias Plan

Titel: 0890 - Stygias Plan
Autoren: Volker Krämer
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schließlich ermöglicht hat, war für sie sicher entwürdigend. Aber das müsstest du doch besser entscheiden können als ich.«
    Dalius Laertes nickte. »Menschen sprechen einem Vampir natürlich jegliche Würde ab. Irgendwo verständlich.«
    Zamorra ließ es dabei beruhen, denn zu einer Diskussion fehlte ihm in dieser Umgebung der Nerv. Andererseits ging ihm Laertes' Bemerkung auch nicht mehr aus dem Kopf. Menschen und Vampire… selbst wenn Dalius' Traum, dass die Kinder der Nacht ohne Menschenblut existieren konnten, einmal in Erfüllung gehen sollte, so gab es noch jede Menge Dinge, die beide Rassen drastisch voneinander unterschieden. Der Uskuge glaubte an eine Koexistenz beider Völker, aus der Gutes erwachsen konnte.
    Das Urbild des Vampirs war nicht das eines mordenden Blutsäufers - früher einmal hatte Kultur, Feinsinn und Kreativität im Vordergrund gestanden. Doch das war Vergangenheit, Legende. Zamorra wusste nur zu genau, wie Menschen mit dem Fremden umgingen, selbst dann, wenn keinerlei Bedrohung davon ausging. Zunächst kam Misstrauen, dann vielleicht ein halbherziger Versuch zu verstehen - am Ende blieben meist nur Ablehnung und Hass.
    Wenn du nicht schwimmen kannst… schlägst du dann das Meer?
    Ein alter Spruch, doch er war brennend aktuell wie nie zuvor. Was man nicht begreifen konnte, das musste verschwinden, musste bekämpft werden. Zamorra befürchtete, dass Laertes' Vision exakt so enden würde.
    Als Dalius plötzlich abrupt stehen blieb, wurde Zamorra aus seinen Gedanken gerissen. Der Vampir wies mit der rechten Hand nach vorne, wo sich die grüne Wand des Dschungels plötzlich weit auftat. Zamorra wollte seinen Augen nicht trauen: Die Lichtung war kreisrund, wie mit einem Zirkel geschlagen.
    Auf ihr erhob sich eine Einfriedung, die nahezu das Areal ausfüllte. Sie bestand aus einem mannshohen Zaun, gefertigt aus dicken Bohlen. Zamorra konnte nur einen Zugang erkennen, durch den man in das Dorf gelangen konnte, das sich schutzsuchend dahinter duckte. Dorf? Nein - Kral war das richtige Wort!
    Grob gezimmerte Hütten, schlicht aber effektiv in ihrer Bauart. So mochte es vor einigen Jahrhunderten in großen Teilen Afrikas ausgesehen haben, wenn sich ein Stamm in die Sicherheit einer festen Umzäunung gerettet hatte. Kein feindlich gesonnener Stamm konnte so einen Überraschungsangriff starten, vor allem jedoch bot der hohe Holzwall Schutz vor den wilden Tieren, die nachts auf Beutezug gingen.
    Zamorra ahnte, welches Dorf hier als Nachbau entstanden war. Es war ein Blick in die Vergangenheit, den Laertes und er hier tun durften. So musste das Hauptdorf der Asanbosam ausgesehen haben. Zamorra konnte im Zentrum des Krals ein Gebäude erkennen, das weitaus größer und prächtiger als die anderen erbaut war. Dort hatte sicher der König residiert - Assunta, der Träger der Dunklen Krone. Dieses Kapitel hatte Zamorra für endgültig abgeschlossen gehalten, nachdem die Krone sich in stinkende Klumpen aufgelöst hatte.
    »Wie ist das möglich? Woher hat Sabeth die Fähigkeit, dies alles zu erschaffen?« Zamorra hatte wie zu sich selbst gesprochen, doch Laertes antwortete dennoch.
    »Diese Fähigkeit, wie du es nennst, besitzt sie nicht - zumindest früher nicht. Es muss etwas anderes dahinterstecken… oder jemand anderes. Wir werden es nie erfahren, wenn wir hier sinnieren. Komm mit.«
    Dalius Laertes schritt auf die Lichtung zu. Lange Debatten waren nicht sein Ding, er handelte lieber. Professor Zamorra folgte ihm zögernd.
    Es war nicht Sabeth, nicht einmal dieser irreale Kral, der ihm große Sorgen bereitete. Er war schon mit anderen Dingen konfrontiert worden, die er am Ende noch immer bewältigt hatte.
    Es war eine andere Sache, die ihm die Nackenhaare leicht zu Berge stehen ließ.
    Es war die Farbe… die eine und einzige Farbe, in der das Dorf erstrahlte.
    Es war das Weiß… ein Weiß wie frisch gefallener Schnee…
    ***
    Tigora handhabte ihr Schwert wie eine Verlängerung des rechten Armes.
    Vorsichtig näherte sie sich so der milchig-breiigen Masse, die den Gang vor ihr komplett versperrte. Die Klinge drang ohne jeden Widerstand in den Nebel ein - wenn es doch nur Nebel gewesen wäre! Tigora versuchte sich das einzureden, doch das klappte nicht. Dazu war sie zu realistisch. Ihr war klar, dass sich dieses undefinierbare Etwas in eine mörderische Falle verwandeln würde, wenn sie den ersten Schritt hinein wagte. Und genau das musste sie, denn einen anderen Weg gab es nicht.
    Kurz
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