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0889 - Der Robot-Vampir

0889 - Der Robot-Vampir

Titel: 0889 - Der Robot-Vampir
Autoren: Jason Dark
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grausam versagt. Ihr war der Boden unter den Füßen weggezogen worden. Sie fühlte sich plötzlich schuldig, nicht sofort losgerannt zu sein. Sie hätte es tun müssen, statt dessen stand sie hier und wartete.
    Auf was?
    Auf einen zweiten Schrei?
    Nein.
    Die Angst drückte ihre Seele zusammen. Glenda hob den Kopf und schaute nach vorn. Dabei genau in die Richtung, aus der sie den Schrei gehört hatte. Es war längst vorbei, noch immer glaubte sie, daß es in der Luft stand, als wäre er durch den Frost zu Eis geworden.
    Britt, das hatte nur Britt sein können!
    Wie lange stand sie schon auf der Stelle? Minuten, Stunden, oder waren es nur Sekunden?
    Sicherlich nur Sekunden. Ja, es konnte nicht länger gewesen sein. Nur war eben die Zeit eine relative Größe, und das hatte sie sehr deutlich mitbekommen.
    Glenda stöhnte leise auf, senkte den Kopf, schüttelte ihn. Warum mußte ihr das ausgerechnet passieren? Warum nur? Sie war doch jemand, der tagtäglich mit dem Schrecken konfrontiert wurde, wenn auch nur indirekt. Da hätte sie doch anders reagieren müssen Hinlaufen, nachschauen, versuchen, Hilfe zu leisten.
    Sie tat es nicht.
    Noch nicht!
    Eine Blockade. Warum nur? Selbstschutz? Ihre Gedanken waren schwer und träge, bewegten sich wie Ströme aus Blei durch ihren Kopf, und erst als sie einige Schritte nach vorn gegangen war, kam ihr in den Sinn, daß sie schon dabei war, das Richtige zu tun.
    Sie lief, und sie lief schneller jetzt.
    Ihre Beine bewegten sich automatisch. Beide Blockaden waren gebrochen, die körperliche als auch die seelische. Endlich konnte sie wieder laufen, sie war okay, sie war super, sie war wieder die alte, und auch die Spannung der Muskeln hatte sich gelöst. Wer sie jetzt gesehen hätte, der hätte sie von einer normalen Joggerin nicht unterscheiden können.
    Glenda lief nicht den Weg, den Britt Owens genommen hatte. Sie nahm die entgegengesetzte Richtung. Irgendwo hatte sie den Eindruck, daß sie dem Ort des Schreckens damit näher war, und sie mußte ja so schnell wie möglich nachschauen.
    Der Park war zu einer Bühne geworden. Eine schaurige Dekoration. Düsternis und Licht wechselten einander ab. Die Natur war ein stummer Zeuge. Sie streckte sich ihr entgegen, die Bäume wankten, die Zweige zitterten, sie waren wie Hände, deren Finger sich ständig veränderten. Die Natur stöhnte, sie weinte und war trotzdem erstarrt.
    Glenda lief wie durch einen Nebel. Ihr Gesichtsfeld war eingeschränkt. Sie konnte sich selbst nicht erklären, wieso und weshalb ihr dieser Schrei einen derartigen Schock versetzt hatte. Sie war sonst nicht ängstlich. Oder war sie deshalb so tief getroffen worden, weil sie auf keinen Fall damit gerechnet hatte, weil für sie der Friede der Vorweihnachtszeit radikal und grausam zerstört wurde?
    Oder lag es an Britt?
    Die Bühne in der Nähe bewegte sich. Die Kulissen zuckten. Die Wände schwankten, sie hoben ab.
    Lücken entstanden. Kälte drang gegen ihr Gesicht. Die Beine bewegten sich langsamer, allmählich traten die Kulissen der Bühne zurück, die Normalität hatte sie wieder.
    Der Park, die Wege, die Laternen, die am Rand standen wie kalte Monster.
    Gelb war ihr Licht. Es wärmte nicht, es zog auch nicht an, es war einfach anders.
    Sie fror. Schlug die Hände um ihren Körper. Der Straßenlärm war zurückgeblieben. Glenda spürte sie Einsamkeit, in die sich wieder die Furcht hineinschob.
    Eine andere Furcht. Die Furcht vor der Erkenntnis, vor dem Endgültigen das kein Zurück mehr zuließ. Immer wieder schaute sie nach rechts, wo das Parkgelände leicht abfiel, sich auch Mulden gebildet hatten, in denen Laub lag.
    Die Mulden kamen ihr plötzlich vor wie die riesigen Bauchnabel nebeneinander liegender Riesen.
    Nichts war mehr normal in dieser Welt. Auch nicht die Gestalt.
    Glenda Perkins blieb mitten aus der Bewegung heraus stehen. Sie wäre beinahe noch ausgerutscht, weil die Blätter unter ihren Füßen zu glatt waren.
    Dann wurde sie zur Statue. Nur der aus Mund und Nase fließende Atem kondensierte und bewies, daß doch Leben in ihr steckte. Die Gestalt lag auf dem Bauch, das konnte sie sehen. Zur Hälfte mit Laub bedeckt, als hätte jemand versucht, sie unkenntlich zu machen. Sie bewegte sich nicht. Sie war so starr wie das Eis auf den Baumästen.
    Als kalte Perlen an ihren Wangen entlangliefen, wußte Glenda, daß es Tränen waren. Sie weinte um eine Frau, die sie nicht so gut gekannte hatte, aber sie wußte schon jetzt, daß sie ihr nicht mehr helfen
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