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0880 - Der Vampir von Cluanie

0880 - Der Vampir von Cluanie

Titel: 0880 - Der Vampir von Cluanie
Autoren: W.K. Giesa
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zueinander spürten; obwohl es immer etwas seltsam war, wenn Rhett sich an sein früheres Ich Bryont erinnerte. Dieser hatte Patricia abgöttisch geliebt und wäre für sie in die Hölle gegangen. Noch heute spürte Rhett die damalige Trauer seines alten Ichs, dass er Lady Patricia erst so spät hatte kennenlernen dürfen. Es waren schöne Jahre gewesen, aber leider viel zu wenige.
    Rhett schmunzelte, als er sah, wie seine Mutter sich auf sein Bett setzte. Sie sah so fürsorglich und lieb aus, dass Rhett verstehen konnte, dass er sich als Bryont damals in sie verliebt hatte. Nun war sie seine Mutter und nicht mehr als eine Frau… Eine schöne, aber als solche für ihn uninteressant.
    »Es ist alles gut, Mom«, flunkerte Rhett. »Warum sollte ich ein Problem haben?«
    »Wirklich? Stört es dich auch nicht, dass du den ganzen Tag hier bist?«
    »Nur der Privatunterricht könnte kürzer sein«, schmunzelte der Erbfolger.
    »Der Unterricht bleibt so, wie er ist«, sagte Patricia streng. »Schließlich sollst du nicht dumm sterben.«
    Sterben… würde er natürlich nicht, es sei denn, es gelang ihm nicht, rechtzeitig einen Sohn zu zeugen, der die Erbfolge fortsetzte.
    Dachte Patricia nicht daran, dass er vieles an Wissen aus seiner Erinnerung abrufen konnte? Im Grunde fehlte ihm nur das, was sich nach Bryonts »Tod« abgespielt hatte. Geschichtliche Fakten, Wissenschaft, Soziologie, Politik… mehr als das, was in den letzten 14 Jahren hinzugekommen war, brauchte er nicht im Unterricht zu lernen, seit seine Erinnerungen an die früheren Inkarnationen durchbrachen und abrufbar wurden. Einsteins Relativitätstheorie hatte es damals schon ebenso gegeben wie den Lehrsatz des Pythagoras oder Binomische Formeln und Kurvendiskussion. Warum sollte er all das noch einmal lernen, was er ohnehin schon wusste?
    Sein Fehler. Er sollte Patricia mal darauf aufmerksam machen, wenn sie nicht von selbst darauf kam.
    »Das hatte ich mir schon gedacht«, ging er gekünstelt schnaufend auf ihr ›bleibt so, wie er ist‹ ein und machte dann ein ernstes Gesicht. »Habe ich dir als Bryont jemals von Ghared Saris ap Llewellyn erzählt?«
    Patricia schüttelte den Kopf. »Nein. Warum fragst du?«
    Rhett zuckte mit den Schultern. »Aus irgendeinem Grund erinnere ich mich wieder an ihn.«
    »An Ghared?«
    »Ja. Nur weiß ich nicht, was ich von mir selber will.«
    »Sind es denn gute oder schlechte Erinnerungen?«
    »Ich glaube, schlechte.«
    »Inwiefern?«
    Noch einmal zuckte Rhett mit den Schultern. Er wusste nicht, wie er es sagen sollte, aber der Erinnerungsblitz an damals hatte ihn mehr erschreckt als er zugeben wollte. Er ahnte, dass es etwas Schlimmes bedeuten konnte. So holte er kurz Luft und erklärte: »Mir sagt mein Kopf, dass ich aufpassen muss, verstehst du? Irgendetwas ist damals vorgefallen.«
    »Und was es ist, kannst du nicht sagen?«
    »Nein.« Noch nicht…
    Plötzlich hatte Rhett Kopfschmerzen. Er kniff die Augen zusammen. Seine Hand wanderte zu seinem Kopf. Er lächelte verkrampft, als er das erschrockene Gesicht seiner Mutter sah.
    »Es ist alles gut«, log er und verlor das Bewusstsein…
    ***
    Vergangenheit, Cluanie, 939:
    »Was ist denn hier schon wieder los?«, wollte der stämmige Mann aus dem Llewellyn-Castle wissen, der vom Laird hierher geschickt worden war, um nach dem Rechten zu sehen. Es hatte ihm nicht gefallen, seine Hafergrütze und den dazu erwärmten Fisch zu verlassen. Richard schaute deswegen grimmig, als er einige der schmutzigen Dorfbewohner sah, die sich in der Mitte ihres Dorfes versammelt hatten und mit Mistgabeln, Dreschflegeln und Fackeln bewaffnet waren.
    Viel lieber hätte er nun oben in der Burg gesessen, sich mit seinesgleichen unterhalten oder mit den Mägden geschäkert, und die Nacht an sich vorübergehen lassen. Dann aber war der Laird zu ihm gekommen. Seltsam verstimmt und besorgt hatte er ausgesehen.
    So hatte sich Richard, der Mann aus der Burg, wieder in Wams und Hemd geworfen und den Kilt angezogen. Das Schwert hing an seiner Seite.
    Argwöhnisch schaute er, als Michael, einer der Bauern, auf ihn zutrat. »Matthew ist nicht wieder heimgekommen«, wisperte er.
    »Dann ist er noch draußen«, schnaufte Richard.
    »Es ist dunkel.«
    »Na und?«
    »Dann geht er um…«
    »Wer?« Richard fühlte, wie sein Aberglaube zu ihm zurückkehrte und sich böse Geschichten in ihm ausbreiteten, die man ihm früher am Lagerfeuer erzählt hatte.
    »Der-Vampir…«
    ***
    Ungefähr zwei Stunden vorher:
    Die
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