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0879 - Das Erdmonster

0879 - Das Erdmonster

Titel: 0879 - Das Erdmonster
Autoren: Jason Dark
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bekommen hatte. Er war nicht mit dem der normalen Dämmerung zu vergleichen. Dieser Himmel kam Jill McCall bedrohlich vor. In der Höhe schien sich etwas zusammenzubrauen. Sie dachte daran, daß Himmel und auch Erde zur Natur gehörten, und diese Natur war aus dem Gleichgewicht geraten. Die Erde war dabei, sich zu rächen, sie würde auch vor dem Himmel nicht haltmachen, denn das rote Licht sah sie als einen Mittler zwischen Himmel und Erde an.
    Es schwebte über dem alten Totenacker wie ein beobachtendes Auge, und All versuchte verzweifelt, all diese Tatsachen zu begreifen, was ihr nicht möglich war.
    Ihr logisches Denken kam mit den Tatsachen nicht zurecht, vor allen Dingen nicht mit der Stellung der Einsiedlerin. Aus der Ferne hatte sie dumpf klingende Laute gehört und mit einem Erdbeben gerechnet, was jedoch nicht eingetreten war.
    Obwohl sie mit beiden Beinen im wahrsten Sinne des Wortes auf der rissigen Erde stand, kam es ihr vor, als würde sie bei jedem Schritt ins Leere treten. Ihr Kreislauf spielte verrückt.
    Sie zuckte deshalb oft zurück und beschäftigte sich auch mit dem Gedanken, den Friedhof zu verlassen.
    Das wiederum konnte sie auch nicht. Sie wollte ihre Lebensretterin nicht im Stich lassen, die sich wieder beruhigt und mit ihrer Fesselung abgefunden hatte.
    Ihr Gesicht sah aus wie von einem Grinsen verzerrt. Den Kopf hielt sie zur Seite gedreht, so daß sie den größten Teil des alten Friedhofs unter Kontrolle halten konnte, unter anderem auch Jill, die so hilflos dastand, als sei sie gefesselt.
    Nein, sie weinte nicht, obwohl die Tränen gegen ihre Augen drückten. In dieser kalten, gespenstischen Atmosphäre fühlte sie sich wie jemand, der ebenfalls auf sein Ende wartete und nichts tat, was dem Licht negativ aufgefallen wäre.
    Das war nicht nur das Licht, das war Leben. Hatte ihr Delphi nicht erklärt, daß die Erde nicht mehr bereit war, gewisse Dinge hinzunehmen und sich wehren wollte?
    Aber wieso mit diesem Licht?
    Das begriff die Journalistin nicht, und ihre Neugierde war stärker als die Angst. Sie wollte endlich erfahren, wie es dazu kommen konnte, daß dieses Licht überhaupt entstanden war. Im Inneren der Erde war es dunkel und unheimlich, da gab es keine Chance für ein helles Licht. Deshalb begriff sie das Entstehen nicht.
    Für sie war eine lange Zeitspanne vergangen, bevor sie sich wieder traute, an die Gefesselte heranzugehen. Sie blieb so nahe stehen, daß sie Einzelheiten erkennen konnte, und sie nahm auch den leichten Schweißgeruch wahr, der von Delphi ausging. Die Einsiedlerin bewegte die Augen, sie schielte Jill McCall von der Seite her an, die ihr zunickte und fragte: »Soll ich dich von deinen Fesseln wieder befreien?«
    »Nein, das geht nicht.«
    »Aber du kannst…«
    »Es ist zu spät!«
    Jill wollte heftig protestieren und diesen Protest hinausschreien, sie kam nicht mehr dazu und flüsterte nur: »Wieso zu spät? Für was ist es zu spät? Für nichts, denke ich. Es ist so einfach. Ich brauche nur deine Fesseln zu lösen, dann…«
    »Du mußt sie lassen, Jill!«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Warum denn? Warum, zum Teufel, willst du gefesselt bleiben?«
    »Teufel ist gut!« keuchte Delphi und drehte sich in ihren Fesseln. »Es ist wohl der Teufel, der seine Klauen nach diesem Gelände ausgestreckt hat. Das sagen die Menschen, aber ich weiß es besser. Ich habe lange genug in dieser Umgebung gelebt, um sie auch begreifen zu können. Hier haben sich die Kräfte der Erde befreien können. Alles ist anders geworden, denn du mußt davon ausgehen, daß die Erde lebt. Sie hat viele Wunden bekommen, aber sie verfügt auch über gewisse Selbstheilungskräfte, um sich zu regenerieren. Sie will ihre Feinde vernichten, sie will endlich wieder sauber werden, und sie will den Menschen beweisen, daß sie nicht alles mit ihr anstellen können. Daran mußt du dich gewöhnen. Ich will hier auf dem Totenacker begraben werden, ich gehöre nicht mehr zu euch, obwohl ich so aussehe.«
    »Aber du bist ein Mensch!«
    Delphi wand sich in ihren Fesseln, ohne sie allerdings zu lösen. »Bin ich das? Habe ich nicht einen besonderen Namen bekommen? Bin ich nicht ein Orakel?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Doch, meine Liebe, ich habe mich als ein Orakel gefühlt. Ja, als nichts anderes. Ich habe versucht, die Menschen davon abzuhalten, die Erde noch weiter zu zerstören. Ich habe Berichte verfaßt, Petitionen geschrieben, die, das gebe ich zu, sehr orakelhaft abgefaßt waren. Aber das ist
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