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087 - Der sentimentale Mr. Simpson

087 - Der sentimentale Mr. Simpson

Titel: 087 - Der sentimentale Mr. Simpson
Autoren: Edgar Wallace
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Laternenpfahl und überschlug sich. Bis Darkey wieder auf den Beinen war, umringten ihn bereits zahlreiche uniformierte Gestalten. Eine ihm verhaßte Stimme begrüßte ihn freundlich.
    »Na, Darkey, wie steht es mit dem Job in der Baker Street? Durchsucht ihn mal.«
    Große Hände tasteten Darkey ab, aber sie fanden den Revolver nicht; Darkey hatte ihn über das Geländer der Westminster Bridge in die Themse geworfen.
    Darkeys Hand näherte sich langsam seiner Innentasche, aber bevor er den Umschlag zu erreichen vermochte, hatte ihn der Inspektor an sich genommen.
    Im Polizeirevier Greenwich unterzog man den Inhalt des Umschlages mit der Aufschrift ›Nachlaß Steffan‹ einer Besichtigung. Vor den erstaunten Augen von Darkey Cane wurden fünfzig Blatt dickes Notizpapier zutage gefördert.
    »Das darf doch nicht wahr sein!« fuhr er auf.
    »Man scheint Sie hereingelegt zu haben«, meinte der Inspektor und betrachtete noch einmal den Stempel auf dem großen Umschlag. Es hatte ihn nicht überrascht, denselben geöffnet vorzufinden, da anzunehmen gewesen war, daß Darkey einen Blick auf seine Beute riskiert hatte.
    Darkey schnitt eine Grimasse. »Geschieht mir gerade recht. Warum muß ich es auch bei einem Schwindler wie Hall versuchen? Sein Vater war schon unehrlich, und er hat sicher allerhand von ihm gelernt. Einfach schändlich, wie leicht diesen Anwälten das Stehlen gemacht wird.«
    »Mr. Boscombe wird sich sehr dafür interessieren«, meinte der Inspektor .
    Um halb zwei saß Denny Hall immer noch an seinem Schreibtisch. Er nahm die Pistole in die Hand, betrachtete sie geraume Zeit und legte sie dann in die Schublade zurück. Der alte Schmerz begann wieder in ihm zu wühlen: Der dem Namen ›Hall und Sohn‹ anhängende Argwohn verdichtete sich zur Gewißheit. Er konnte die Leute schon sagen hören: ›Wie der Vater, so der Sohn‹. Die Anwaltskammer würde natürlich eine Untersuchung durchführen und ihm die Zulassung entziehen.
    Er zog die mittlere Schublade heraus, nahm einen Umschlag zur Hand und schüttelte den Verlobungsring auf den Tisch. Den Brief Noras hatte er verbrannt. Fasziniert starrte er die kleinen Diamanten an .
    Er hörte das Klopfen an der Eingangstür und sah auf. Die Zeiger der Uhr wiesen auf Viertel nach drei. Sicher wieder die Polizei . Boscombe.
    Langsam stieg er die Treppe hinunter, knipste das Licht an. und öffnete die Tür. Eine junge Frau stand draußen. Für ein paar Augenblicke traute er seinen Sinnen nicht mehr.
    »Darf ich hereinkommen?« flüsterte sie.
    Er schob die Tür weiter auf. Nora ging an ihm vorbei die Treppe hinauf. Bevor er den ersten Absatz erreichte, war sie schon verschwunden. In seinem Büro fand er sie vor dem Kamin. Ihr Gesicht war bleich, die Augen lagen tief in den Höhlen.
    »Es tut mir leid, Denny«, sagte sie heiser. »Kannst du mir verzeihen?« Sie reichte ihm die Hände. Sie waren eiskalt.
    »Was treibst du denn um diese Zeit noch auf der Straße? Hast du schon gehört -?«
    Sie nickte.
    »Rex erzählte mir davon. Er kam vor zwei. Stunden nach Hause ... Und, Denny, er war total - betrunken! Er benahm sich so unmöglich, daß mein ganzes Mitleid plötzlich wie weggewischt war. Und dann berichtete er, daß der Mann, dem er das Geld bezahlen sollte, nicht anwesend war. Rex begann wieder zu spielen und gewann mehrere tausend Pfund. Denny, du mußt ihm verzeihen.«
    Ihre Finger nestelten am Verschluß ihrer Tasche. Sie klappte sie auf, nahm ein dickes Bündel amerikanischer Banknoten heraus und legte es auf den Tisch.
    »Er hat keinen Cent angerührt. Als du nicht hier warst, kam er herein, nahm das Geld aus dem Safe und legte ein Bündel Notizpapier an den Platz. Er wußte, wo du den Zweitschlüssel aufbewahrst. Es war gemein . Es gibt überhaupt keinen Ausdruck für das, was er getan hat. Aber das ist nicht die einzige schlechte Nachricht. Onkel Lewis ist gestorben.«
    Wie im Traum nahm Denny das Geld vom Tisch.
    »Es ist noch alles da. Ich habe es gezählt - hunderttausend Dollar. Du mußt ihm verzeihen, Denny. Er ist ein Schwächling.«
    »Das sind wir wohl alle«, meinte Denny Hall langsam, und er dachte an den letzten langen Brief, den er Nora geschrieben hatte, den Brief, der soviel Zeit gefordert hatte. Abwesend berührte seine Hand den Griff der Schublade, in dem die Pistole lag, mit der er all seinen Sorgen ein Ende hatte bereiten wollen.
    Er nahm das zitternde Mädchen in die Arme. Der Gedanke an Darkey Canes Gesicht beim Anblick des Notizpapiers
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