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0859 - Höllenliebe

0859 - Höllenliebe

Titel: 0859 - Höllenliebe
Autoren: Jason Dark
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können, und er hatte seinen Kopf leicht gesenkt, damit er sie anblicken konnte.
    Naomi schaute in seine Augen.
    Augen?
    Waren das wirklich Augen? Nein, es war etwas anderes. Es waren Spiegel seiner Seele oder einer völlig fremden Welt, und sie hatte so etwas noch nie zuvor gesehen. Wieder versuchten ihre Gedanken die Augen zu beschreiben, was ihr mehr als schwerfiel, denn es gab diese glatte Beschreibung einfach nicht. Sie fand auch keinen Vergleich zu anderen Augen, und trotzdem ließ sie die Unruhe über den Anblick dieses Augenpaars nicht los.
    Es waren Pupillen und wiederum nicht. In ihnen befand sich etwas, das nicht alltäglich war. Diese Augen beinhalteten ein gewaltiges Wissen, denn sie gaben in veränderter Form das wieder, was in dieser Gestalt steckte. Es war nicht das normale Wissen eines Menschen, nein, diese Gestalt hatte hinter die Dinge geblickt und wußte über das Bescheid, was dem Normalbürger verborgen blieb.
    Tunnels in eine andere Welt. Schächte in Vergessen und gleichzeitig ins Wissen.
    Es durchfuhren zahlreiche Vergleiche den Kopf der jungen Frau. Keiner traf zu, das wußte Naomi selbst, und sie versuchte, sich auf die Farbe der Augen zu konzentrieren.
    Sie waren weder blaß noch prall mit einer Farbe gefüllt. Bei ihnen konnte sie nichts sagen. Sie flirrten, sie veränderten sich dann wieder zu harten Spiegelflächen oder undurchsichtigen Punkten, die alles im Verborgenen hielten.
    Naomi stöhnte auf.
    Es war die Unsicherheit, die sie so handeln ließ. Der Fremde hielt auch weiterhin ihre Hand umschlungen, und die kräftigen, aber blassen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Zum erstenmal hörte Naomi wenig später seine Stimme, und schon beim ersten Wort lauschte sie dem Klang nach.
    »Du hast mich erwartet?« fragte er.
    Sie nickte nur.
    »Ich freue mich, daß ich dich gefunden habe. Ich habe lange suchen müssen, aber jetzt bin ich zufrieden, sehr sogar.«
    Naomi wußte nicht, was sie von diesen Worten halten sollte. Sie dachte darüber nach, aber ihr kam nur immer wieder der Klang dieser Stimme in den Sinn. Vergeblich versuchte sie herauszufinden, wie sie sich angehört hatte. Sie war weder voll und männlich gewesen, noch hoch oder fraulich.
    Naomi mußte ihr Neutralität bescheinigen.
    »Wer bist du…?« Stotternd und flüsternd zugleich hatten sich die Worte aus ihrem Mund gelöst. Sie hatte den Mann dabei angeschaut, und in ihrem Blick lag ein tiefer Glaube.
    »Ich bin Josephiel…«
    »Wie heißt du?«
    »Gefällt dir der Name nicht?«
    »Doch, doch!« beeilte sich Naomi zu versichern. »Er gefällt mir sehr gut. Er ist nur so… so…«
    »Na, wie ist er?«
    »So fremd!« stieß sie hervor. »Ja, er ist so fremd.«
    Der Fremde nickte. Er gab Naomi Zeit, über den Namen nachzudenken und fragte dann: »Woran denkst du, wenn du ihn hörst?«
    Sie hob die Schultern. »Wirklich nicht…?«
    »Ich… nun, es ist mir so fremd. Ich kann es kaum ausdrücken, was ich denke.«
    »Versuche es trotzdem.«
    Sie nickte heftig. »Ich denke dabei, ach, es ist ja Unsinn, aber ich habe das Gefühl, daß dieser Name eigentlich nicht in diese Welt hineinpaßt, sondern zu einem Engel, einem Wesen, das im Unsichtbaren schwebt, in der Höhe, den Wolken und so weiter. Ja, dieses Gefühl habe ich wirklich.«
    »Ein Engel?«
    »Sicher.«
    Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Vielleicht hast du recht. Ja, es kann sein. Ein Engel, ein Dämon, ein Teufel.« Plötzlich lachte er so scharf auf, daß Naomi erschrak. »Wo ist die Grenze? Es gibt keine, denn alles fließt, alles ist durcheinander, die Grenzen sind verwischt. Wo hört der Engel auf, wo fängt der Dämon an? Man kann es nicht wissen, vor allen Dingen die Menschen nicht, aber dir sollte es nichts ausmachen, denn du bist auserwählt worden und hast hier am Ufer des Flusses auf mich gewartet.«
    »Das stimmt.«
    Er bewegte sich, um sie loszulassen. Mit Naomi zusammen ging er zur Seite und zog sie zwischen die Felsen auf den Waldrand zu, wo der Boden nicht mehr hart und kiesig war, sondern durch Nadeln weich wie ein Teppich geworden war.
    Dort blieb Josephiel stehen und schaute auf die leicht zitternde Naomi herab. »Du weißt, weshalb ich dich an diesen Ort hier geführt habe? Kannst du es sagen?«
    »Ich glaube schon.«
    »Du bist bereit?«
    »Ja, das bin ich.« Naomi hatte ihr eigenes Denken ausgeschaltet, daß es keinen Sinn hatte, wenn sie versuchte, sich zu wehren. Alles würde seinen Lauf nehmen, als sollte ein ehemaliges Versprechen
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