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0858 - Missgeburt

0858 - Missgeburt

Titel: 0858 - Missgeburt
Autoren: Christian Montillon
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die Dinge sich entwickelten. Was sie erwartete, wenn der Zwitter die genauen Bedingungen nannte. Und das schien alles andere als harmlos zu werden.
    Zamorra dachte an die Worte, die ihr Gegner vor wenigen Augenblicken gesprochen hatte. Wenn ihr erst gesehen habt, was ich getan habe, würdet ihr mir nicht mehr helfen. Das klang gar nicht gut.
    Der Zwitter war nicht gewillt, sich auf weitere Diskussionen einzulassen. »Ich werde euch in eine andere Dimension bringen. Brakila.«
    »Nie gehört«, meinte Nicole. »Hältst du dort Johannes gefangen?«
    »Ja, aber diese Information wird euch nichts helfen. Ihr könntet jahrelang suchen, ohne ihn zu finden. Auf dieser Welt habe ich mir ein Laboratorium eingerichtet.«
    »Ein Laboratorium?«
    »Warum wundert dich das? Ich musste experimentieren, um herauszufinden, wie ich meine Krankheit besiegen kann. Also schuf ich mir eine Räumlichkeit, in der dies den Umständen entsprechend am leichtesten möglich ist. Alles Weitere werde ich euch dort erklären.«
    »Gehen wir«, sagte Zamorra wesentlich lockerer, als es seiner Stimmung entsprach.
    »Zwei Dinge sind vorher noch zu klären«, sagte der Zwitter mit kühler Stimme. »Zum einen wirst du dein Amulett im Château zurücklassen. Du wirst in Brakila ohne seine Hilfe zurechtkommen müssen.«
    »Warum?«
    »Keine Fragen. Statt des Amuletts werdet ihr einen Dhyarra-Kristall mitnehmen.«
    Der Parapsychologe nickte. Zwar lagen ihm tausend Fragen auf der Zunge, aber er schluckte sie hinunter. Er hätte ohnehin keine Antwort erhalten. »Und zweitens?«
    »Zweitens bitte ich… ja, ich bitte darum, dass ihr mir noch einige Minuten Zeit gebt. Ich habe hier im Château noch etwas zu erledigen. Oder genauer gesagt, in dessen Garten. Es kann sein, dass ich die nächsten Tage nicht überlebe. In diesem Fall würde ich nie wieder hierher zurückkehren. Und auch wenn ich alles überstehe, werde ich an diesem Ort nicht gerade ein gern gesehener Gast sein.«
    »Was hast du vor?«
    »Diana.«
    »Diana?« Diana Cunningham war Andrew Millings' Freundin gewesen, die während eines gemeinsamen Einsatzes in einer fremden Dimension gestorben war. [4]
    »Das Grab. Ich will noch einmal Dianas Grab aufsuchen.«
    ***
    Lhitt'har sinnierte über Sinn und Unsinn seines Handelns.
    Er reflektierte die Frage, die sich nicht nur er, sondern auch Tausende andere stellten. Eine Frage, auf die es keine Antwort gab, solange er das magische Experiment nicht zu einem Ende gebracht hatte. Dann würde sie sich von selbst beantworten.
    Er brachte eine komplizierte Symbolfolge an den mehr als zwei Meter auseinanderliegenden Spitzen der vier Spreizknochen des linken Skelettflügels an.
    Es war erstaunlich, wie genau er sich an den Fundort jedes einzelnen Knochenteils erinnerte. Das Fragment vor seinen Füßen etwa war mysteriöserweise fast sechshundert Schritt von der Hauptfundstelle entfernt drei Körperlängen tief im Wüstensand vergraben gewesen. Wie war es dorthin gekommen?
    Ein Rätsel, auf das es keine Antwort gab. Wahrscheinlich würden die Vorgänge niemals rekonstruiert werden können, und wenn er noch ein weiteres Jahrtausend investierte.
    Aber das hatte er nicht vor. Er hatte genug davon. Genug von der ewigen Suche, von dem Graben, von der Hitze, die seinen untoten Leib zwar nicht beeinträchtigen konnte, die ihn aber dennoch störte.
    Langsam, sehr langsam, entwickelte er die ersten Symptome einer Nachtkreatur - er mochte das Tageslicht nicht mehr. Es tat seinen Augen nicht gut, und er glaubte zu spüren, wie es ihn auf einer beinahe unbewussten Ebene zersetzte.
    Lhitt'har dachte an die wirklich Alten, die vor vielen zehntausend Jahren von den obersten Lebensrichtern mit untotem, ewigem Leben bedacht worden waren: Sie würden niemals mehr behaupten, es sei ein Segen gewesen… ihr Dasein war zu einem einzigen Fluch geworden.
    Sie hausten in den tiefen Kavernen, in ewiger, völliger Dunkelheit und Feuchtigkeit. Ihre Leiber waren aufgedunsen, von schwammigen Pilzen überwuchert; es hieß sogar, in ihrem Fleisch und den stinkenden Mundhöhlen würden Insekten hausen. Aber wer wusste das schon?
    Die Alten kamen nie an die Erdoberfläche zurück. Niemand wüsste, dass sie existierten, wenn nicht in manchen Nächten die Schreie aus der Tiefe aufsteigen und sie ein neues Opfer verlangen würden.
    In diesen Nächten weinten die Väter um ihre unverheirateten Töchter, denn eine von ihnen würde am nächsten Tag den Weg in die Tiefe antreten, um den Zorn und den
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