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0858 - Missgeburt

0858 - Missgeburt

Titel: 0858 - Missgeburt
Autoren: Christian Montillon
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im Hintergrund seine Finger im Spiel gehabt hatte. Es war bedeutungslos, dass ein Langka aus der Versenkung aufgetaucht war und sich über die Zwischenstation Merlin in die Unsterblichenhölle eingeschmuggelt hatte.
    Ja, die Kombination der Ereignisse war einmalig und unwiederholbar gewesen - aber das scherte niemanden! Es zählte nur eins: Lucifuge Rofocale, der Herr der Hölle der Unsterblichen, hatte versagt. Dieses Versagen galt es rückgängig zu machen.
    Der Besuch bei dem gefangenen Unsterblichen Johannes war nur der erste Schritt im Racheplan des Erzdämons gewesen. Er hatte seine geflügelte Gestalt beigehalten und schwebte mit gelegentlichem Schwingenschlag in den tobenden Winden über dem Zentralkontinent Brakilas.
    Er spürte, dass ganz in der Nähe etwas im Gange war. Etwas, das er ausnutzen konnte. Eine untote Kreatur hatte sich aufgemacht, etwas schon lange Totes ins Leben zurückzuholen.
    Lucifuge Rofocale würde sich einmischen…
    ***
    Die Gabel spießte ein Stück Gulasch auf, zog es durch die dicke braune Soße und verharrte kurz über dem Tellerrand. Sekunden später kaute der Zwitter genüsslich. »Ein Lob der Köchin.«
    Zamorra schlug mit der Faust auf den Tisch. »Merde, was soll das?« Er konnte sich nur noch mit Mühe beherrschen. Das Getue seines Gegenübers brachte ihn völlig aus der Fassung.
    Selten war er so erregt gewesen, vielleicht weil das Schicksal des Zwitters und damit das von Andrew Millings und Torre Gerret so eng mit seinem eigenen verknüpft war. Er konnte nicht umhin zuzugeben, dass der Themenkomplex Quelle des Lebens und Hölle der Unsterblichen ihn im Innersten traf.
    Natürlich nicht. Schließlich hatte auch er einst vom Wasser der Quelle getrunken; und auch wenn er zuvor das Gesetz ausgetrickst hatte und seinen Widersacher Torre Gerret nicht ermordet hatte - wer konnte schon sagen, ob er nicht sonst irgendwann Schuld auf sich geladen hatte? Und ob deswegen die Hölle der Unsterblichen auch seine Zukunft bildete?
    Er vermied es gerne, über dieses Thema nachzudenken, obwohl es von eminenter Bedeutung war. Wer dachte schon gerne über das nach, was nach dem Tod kommt, dem auch ein sogenannter Unsterblicher irgendwann und letzten Endes nicht entgehen konnte?
    »… gereizt?«
    Zamorra zuckte zusammen. Er war so in Gedanken versunken gewesen, dass er die Frage des Zwitters nicht verstanden hatte.
    Dieser bemerkte das offenbar. »Ich fragte dich, warum du so gereizt bist? Ich muss etwas essen, ehe wir uns auf den Weg machen, und euch wird es ebenfalls nicht schaden. Ihr benötigt Kraft für das, was uns bevorsteht. Ihr müsst euch konzentrieren, und Hunger, das lasst euch gesagt sein, kann ganz schön ablenken.«
    »Anscheinend ist mein Magen nicht so robust wie deiner«, erwiderte der Meister des Übersinnlichen. »Mir macht es zu schaffen, wenn ich dich ansehe. Die Gedanken an Andrew…«
    »Schon gut!« Das Besteck klirrte auf dem Tellerrand, der Zwitter schob seinen Stuhl ruckartig zurück und erhob sich. Dabei stieß er gegen die Tischplatte, das Weinglas fiel um. Es zerbrach, und dunkelrote Flecken zogen sich über das gesamte blütenweiße Tischtuch.
    Zamorra stieß deutlich hörbar die Luft aus.
    »I… ich…« Der Zwitter biss die Zähne zusammen. »Es gefällt mir selbst nicht, was ich zu tun gezwungen bin. Meine Moral ist nicht die eure, da ich auf einem anderen Standpunkt stehe, aber auch mir ist klar, dass es…« Er brach ab.
    »Gib Johannes frei«, forderte Nicole. »Gib ihn frei, und wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um dir zu helfen.«
    Die Antwort bestand aus einem Kopfschütteln. »Es ist Zeitverschwendung, wenn ihr darauf spekuliert. Wenn ihr erst gesehen habt, was ich getan habe, würdet ihr mir nicht mehr helfen.«
    »Egal, was du getan hast«, widersprach Nicole. »Du bist ein Lebewesen mit einer Existenzberechtigung. Du hast das Recht zu leben. Zumal, weil du der einzige deiner Art bist.«
    »Vergiss es!«, stieß der Zwitter aus. »Du wirst mich nicht um den Finger wickeln.«
    Es hätte Zamorra auch sehr gewundert, wenn sie diesen Konflikt mit Vernunft und Argumenten hätten lösen können.
    Er hatte sich wie geplant mit Nicole besprochen, und sie waren zu dem Schluss gekommen, dass sie versuchen mussten, Johannes' Leben zu retten, koste es, was es wolle. Sie mussten auf die Bedingungen des Zwitters eingehen, seine Forderungen erfüllen; zumindest zum Schein.
    Sie zogen es durchaus in Betracht, ihn zu hintergehen. Es kam darauf an, wie
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