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0856 - Leas Hexenladen

0856 - Leas Hexenladen

Titel: 0856 - Leas Hexenladen
Autoren: Jason Dark
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war.
    Ich wußte nicht, wo sich Lea aufhielt. Im Wald jedenfalls nicht, dann hätte sie mich schon angegriffen.
    Der Spiegel fiel mir ein.
    Er war so etwas wie ein Botschafter zwischen mir und diesen Hexenweibern gewesen. Ich holte ihn hervor und brauchte nicht mal das Licht im Wagen einzuschalten, weil ich auch in dieser Dämmerung erkannte, daß sich auf der Fläche etwas getan hatte.
    Sie war zwar glatt, aber im Hintergrund zeichnete sich das Bild relativ deutlich ab.
    Es war Lea!
    Das Gesicht konnte ich einfach nicht übersehen. Diese kalte Fratze, dieser gemeine Ausdruck in den Augen, der verzogene Mund, das kurze Haar, es strahlte alles eine Bösartigkeit aus, die einen normalen Menschen abschrecken mußte.
    Mich schreckte es nicht ab, denn mein Augenmerk galt mehr dem Hintergrund.
    Dort sah ich - wenn auch verschwommen - etwas Bekanntes. Eine Wand mit Regalen, noch im Dunkeln liegend, aber ich hatte schon beim ersten Blick Bescheid gewußt.
    Das war Leas Hexenladen!
    »Okay«, sagte ich und legte den Spiegel mit der Fläche zuerst auf den Beifahrersitz. »Starten wir zur dritten Runde…«
    ***
    Auch im Dunkeln fand ich den Weg zu Leas Laden sofort. Wieder kroch ich mit dem Jaguar durch die schmalen Straßen und engen Gassen, nur diesmal mit einer Leiche auf dem Rücksitz.
    Barham war nicht ausgestorben. Viele Bewohner nutzten diesen warmen Abend aus und hielten sich in ihren Gärten auf. Dort saßen sie, unterhielten sich, tranken, lachten und feierten miteinander.
    Ich hörte ihre Stimmen durch die geöffneten Seitenscheiben. Für mich war das momentan eine andere Welt, in die ich hoffentlich sehr bald zurückkehren würde.
    Vorerst aber stand mir etwas anderes bevor.
    Ich hatte auch über Lea nachgedacht und fragte mich, woher sie stammte und woher sie ihr Wissen hatte? Ich glaubte einfach nicht so recht daran, daß sie mit dem Teufel im Bunde steckte, denn ihre Dienerinnen hatten auf den Anblick des Kreuzes kaum reagiert. Allerdings waren sie durch die Treffer der geweihten Silberkugeln verstorben. Wahrscheinlich hatten sie die gleiche Wirkung bei ihnen gehabt wie bei einem Menschen. Sie standen also noch nicht auf einer so hohen Stufe wie Lea.
    Vor dem Laden stoppte ich den Jaguar.
    Es war alles dunkel in der Nähe. Nur weiter entfernt leuchtete eine einsame Laterne. Von irgendwoher hörte ich Musik, als ich ausstieg und auf den Eingang zuging.
    Die tote Maureen blieb zurück im Wagen. Ich würde sie nach London bringen, wo sie, möglichst neben ihrem Bruder Mike, ein ordentliches Grab finden sollte.
    Mit ihrem Tod war für mich ein Teil meiner Kindheitserinnerungen ausgelöscht worden. Ich wußte, daß ich so einfach nicht darüber hinwegkommen würde.
    Die Tür war dunkel. Sie saß fest im Mauerwerk und schien sich trotzdem zu bewegen.
    Es war nicht nur das Scheinen, sie bewegte sich tatsächlich, denn sie wurde von innen her geöffnet.
    Ich sah niemand. Mein Blick fiel in die Finsternis des offiziellen Ladenlokals, wo die zahlreichen und auch harmlosen Bücher standen. Leas Welt lag hinter dem Vorhang, und ich war sicher, daß ich sie dort finden würde.
    Ich war auf alles gefaßt, als ich mich dieser Grenze näherte. Licht brauchte ich nicht. Was sich tagsüber so deutlich abgezeichnet hatte, sah ich nun als starre Schatten. Ich wich den Ständern geschickt aus, drehte mich um eine Büchersäule herum und schleifte mit der linken Hand über eine halbhohe, mit Büchern gefüllte Theke.
    Hinter dem Vorhang brannte Licht.
    Es fiel ein sehr schwacher Schein unter dem Spalt hervor.
    Es war der typische Kerzenschein, in dem sich Lea bestimmt wohl fühlte.
    Noch einmal holte ich tief Atem, bevor ich nach einer Stoffalte griff und den Vorhang zur Seite zog.
    Wieder vernahm ich über mir das Klingeln der Ringe. Ich schaute nach vorn und mußte zwinkern, weil mich der Kerzenschein blendete.
    Aber ich sah Lea.
    Sie hockte im Schneidersitz auf einem Sitzkissen, umringt von Kerzen.
    Und sie war nackt.
    Eine seltsame Erscheinung schaute mich an. Beim ersten Hinsehen hatte sie sich zwar nicht verändert, aber auf den zweiten Blick sah ich schon etwas. Mir fiel auf, daß sie sehr dünn war. Ihre Brüste hoben sich kaum vom Körper ab. Das Gesicht wirkte wie ein knochiges Kunstwerk aus Licht und Schatten, in dem sich Augen befanden, die mich an kleine, grüne Teiche erinnerten.
    Sie hielt äußerlich keine Waffe fest, denn ihre Hände lagen auf den knochigen Knien.
    Aber es war die Haut, die mich hatte stutzig werden
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