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0841 - Der gläserne Tod

0841 - Der gläserne Tod

Titel: 0841 - Der gläserne Tod
Autoren: Christian Montillon
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aufzustellen, sogar Professorzamorra selbst sei eine solche Täuschung gewesen, die einer Gruppe von Staublingen vor langer Zeit erschienen sei.
    Shira blieb nichts anderes übrig, als immer weiterzugehen. Sie wusste nicht, woher sie die Kraft nahm, ihr Tempo so lange durchzuhalten. Manchmal taumelte sie nur noch, hatte kein Gefühl mehr für ihre Bewegungen, aber dann brachte sie es doch fertig, ihr Tempo erneut zu forcieren.
    Als das Violett des Himmels bereits dunkler wurde und die Sonnenscheibe sank, gab es keinen Zweifel mehr. Das Gebirge war nicht mehr weit entfernt.
    Doch würde sie dort auch die heiße Quelle finden? Oder lauerten nur weitere Gefahren und Herausforderungen auf sie?
    ***
    »Wir sollten gleich anfangen«, sagte der Zwitter gelassen.
    »Hier?« Professor Zamorra starrte ihn ungläubig an. »Wir befinden uns mitten in einem Hotel! Jedes Geräusch wird in den umliegenden Zimmern gehört. Wenn etwas schiefgeht, bringen wir Dutzende von Menschen in Gefahr. Wir sollten uns einen geeigneteren Platz aussuchen.«
    »Kein Problem. Ich kann uns überall hin versetzen, wo es euch beliebt. Vielleicht ein einsames Wäldchen?«
    Der Meister des Übersinnlichen schauderte, wenn er an die gewaltigen Kräfte dachte, von denen der Zwitter derart beiläufig sprach. Was kam als nächstes? War seine Entwicklung abgeschlossen, oder würde er immer mächtiger werden? Selbst Merlin verfolgte die Entwicklung des Zwitters ebenso kritisch wie besorgt, wie Zamorra aus den Erzählungen des Zwitters wusste. Seine Existenz musste inzwischen auch in der Hölle Aufmerksamkeit erregt und Neider hervorgerufen haben. Womöglich fürchteten ihn die Dämonen bereits als potentiellen äußerst gefährlichen Gegner. Zamorra fragte sich bange, wie lange das alles gutgehen würde. Er ahnte, dass gewaltige Konflikte heraufzogen; und er befand sich mal wieder mittendrin.
    »Dann werde ich mir was Passendes anziehen«, meldete sich Nicole zu Wort, ging zum Schrank und holte einige Kleidungsstücke heraus. »Es ist Abend, und draußen herrschen ganz schön garstige Temperaturen!« Ihr Blick bohrte sich in den des Zwitters. »Könntest du uns bitte fünf Minuten alleine lassen?«
    Der Besucher wirkte konsterniert. Er zögerte, ehe er antwortete. An so etwas Profanes wie körperliche Bedürfnisse hatte er offensichtlich nicht gedacht. »Fünf Minuten«, sagte er schließlich. »Ich werde nicht anklopfen.« Kaum war die letzte Silbe ausgesprochen, verschwand er.
    Nicole schleuderte die Klamotten aufs Bett. »Das geht mir ein bisschen zu schnell.«
    Zamorra grinste müde. »Dem Tempo des Zwitters zu folgen, wird in der Tat schwierig werden. Wir sollten uns damit abfinden, dass in seiner Gegenwart manches ein wenig anders abläuft.«
    Nicole schlüpfte in die robusten Hosen, die sie aus dem Schrank geholt hatte. »Als wir mit ihm… verbunden waren, hast du es da auch gespürt?«
    Der Parapsychologe wusste sofort, worauf sie hinauswollte. »Du redest von seiner Geisteskrankheit?«, vergewisserte er sich dennoch.
    Sie nickte, und ihre Augen waren voller Mitleid. »Es ist schwer zu beschreiben. Es spielte sich unter der Oberfläche seines Bewusstseins ab. Die psychische Störung scheint ein unabdingbarer Teil von ihm zu sein. Ebenso wie Andrew, Torre Gerret und…«
    »Und das Langka«, beendete der Meister des Übersinnlichen den Satz. »Es lebt. Es war ein unheimliches Gefühl, es zu spüren, im gewissen Sinn ein Teil von ihm zu sein. Eine fremde Art von Leben, irgendwie«, er suchte nach dem richtigen Wort, »starr.«
    Nicole legte die Stirn in Falten. »Du darfst nicht vergessen, welche Erscheinungsform das Langka innehatte, ehe es mit den anderen zu dem Zwitter verschmolz. Ein bloßer Gegenstand. Nach aller Logik hätte es gar nicht leben können.«
    »Eine magische Existenzform«, erwiderte Zamorra nachdenklich. »Magie steht naturgemäß jenseits der so genannten exakten Wissenschaften oder auch dem menschlichen Sinn von Logik und Vernunft. Versuch dich einmal in das Langka hineinzudenken. Es muss eine überwältigende Erfahrung sein, plötzlich über einen Körper zu verfügen.«
    »Du gehst also davon aus, dass es noch existiert? Ich meine, losgelöst von den anderen?«
    »Du hast selbst gesagt, dass du Andrew und Gerret gespürt hast. Sie sind noch als Individuen vorhanden.«
    »Das glaube ich nicht«, widersprach Nicole. »Es ist eher die Erinnerung an die Menschen, die sie einst waren. Ein bloßer Schatten. Nicht wirklich sie
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