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084 - Medusenblick

084 - Medusenblick

Titel: 084 - Medusenblick
Autoren: A.F.Morland
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aber vielleicht würde man ihnen nicht glauben, wenn sie erzählten, was sie gesehen hatten. Man hielt sie wahrscheinlich für verrückt und unternahm nichts.
    Der Vater der Ungeheuer eilte durch das abendliche Paddington. Wenn Fahrzeuge oder Fußgänger die Straße entlang kamen, verbarg er sich in Seitengassen, denn er wollte nicht noch mehr Aufsehen erregen.
    Je mehr Menschen die gleiche Geschichte erzählten, desto eher würde man ihnen Glauben schenken und versuchen, etwas gegen ihn zu unternehmen, und das war nicht in seinem Sinn. Er wollte unbehelligt bleiben und sich ungestört darauf konzentrieren können, die Teufelsaustreibung zu vereiteln.
    Phorkys erreichte die Kirche. Ihr Anblick berührte ihn in höchstem Maße unangenehm. Er haßte Gotteshäuser. Zu viele Kreuze und andere geweihte Gegenstände befanden sich darin. Und dann das viele Weihwasser. Jeder Tropfen, der ihn getroffen hatte, hätte auf ihn wie Schwefelsäure gewirkt. Ätzend, beißend, schmerzhaft…
    Er machte einen großen Bogen um das Gotteshaus und näherte sich dem Gebäude, das sich dahinter befand. Das war das Pfarrhaus. Dort sollte Tony Ballard »geheilt« werden, aber durch diese Rechnung wollte Phorkys dem Priester einen Strich machen.
    Sein lodernder Blick wanderte am Kirchturm hoch. Als er das Kreuz auf der Spitze sah, entrang sich seiner Kehle ein grimmiges Knurren. Kreuze machten ihn rabiat.
    Deshalb würde er auch das Pfarrhaus nicht betreten, denn bestimmt war es ebenfalls mit Kruzifixen gespickt.
    Im tiefschwarzen Schatten des Gebäudes, in dem Pater Severin wohnte, verharrte der Vater der Ungeheuer einen Moment. Er berührte mit seinen Tigerpranken die Mauer und spürte ganz deutlich, daß dort drinnen etwas im Gange war, was ihm nicht behagte.
    Er schlich an der Mauer entlang. Ab und zu raschelte sein Umhang leise, doch das war kaum zu hören. Einem schwarzen Spuk gleich bewegte er sich durch die Dunkelheit.
    Seine hochentwickelten Sinne durchdrangen das dicke Mauerwerk, und er vernahm die Gebete, Sprüche und Formeln, die Pater Severin anwandte, um seinen Freund zu retten.
    Jedes Wort war für den Vater der Ungeheuer eine beleidigende Herausforderung. Obwohl der Exorzismus nicht gegen ihn gerichtet war, fühlte er sich davon aufs höchste unangenehm berührt. Schließlich gehörte auch er der schwarzen Macht an. Wie Asmodis, wie Atax, wie Mago - wie Marbu…
    Er ortete den Priester ganz genau, wußte, wo sich Pater Severin aufhielt, und er entdeckte in drei Metern Höhe ein vergittertes Fenster.
    Knapp daneben ragte die Mauer auf, die den Pfarrhof einfriedete. Eine mächtige alte Eiche reckte ihre Zweige darüber hinweg.
    Phorkys kletterte an der Mauer nicht hoch. Er war kräftig genug, um die Höhendifferenz mit einem Sprung zu überwinden. Seine Muskeln spannten sich. Er stieß sich ab und landete auf der Mauerkrone.
    Er lief die Mauer bis zu jenem kleinen vergitterten Fenster entlang und warf einen Blick in den von Kerzenschein erhellten Raum. Alles in ihm zog sich zusammen.
    Er knirschte laut mit den Raubtierzähnen, denn diese Ansammlung religiöser Kultgegenstände war ihm zuwider. Sie brachte sein schwarzes Blut zum Kochen.
    Soeben besprengte der Priester seinen auf dem Boden liegenden Freund mit Weihwasser. Phorkys zuckte zusammen, als hätten die Tropfen ihn getroffen.
    Er sah, wie auch Tony Ballard zuckte, als würden Stromstöße seinen Körper durchrasen. Das war die Marbu-Kraft, die auf das Weihwasser reagierte.
    Tony Ballard schien nicht bei Bewußtsein zu sein. Marbu hatte dafür gesorgt, daß er bei der Teufelsaustreibung nicht mithelfen konnte.
    Die Höllenkraft hatte die Situation noch gut unter Kontrolle, aber so würde es nicht bleiben, denn der Priester würde mit immer schwereren Geschützen auffahren.
    Oft genug schon war es diesen Priestern gelungen, Dämonen aus dem Körper besessener Menschen zu vertreiben. Manchmal konnte sich nicht einmal der Teufel selbst in einem Opfer halten, weil ihm die Pfarrer zu arg zusetzten.
    Ein seltsam grauer Dunst hüllte Tony Ballard ein. Marbu versuchte den Körper des Dämonenjägers zu schützen. Doch diesem unermüdlich betenden und Gott herbeirufenden Pfarrer würde es gelingen, diesen Schutz zu durchbrechen. Er würde es mit der Zeit schaffen, diesen Dunst einzureißen, und dann würden die Formeln und Sprüche besser wirken.
    Dazu durfte es nicht kommen.
    Phorkys wollte sich einen Teil der in Tony Ballard befindlichen Marbu-Kraft zunutze machen. Es war nicht
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