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083 - Das Ende der Unschuld

083 - Das Ende der Unschuld

Titel: 083 - Das Ende der Unschuld
Autoren: Jo Zybell
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existentiellen Wendepunkt sah das wirklich nicht aus. Und Matt sagte einfach nur: »Shit!« Dann riss er den Fuß aus Schalensplittern und Schleim und rannte Richtung Höhleneingang zu den Anderen. Und ahnte nicht, dass er gerade eben - aus Versehen sozusagen - eine entscheidende Weiche für sein weiteres Leben gestellt hatte…
    ***
    Die Auren der Berufenen bebten und zitterten. Wie ein einziger Aufschrei durchfuhr es den Sol. (Die Brutzellen! Was passiert mit den Brutzellen?!) So oder ähnlich brandete es in Ora’sol’guudos Aura, neunundvierzig Mal.
    Die biotische Einheit am Rande der Brutzellen verfügte über eine Waffe, die konzentrierte Energie abstrahlen konnte. Diese Einsicht durchzuckte den Sol, als hätte der Strahl seine Speichereinheit getroffen, und er reagierte im selben Augenblick: Ein Teil seines Bewusstseins absorbierte die Energie und leitete einen großen Teil davon auf der Rückseite der verformten Bruteinheit wieder hinaus; ein anderer verschloss Nährstoff- und Nervenbahnen im Schusskanal des zerstörten Gewebes; ein dritter versuchte die flüchtige biotische Organisation mit Gewebsausstülpungen festzuhalten; und wieder ein anderer veranlasste die Bruteinheit, sich ausdehnen und alle Brutzellen aufs Neue zu bedecken.
    All das gleichzeitig zu tun war eine der Fähigkeiten, über die nur Daa’muren der oberen Ränge verfügten.
    (Die Brutzellen, Ora’sol’guudo! Sind sie unbeschädigt?!) (Bewahrt Ruhe! Zieht alle Versuchsmodelle um das Brutlabor zusammen, sofort!)
    Dann spürte er durch einige Sensoren in der Peripherie der Bruteinheit die zersplitterte Hülle einer Brutzelle. Er fühlte das ausgelaufene Nährplasma, ertastete die Zuckungen des sterbenden Keimlings. Das erste Mal nach unermesslichen Zeiten wünschte er sich nichts sehnlicher als einen Körper zu haben und selbst, ohne Hilfe der Modelle, töten zu können.
    Eine Eruption von Wutbildern schoss durch seine Aura.
    (Was ist mit dir, Ora’sol’guudo?)
    (Kümmere dich um das Kalorienreservoir des Muttermodells, Est’sil’bowaan! Das Modell selbst muss in seiner Vorratskammer bleiben! Setze es nur ein, wenn es gar nicht anders geht!)
    Er aktivierte auch die letzten Ressourcen seiner ontologisch-mentalen Substanz, dehnte seine Aura aus, so weit es ihm möglich war, und berührte die biotische Organisation, die den Keimling vernichtet hatte. Blitzschnell analysierte er ihr zentrales Nervensystem - und erkannte im gleichen Moment, woher sie wirklich kam. So etwas wie kalter Schrecken durchpulste seine Aura.
    (Hört mich, Berufene!)
    Das Empfindungsgeflirre, die Bildereruptionen aus den erregt pulsierenden Auren der anderen versiegten.
    Konzentriertes Lauschen stattdessen.
    (Gattung: Primärrassenvertreter. Name: Matthew Drax, genannt Maddrax. Alter: fünfunddreißig Gestirnumkreisungen.
    Regenerationsphase: ohne Symptome einer Synapsenblockade.
    Herkunft: Zeit vor der Landung! Mentale Struktur…) Das Gesicht des männlichen Primärrassenvertreters füllte rasch jede Aura aus: markant, weißhäutig, blaugrüne Augen, blondes Haar. Nie wieder sollte Ora’sol’guudo es vergessen.
    All die Gestirnumkreisungen nicht, die noch vor ihm und jener biotischen Organisation lagen.
    (Speichert Bild und mentale Struktur dieses Primärrassenvertreters! Sendet es an alle erreichbaren Versuchsmodelle und an jede symbiotische Einheit am Seegrund! Er hat auf noch nicht bekannte Weise fünfhundertvier Gestirnumkreisungen übersprungen und einen der Trägerorganismen ausgelöscht! Wir müssen davon ausgehen, dass dies keine zufällige Aktion war. Er muss neutralisiert werden!)
    ***
    Lange grübelte Bulba’han über die Weissagung des Freundes der Macht im See - und über seine eigenen Worte, die er fast ohne eigenes Zutun ausgesprochen hatte. Und je länger er grübelte, desto selbstverständlicher erschienen ihm Mur’gashs Worte, desto vertrauter wurde ihm sogar der Name, den er doch nie zuvor gehört hatte: Birgel’wost.
    Lange stand er so und grübelte. Die ganze Zeit drückte er die Spitze seiner Klinge gegen die weiche Kehle des Echsenmannes, und die ganze Zeit fixierten ihn die gelben Augen seines Gegners. War Mur’gash tatsächlich sein Gegner?
    Und wenn ja, warum eigentlich?
    Die Rufe um sie herum verstummten nach und nach. Aus einem Grund, den er nicht kannte, nahm Bulba’han die Klinge von Mur’gashs Hals und steckte sie zurück in die Rückenscheide.
    »Habt ihr es auch gehört?«, fragte Taqua’floydan mit gleichgültiger Stimme.
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