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083 - Das Ende der Unschuld

083 - Das Ende der Unschuld

Titel: 083 - Das Ende der Unschuld
Autoren: Jo Zybell
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hineinreichte, war schwer abzuschätzen: In knapp sechs Metern Entfernung verschwand sie in Dampf und Dunkelheit.
    Sie roch intensiv nach Champignons und Galle. Matt atmete durch den Mund, um den Brechreiz zu unterdrücken.
    Er schritt an der grauweißen Masse entlang, bis er die linke Höhlenwand erreichte. Wie eine dicke schleimbedeckte Zunge ragte die Kreatur in die in die Höhle hinein, wie ein heißes Omelette. »Leuchte die Ränder ab, Quart’ol, bitte.« Der Lichtbalken glitt langsam über den Rand der Fleischdecke. An den Höhlenwänden stülpte sie sich stellenweise ein Stück über das schroffe Gestein, als hätte sie nicht genug Platz, um sich auszubreiten. Manchmal, wenn die Beulen auf ihr hochstiegen und sich wieder senkten, hörte man ein leises Schmatzen. Und überall diese flachen Wölbungen.
    Matt verfolgte die Bewegung des Lichtbalkens. Einen Meter vor ihm wanderte er über eine Stelle, wo die Fleischdecke die Höhlenwand nicht berührte.
    »Halt!«, rief Matt plötzlich. »Noch mal zurück, ganz langsam!« Der Lichtkegel glitt bis zu der auffälligen Stelle.
    »Stopp!« Matt hielt sich an einem Gesteinsvorsprung fest und beugte sich ein wenig über die heiße Masse. In der Lücke zwischen ihrem Rand und der Höhlenwand sah er eine handtellergroße, blaugrüne Fläche. Sie schien gewölbt zu sein, und feucht, denn das Licht spiegelte sich in ihr.
    »Da ist eins von den Dingern, auf denen die Fleischdecke liegt.« Matt streckte den Arm aus. »Es sieht aus wie…«, seine Fingerkuppen tasteten über eine glatte warme Oberfläche, ziemlich hart, »… wie ein überdimensionales…« Taubenei, wollte er sagen, doch das Wort kam ihm nicht mehr über die Lippen, denn schlagartig zog der Organismus seine Ränder von allen Seiten zusammen und konzentrierte seine Masse an einer Stelle zwei Schritte vor Matt. Dort stieg plötzlich eine Beule bis zur Höhlendecke hinauf! Dampf wallte, Schmatzen und Rauschen erfüllten die Höhle, Tentakel wuchsen aus der Erhebung!
    »Maddrax!«, schrie Aruula. »Zurück!«
    Wie gelähmt vor Schreck presste Matt sich zunächst mit dem Rücken gegen die Höhlenwand. Die fleischigen Schlangenarme griffen nach ihm - das ließ ihn die Erstarrung überwinden: Er riss das LP-Gewehr hoch, drückte auf den Auslöser. Der Strahl fuhr in die pulsierende Beule. An der Stelle, wo er in das schleimige Gewebe eindrang, verfärbte es sich schwarz und warf Blasen. Auf der Rückseite fuhr der Laserstrahl wieder heraus, brach sich an der Felswand und tauchte die Höhle für Sekunden in gleißendes Licht -Sekunden, in denen Matt überdeutlich sehen konnte, worauf die Fleischdecke gelegen hatte: Eier. Kürbisgroß, türkisfarben, schleimbedeckt und dampfend.
    Die grauweiße Beule sank in sich zusammen, die Tentakel zerflossen mit dem übrigen Gewebe, und Matt sprang auf.
    Zwischen dem Rand des dampfenden Geleges und der Höhlenwand wollte er zu den anderen rennen, doch ein feuchter Tentakel schoss aus den Überresten der Masse und schlug nach seinen Beinen. Matt strauchelte, und im Versuch, das Gleichgewicht nicht zu verlieren, trat er mit dem linken Bein zur Seite.
    Er hörte es splittern, er hörte es schmatzen, und als er an sich hinunter sah, stand sein Fuß in einem zerbrochenen Ei.
    Gelblicher Schleim klebte an seinem Stiefelschaft, und vor der Stiefelspitze zuckte ein etwa faustgroßer Embryo - zusammengekrümmt, silbrigweiß und überzogen mit winzig kleinen Schuppen.
    »Shit…!«, entfuhr es Matt Drax.
    ***
    Es gibt einschneidende Ereignisse im Leben eines Menschen, Wendepunkte. Jeder kennt sie: der erste Schritt auf eigenen Beinen, eine schwere Krankheit, ein Karrieresprung, eine Liebe, eine Trennung…
    Auch im Leben des Air Force Commanders Matthew Drax hatte es solche Wendepunkte gegeben; zur Genüge, weiß Gott!
    Den letzten markierte sein Sturz durch einen Zeitriss und seine Notlandung in den postapokalyptischen Alpen.
    Seitdem hielt Matt seinen Bedarf an Wendepunkten für gedeckt; und zwar gedeckt für den Rest seiner Tage.
    Nun, er täuschte sich.
    Manche Wendepunkte erkennt man sofort als solche. Der Sturz durch den Zeitriss war so einer. Andere Lebensereignisse erweisen sich erst im Rückblick als Wendepunkte. Jetzt zum Beispiel blickte Matt auf seine Stiefel und sah eigentlich nichts Besonderes: nur zerbrochene Eierschalen und gelblichen Schleim auf seinem Stiefel und den zuckenden, unfertigen Körper eines Echsenwesens vor seiner Stiefelspitze.
    Nein, nach einem
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