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0829 - Der Alpen-Teufel

0829 - Der Alpen-Teufel

Titel: 0829 - Der Alpen-Teufel
Autoren: Jason Dark
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Glocke.
    Diese Frau wurde von keinem Polizisten angesprochen. Sie sah zwar nicht aus, als würde sie gemieden, aber sie verließ den Friedhof doch allein, hielt den Kopf gesenkt und schritt mit etwas staksigen Schritten, als wäre sie tief in Gedanken versunken.
    Auch Suko hatte die Frau beobachtet. Er stieß mich an, nickte zu ihr hinüber, und sie nickte zurück.
    »Wo?« fragte er.
    »Nicht hier draußen, im Hotel.«
    »Okay.«
    Wir richteten es so ein, daß wir uns »zufällig« vor dem Eingang trafen und die Frau vorgehen ließen. Sie hatte sich uns auch vorgestellt. Sie hieß Helene Brandner, und als sie aus meinen Mund ihren Namen hörte, schrak sie zusammen.
    »Pardon, aber ich war doch in Gedanken.«
    Gemeinsam betraten wir das Haus. »Sie kommen von einer Beerdigung?« fragte ich. »Es war für uns nicht zu übersehen, wir wollten uns etwas die Beine vertreten und haben in der Trauergemeinde auch Sie gesehen.«
    »Ja, ich war auf der Beerdigung. Eine schreckliche Sache.« Mehr sagte sie nicht, knöpfte ihren Mantel auf, den ich ihr abnahm.
    »Danke.«
    Von einer Mitarbeiterin wurde Frau Brandner angesprochen, die allerdings keine Nerven hatte, sich über berufliche Dinge zu diesem Zeitpunkt zu unterhalten. Sie bat die junge Frau, sich an ihren Mann zu wenden, der im Hotel geblieben war.
    Wir standen etwas abseits in der leicht dunklen Hotelhalle. Zwei uralte Türen führten zu den Gaststuben, die noch so waren, wie man sie vor einigen Hundert Jahren gebaut hatte. Geradeaus ging es dann in eine moderne Halle. Sie lag zum Garten hin, war ein Anbau, und durch große Scheiben konnten wir in den Garten hineinschauen, wo sich auch ein Pool befand, auf dessen leicht gekräuselter Wasserfläche bunte Blätter dümpelten. An einer großen viereckigen Theke saßen in der Saison sicherlich zahlreiche Gäste, ebenso wie in den Sesseln vor den zahlreichen Tischen, die sich in der Halle ausbreiteten.
    »Können wir dort einen Kaffee bekommen?« fragte ich die Frau.
    Sie strich durch ihre blonde Kurzhaarfrisur. »Ja, natürlich. Ich brauche ihn auch. Setzen Sie sich bitte zu mir. Ich bin ein wenig deprimiert. Es tut gut, mit anderen Menschen zu sprechen, die nicht unmittelbar von dem Tod der Kellnerin betroffen sind. Es ist schrecklich genug, was da geschah.«
    Ohne eine weitere Erklärung abzugeben, ging sie vor, und ich sah, wie mir Suko zuzwinkerte. Es lief besser, als wir es uns vorgestellt hatten. Wir waren überzeugt davon, daß diese Frau einiges wußte.
    Ein junges Mädchen in weißer Schürze hatte uns gehört und kam aus der Küche. Es grüßte freundlich. Die verweinten Augen zeigten an, daß auch sie auf der Beerdigung gewesen war.
    »Wir bekommen drei Tassen Kaffee, aber große. Und für mich einen Cognac. Für Sie auch?«
    Ich stimmte zu, Suko lehnte ab. »Wissen Sie, den brauche ich jetzt.«
    »Einen Doppelten, Frau Chefin?«
    »Gern.«
    Wir nahmen in den Sesseln Platz und saßen so, daß wir nach draußen schauen konnten, wo die Dämmerung weit fortgeschritten war.
    Helene Brandner knetete ihre Gesichtshaut. »Es wird bald dunkel werden«, sagte sie.
    »Das ist der Lauf der Welt.«
    »Stimmt, Herr Sinclair. Licht und Schatten gehören zum Leben.« Sie hob die Schultern.. »Im November spürt man es besonders. Da hockt der Winter bereits wartend hinter den Bergen, sagt man bei uns, um irgendwann in das Tal einzufallen. Er bringt Kälte mit und das weiße Leichentuch des Schnees. Damit leben wir, damit haben wir immer gelebt, es ist auch normal…«
    »Aber…?«
    Sie schaute mich an. »Nicht normal ist der Tod dieser jungen Frau, die Anna Lederer hieß.«
    »Warum nicht?« fragte Suko. »War sie zu jung?«
    »Nein oder ja. Dreißig - was natürlich nichts zu sagen hat. Es ist nur so, sie starb nicht eines normalen Todes, meine Herren.«
    »Nein?« staunte Suko.
    »Sie wurde ermordet.«
    Schweigen, niemand sprach. Auch Frau Brandner nicht, die wollte, daß wir unseren Gedanken nachhingen. Nur die schnellen Schritte des Mädchens zerstörten die Stille. Die Kleine brachte den Kaffee und auch den Cognac, der seinen Platz in großen, breiten Schwenkern gefunden hatte. »Sehr zum Wohl…«
    Wir nickten ihr zu. Frau Brandner hatte ihr Glas hochgenommen und schwenkte die Flüssigkeit, bevor sie trank. Auch ich nahm einen Schluck und spürte die Wärme durch meine Kehle rinnen.
    Nachdem Helene Brandner getrunken hatte, hielt sie das Glas mit beiden Händen fest und schaute an uns vorbei ins Leere. »Wissen Sie, es
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