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0828 - Der Henker des Herzogs

0828 - Der Henker des Herzogs

Titel: 0828 - Der Henker des Herzogs
Autoren: Jason Dark
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sicher, aber er hatte den Eindruck, als wäre ihr drittes Gesicht dabei, sich aufzulösen, um das Greisengesicht zum Vorschein kommen zu lassen. Die Haut war dünner geworden, sie hatte sich zusammengezogen, und Suko glaubte, erste Flecken an der Stirn zu entdecken, wo die faltige Haut der Greisin durchschimmerte. »Wir haben dich nicht vergessen, Iris, das darfst du nicht denken, aber es ist zu viel passiert, und wir müssen jetzt Acht geben und genau der Reihe nach vorgehen. Ist das okay?«
    Iris Quentin nickte, ohne jedoch überzeugt zu sein.
    Suko setzte sie wieder ab. Kaum hatte sie den Boden berührt, da hörte er schon ihre nächste Frage. »Was ist denn, wenn du auch verschwindest? Wenn ich immer so bleibe?«
    »Es wird nicht geschehen, denn ich passe auf.«
    »Ich habe Angst vor der Rose. Ihr Geruch ist so schlimm, Suko.«
    »Ich werde es überstehen.«
    Suko zögerte nicht länger. Wie sein Freund John Sinclair, ging auch er auf die Rosen zu…
    ***
    Ich war wieder da! Ich war wieder da! Ich konnte wieder denken, ich konnte mich umschauen, ich stand auf festem Boden, und ich nahm den Gestank vonirgendeinem dahinfaulenden Etwas wahr, mit dem ich anfangs nichts anzufangen wusste.
    Ich schaute mich um.
    In meiner Umgebung herrschte ein ungewöhnliches Zwielicht.
    Über mir fiel durch eine viereckige Öffnung Licht in einen Keller, aber das Fenster war so hoch angebracht, dass es der beste Springer der Welt nicht erreicht hätte. Zudem verteilte sich das Tageslicht mehr unterhalb der Decke, den Grund erreichte es kaum.
    Allmählich gewöhnte ich mich an die Lichtverhältnisse und fing an, mich in meiner Umgebung umzuschauen.
    Der Gestank stammte aus einer bestimmten Ecke, in der ein Lager bereitet worden war. Es bestand aus leicht angefaultem Stroh, über das eine Decke gelegt worden war. Nicht weit entfernt sah ich ein Gefäß an der Wand stehen für die Notdurft. Es gab auch eine Sitzgelegenheit, ein schlichtes Brett, mit Ketten an der Innenwand befestigt.
    Und ich sah eine kleine Tür, die aus einem sehr stabilen Holz bestand, sodass ich schon eine Axt gebraucht hätte, um sie zu durchschlagen. Das alles nahm ich in wenigen Sekunden wahr, ich registrierte diese Tatsache, und ich überlegte, wo ich mich befand.
    In einem Gefängnis, das stimmte. Raues und rohes Mauerwerk umgab mich, und plötzlich rann eine Gänsehaut über meinen Rücken, denn mir wurde bewusst, was da passiert sein könnte.
    Ich war abgetaucht in die Vergangenheit. Ich hatte an der blauen Rose gerochen, ich hatte plötzlich das Licht gesehen und mich so gefühlt, als wäre ich in einen dünnen Schlauch gezerrtworden, in dem ich weiter in die Zeiten hineingetrieben wurde.
    Und jetzt…?
    Meine Gedanken fanden zu der alten Ordnung zurück, und ich rief mir die Ruine von Dürnstein in Erinnerung.
    Ich befand mich noch auf der Burg. Diesmal allerdings zeitversetzt, als sie so gestanden hatte, wie sie gebaut worden war, aber fast achthundert Jahre zurück, in einer Zeit, in der jemand aus dieser Festung gefangen genommen worden war, der Richard Löwenherz hieß.
    Ihn kannte ich.
    Nein, ich kannte ihn nicht, aber ich war einmal, wenn alles stimmte, Richard Löwenherz gewesen, ebenso wie ich Hector de Valois gewesen war. Dieser Gedanke ließ meine Knie weich werden. Es fiel mir schwer, auf dem Fleck stehen zu bleiben, und ich taumelte, ohne es zu wollen, zurück, bis ich an der Wand den nötigen Halt fand.
    Es dauerte eine Weile, bis ich mich von meinen Vorstellungen erholt hatte, und ich fuhr mit der Handfläche über mein Gesicht. Die Haut war schweißig geworden, mein Magen klemmte irgendwie im Körper, und auch der Schauer lag noch auf dem Rücken.
    Mit weichen Knien ging ich bis zur Bank und ließ mich darauf nieder. Ich fing an, über mein Schicksal nachzudenken. Nicht zum ersten Mal hatte es mich in die Vergangenheit verschlagen, aber in diesem Fall war es um so spektakulärer, dass ich möglicherweise jemandem gegenüberstehen würde, der in mir wiedergeboren war.
    Das hatte ich schon bei Hector de Valois erlebt, dessen Knochengerippe als silbernes Skelett in der Kathedrale der Angst wachte. Daran hatte ich mich gewissermaßen gewöhnt, aber wiewürde es mir ergehen, wenn ich plötzlich Richard Löwenherz gegenüberstand?
    Der Gedanke daran ließ mich noch stärker frösteln, und auf meiner Zunge lag ein pelziger Geschmack.
    Nur allmählich beruhigte ich mich. Das mochte auch daran liegen, dass mich nichts ablenkte, nur ein sehr fernes
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