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0826 - Der knöcherne Hexer

0826 - Der knöcherne Hexer

Titel: 0826 - Der knöcherne Hexer
Autoren: Jason Dark
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war für Swenja kein Grund, aufzugeben. Es hatte sie nur gelehrt, noch vorsichtiger an den Fall heranzugehen, und irgendwann würde sie die Lösung finden, das war hundertprozentig sicher. Sie würde dafür kämpfen, sie würde forschen, sie würde…
    Wieder störte sie der Reflex.
    Er hatte ihre Augen getroffen und war abermals oben am Leuchtturm aufgeblitzt.
    Stand sie tatsächlich unter Kontrolle? Swenja fühlte sich wie jemand, der in ein Wespennest gestochen hatte und nun von den aufgeschreckten Insekten angegriffen wurde.
    Tief atmete sie durch. Noch ein Blick hoch zum Leuchtturm.
    Kein Reflex mehr. Der geheimnisvolle Beobachter hatte sich zurückgezogen.
    War es der Wächter?
    Sie hatte ihn mal kurz kennen gelernt. Er war ein ihr nicht sehr sympathischer Mensch gewesen, ein alter, verbissener Typ, der wenig redete, schon gar nicht mit Fremden. Den Blick seiner Augen würde sie nicht so schnell vergessen, er war düster und gefährlich gewesen, als hätte er ein Loch in ihre Seele brennen wollen.
    Sie stand wieder auf.
    Noch einen Blick warf sie zurück.
    Leer lag der Höhleneingang vor ihr. Trotzdem fürchtete sie sich davor, die Höhle noch einmal zu betreten.
    Da lauerte etwas.
    Aber was…?
    Eine Antwort wusste Swenja Hart nicht, aber dieses Etwas hatte bestimmt etwas mit Dingen zu tun, die am besten begraben blieben…
    ***
    Als sie eine halbe Stunde später die Tür des Coverack Inn aufstieß, verstummten die Gespräche der wenigen Gäste, und die Köpfe drehten sich der Eintretenden entgegen.
    Die hier lebenden Menschen gehörten nicht zu den geschwätzigen Leuten, aber es gab wohl keinen anderen Gast, der mit einem derartig eisigen Schweigen begrüßt wurde wie sie.
    Niemand wünschte ihr einen Guten Tag, und Swenja merkte, wie ihr Herz für einen Moment schneller schlug und sie darüber nachdachte, ob sie sich wieder umdrehen sollte oder nicht, aber sie wollte nicht feige sein, riss sich zusammen und wünschte selbst einen Guten Tag.
    Sie erhielt keine Antwort. Sie ging über die alten Bohlen in eine Ecke des Inn, wo die Rauchwolken nicht so dicht unter den dicken Deckenbalken hingen. An einem der klobigen Tische nahm sie Platz.
    Eine Wandleuchte gab nur wenig Licht ab. In ihrem Schein schimmerten Staubkörnchen wie kleine Diamanten.
    Sie nahm den Rucksack ab, stellte ihn auf einen Stuhl und nahm Platz. Dann öffnete sie den Reißverschluss der Windjacke, ohne sie allerdings auszuziehen, denn trotz der beinahe bulligen Wärme war ihr kalt geworden.
    Der Wirt beobachtete sie von der Theke her und bediente erst eine Gruppe von Männern, bevor er an ihren Tisch trat, seine dichten Augenbrauen zusammenzog und den Mund zu einer mürrisch klingenden Frage öffnete. »Was wollen Sie trinken?«
    »Einen Tee und einen Whisky, aber zuerst den Whisky.«
    Der Wirt ging.
    Swenja war die einzige Frau im Inn. Obwohl sie nicht gerade hässlich war, wurde sie überhaupt nicht beachtet, nicht einmal mit einem verstohlenen Blick. Die Gäste beachteten sie überhaupt nicht.
    Sie blieben sitzen und unterhielten sich mit gedämpften Stimmen.
    Das war vor ihrem Eintritt anders gewesen, da hatte sie genau die Stimmen gehört. Sie waren bis auf die schmale Straße geklungen.
    Jetzt ließ man sie spüren, welch ein Fremdkörper sie war.
    Der Wirt brachte den Whisky. Wortlos stellte er das Glas auf den Tisch und drehte sich sofort wieder um. Swenja Hart umfasste das Glas mit beiden Händen, schaute für einen Moment auf die Oberfläche der Flüssigkeit, die sich zitternd bewegte. In ihr spiegelte sich der Schein der Lampe und gab dem Getränk einen weichen Schimmer.
    Sie trank den Scotch in kleinen, langsamen Schlucken, und sie genoss seine Wärme, als er dem Magen entgegenrann. Natürlich gingen ihr die Erlebnisse nicht aus dem Kopf. Besonders nicht die Zeit, die sie in der geheimnisvollen Höhle verbracht hatte, wo sie vom Hauch einer anderen Welt gestreift worden war. Es war nur eine relativ kurze Zeit gewesen, aber sie hatte die Frau geprägt. Swenja dachte logisch darüber nach, falls man hier überhaupt von Logik sprechen konnte, und sie gelangte zu dem Schluss, dass sie einem unheimlichen Rätsel bereits einen großen Schritt näher gekommen war. Mit dem Fund der Knochen hatte es begonnen, da war etwas in Bewegung gesetzt worden, das sich nicht mehr aufhalten ließ. Aber was genau?
    Wahrscheinlich konnten die Gäste ihr darüber Auskunft geben, nur würden sie nichts sagen. Sie brauchte ihnen nur einen Blick zuzuwerfen,
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