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0822 - Nomaden der Hölle

0822 - Nomaden der Hölle

Titel: 0822 - Nomaden der Hölle
Autoren: Volker Krämer
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nicht mehr alleine in diesem Gang zu sein. Die Stimme erklang direkt in seinem Rücken. Sie war tief und bedrohlich, wie das Grollen des ersten Donners, der ein mächtiges Gewitter ankündigte.
    »Kehrt ihr nun endlich zurück? Ich warte schon lange auf euch, meine lieben Kinder, mein Volk. Du bist sicher der Vorbote. Wann kommen die anderen?«
    Tan Morano wandte sich um. Was er sah, war surreal, irrwitzig, und doch passte es hierher.
    In diesen Irrsinn, den sich nicht einmal Sarkana hätte ausdenken können. Davon war Morano nun endgültig fest überzeugt.
    Hinter ihm stand ein dunkelhäutiger Mann - unzweifelhaft ein Kämpfer, ein Krieger. Seine ganze Haltung drückte das aus. Er war splitternackt und gut und gerne zwei Köpfe größer als Morano, der nicht eben zu den kleinsten zählte. Auf dem Kopf trug der Krieger eine Krone, die aus Ebenholz zu bestehen schien. Ebenholz… Morano stutzte, als er die tief schwarze Haut des Mannes genauer betrachtete. Über und über war sie mit einer feinen Maserung überzogen. Einer Holzmaserung !
    Der Kerl bestand aus Holz?
    Nein, denn Morano konnte das Spiel von Muskeln und Sehnen erkennen. Doch die Haut befand sich in einem Zwischenstadium aus lebender Materie und Rinde!
    Ein zweiter und genauerer Blick auf die Krone verwirrte den Vampir endgültig. Die Insignie der Königswürde war schlicht gestaltet, lief nach oben hin spitz zu. Doch das war es nicht - Morano kniff die Augen zusammen, um so besser sehen zu können. Dann war er sicher: Die Krone saß nicht einfach so auf dem Kopf des Dunkelhäutigen. Viel mehr war sie mit seiner Haut verwachsen; Morano erkannte deutlich die Stellen, an denen die Krone sich knochentief eingefressen hatte.
    Selbst den abgebrühten Vampir schüttelte es bei dieser Erkenntnis.
    Der Wahnsinn in den Augen des Mannes leuchtete Morano entgegen. Er sah den Vampir zwar an, doch sein Blick hing in weiter Ferne - in einer anderen Zeit?
    Morano entschloss sich, seinem Gegenüber mit Vorsicht zu begegnen. Ob dieser Kriegerkönig etwas mit Sarkana zu tun hatte, konnte der Vampir zu diesem Zeitpunkt nicht einmal erahnen. Es war auch nicht wichtig. Entscheidend war nur, dass der Weg hinter Morano abgeschnitten war. Also gab es nur die eine Richtung - und die versperrte ihm der Kronenträger.
    Morano ging auf die Worte des Dunklen ein. Höfisch verbeugte er sich tief. »Sie werden schon bald eintreffen, mein König. Ich wurde angegriffen, daher bin ich schnell hierher geflohen. Doch nun bin ich in Sicherheit…«
    »Folge mir!« Ohne Moranos Worte auch nur zu beachten, hatte sich der König umgewandt. »Du musst mir aus der Heimat berichten. Bald wird dieses Exil Vergangenheit sein. Folge mir… Wir müssen Pläne schmieden!«
    Bei jedem der Schritte des Dunkelhäutigen erhob sich ein Rauschen im Gang. Der Boden, die Wände und Decke schienen seinen Bewegungen zu folgen. Morano zögerte nicht. Er folgte dem seltsamen Heiligen, denn nun hatte ihn die Neugier gepackt.
    Pläne schmieden?
    Morano hatte keine Idee, worum es eigentlich ging.
    Tief unter ihm schien sich für einen kurzen Augenblick der Boden zu bewegen. Im nächsten Augenblick war es wieder vorbei. Morano kümmerte sich nicht darum, denn er hatte alle Mühe, den weit ausladenden Schritten des Riesen vor ihm zu folgen - tief hinein in den dichtesten Dschungel…
    Sein Blick klebte an der Krone.
    Irgendetwas ging von diesem Kopfschmuck aus. Morano konnte es nicht genau einordnen.
    Dass die Dunkle Krone bereits begonnen hatte, nach seinem Ich zu greifen, wäre ihm in diesem Moment niemals in den Sinn gekommen…
    ***
    Sabeth lehnte sich vollkommen erschöpft gegen die mit Moosflechten überzogene Wand des Ganges. »Tahum, warte. Ich kann nicht mehr weiter. Ich…«
    Der muskulöse Mann stützte seine Geliebte. »Ich weiß, aber wir müssen einen Ausgang finden. Glaube mir, hier drin sind wir nicht mehr lange sicher. Es war ein Fehler zu hoffen, wir könnten Assunta helfen.«
    Er hielt inne. Und wenn er noch so intensiv auf sie einredete - Sabeth war körperlich einfach nicht mehr in der Lage, die Flucht fortzusetzen.
    Flucht… ja, genau das war es. Doch sie würde scheitern. Tahum hatte auf seiner Suche nach Blut das Refugium immer durch denselben Ausgang verlassen. Doch er hatte mit Entsetzen feststellen müssen, dass genau dieser Weg versperrt war. Um genau zu sein: Er existierte nicht mehr!
    Das Refugium war wie ein großer Organismus, der sich ständig wandelte. Es mochten Hunderte von
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