0822 - Nomaden der Hölle

Titel: 0822 - Nomaden der Hölle
Autoren: Volker Krämer

Vom Netzwerk:

Beben hätte sie sich um ein Haar selbst mit der Waffe verletzt. »Habt ihr das auch gesehen?«
    Zamorra und Nicole taten es Mirjad gleich, die in die Knie gegangen war. Mit den Handflächen strich sie über eine Stelle am Boden, in der sich ein Riss gebildet hatte. »Gold. Da hat gerade eben noch ein goldener Steinbrocken herausgeragt.« Ein leichtes Vibrieren lief durch Mirjads Hände, die den Moosboden berührten. Leicht - doch es nahm an Heftigkeit rasch zu.
    Mirjad sprang hoch. »Verdammt, es fängt schon wieder an!«
    Das sah Zamorra anders. Der Boden erbebte aus einem anderen Grund. Und wenn es nicht so absurd gewesen wäre, dann hätte er jede Wette auf eine heranstürmende Herde abgeschlossen. Aber hier? Mitten in den Schwefelklüften? Das konnte doch nicht sein.
    In der nächsten Sekunde schon sah er das alles ganz anders. Der lange und recht breit angelegte Gang gewährte dem Parapsychologe eine Sicht über sicherlich dreißig Meter. Und am Ende des Ganges wurde mächtig Staub aufgewirbelt. Staub und dicke Moosbrocken, die von den trampelnden Hufen der heranstürmenden Wesen aus dem Boden gefetzt nur so durch die Luft schossen.
    »Stampede!« Es war Nicole, die den Ausdruck benutzte. Und sie traf damit haargenau ins Schwarze.
    Alles geschah in wenigen Sekunden: Die Herde preschte heran; Zamorra drängte Nicole und Mirjad hinter sich, weil er hoffte, dass Merlins Stern mit seinem Schutzfeld reagieren würde, doch das Amulett blieb passiv. Zumindest relativ, denn hier in den Schwefelklüften stand es natürlich dauernd unter Energie. Auf die gut dreißig Wesen, die bei ihrer kopflosen Flucht die gesamte Gangbreite ausnutzten, reagierte die Silberscheibe jedoch nicht gesondert.
    So war es auch gewesen, als es sie bei dem Kampf gegen den Dämon an Australiens Küste in die Hölle verschlagen hatte. Da wäre Zamorra fast von einer Teufelskreatur umgebracht worden, weil das Amulett ihn nicht gewarnt hatte…
    Nur noch zehn Meter, dann waren sie heran. Der Professor schätzte, dass es sich um mehr als zwei Dutzend Wesen handelte, die hier in wilder Panik flohen. Und es konnte sich ja nur um eine Art Flucht handeln, denn die Wesen schienen jede Beherrschung verloren zu haben. Flucht! Nur weg!
    Etwas anderes gab es für sie jetzt nicht.
    Zamorra bemerkte im Blick des Leittiers - wenn es denn eines war - das Erkennen. Die drei Menschen bildeten ein Hindernis, dass die Herde erheblich aus dem Lauf bringen würde. Doch der Zusammenstoß schien unvermeidbar.
    Was dann geschah, war wirklich grotesk anzuschauen. Das Leittier schrie unüberhörbare Kommandos. Und gleichzeitig bremste es seinen Lauf, und den seiner Herde, mit ungewöhnlichen Maßnahmen ab. Es richtete sich auf die Hinterbeine auf, wuchs auf eine stattliche Größe von sicher zwei Meter in die Höhe. Die Vorderhufe, die sich nun als armähnliche Extremitäten präsentierten, breitete es weit zu beiden Seiten hin aus. Als wolle es so alles hinter sich aufhalten.
    Es war bedrohlich - der Zusammenprall konnte für beide Parteien schlimme Auswirkungen haben - und doch entbehrte diese Szene nicht einer gewissen Komik. Und auch nicht das, was nun folgte.
    Der blassblaue Schimmer war unvermittelt zwischen den Menschen und den verzweifelt abbremsenden Wesen. Nicoles Dhyarra-Kristall trat in Aktion. Die Französin hatte die Geistesgegenwart besessen, die sie schon immer ausgezeichnet hatte. Und die notwendige Intelligenz dazu! Es war kein starrer Abwehrschild, in den die anstürmende Herde raste, sondern ein den Gang ausfüllendes Kissen aus Dhyarra-Energie.
    So mussten sich die Lemminge auf ihrer Selbstmörderklippe fühlen, wenn sie auf eine unsichtbare Mauer stießen, die ihren Todessprung ganz einfach stoppte! Das magische Kissen federte den Bremsvorgang zwar ab, doch es konnte nicht verhindern, dass die Leiber der Herden wesen unkontrolliert ineinander rasselten. Köpfe, Arme, Beine -alles wurde zu einem wirren Knäuel, begleitet von Schreien und wütendem Keifen.
    Plötzlich herrschte absolute Ruhe. Nur leises Stöhnen war noch zu vernehmen, als Nicole den Dhyarra-Schutz auflöste.
    Zamorra verbiss sich ein Grinsen. Niemand hätte Verständnis für seinen Humoranflug gehabt. Dennoch - er war sich sicher, dass nicht einmal Laurel & Hardy das in ihren besten Zeiten besser auf Zelluloid gebannt hatten…
    ***
    Mirjad hielt sich ein wenig abseits, während Zamorra und Nicole sich mit dem Anführer der Skoloten verständigten. Völlig unbemerkt hatte sie ihr Messer

Vom Netzwerk: