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0821 - Grauen aus dem Meer

0821 - Grauen aus dem Meer

Titel: 0821 - Grauen aus dem Meer
Autoren: W.K. Giesa
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Dann trank er in großen Schlucken. Er hatte das Gefühl, innerlich zu vertrocknen.
    Er konnte April ja verstehen. Sie war völlig durcheinander. Der Tod der Freunde machte ihr zu schaffen. Er hatte sie nicht so gut gekannt und sah deshalb alles etwas distanzierter. Aber das machte es alles nicht besser.
    Er wollte jedoch nicht mit April streiten und diskutieren. Nicht jetzt, unter dem noch zu frischen Eindruck der Vernichtung.
    Alles in ihm drängte danach, zu checken, was aus den Toten geworden war, ob noch etwas von ihnen übrig geblieben war, und die sterblichen Überreste bergen, so wie es bei der Truppe üblich war. Niemanden zurücklassen, egal, ob tot oder lebendig.
    Aber dazu müsste er durch diesen verdammten Schlund, diesen Strudel, auf die andere Seite des Weltentors. Dort befanden sich jetzt die Reste der explodierten Tauchkapsel.
    Und wahrscheinlich auch der Dämon.
    Er überlegte, wie er es anstellen sollte. Abdallah und der Grieche konnten vielleicht einige der fernsteuerbaren Sonden so umbauen, dass sie für Bergungsaufgaben geeignet waren.
    Munro hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gebracht, als er die Motoren hörte. Ein leichter Ruck ging durch das Schiff.
    April Hedgeson hatte einen neuen Kurs gesetzt.
    Rachekurs?
    Hoffentlich nicht, dachte Munro.
    Einen solchen Feldzug konnten sie nur verlieren…
    ***
    Immer wieder versuchte Zamorra, weiter weg zu robben, fort von dem ständig steigenden Wasser. Aber er hatte keinen Erfolg. Es erreichte ihn bereits, begann seine Beine zu umspülen.
    Hölle, dachte er. Das hier ist wirklich die Hölle - für mich!
    Das, was die Menschen gemeinhin als Hölle bezeichneten, war eigentlich nur eine andere Welt. Kleiner als die Erde, und auf unbegreifliche Weise wandelbar. Das Land mit all seinen Höhlen und Hallen, mit seinen Felsen und Ebenen, mit seinen geheimen labyrinthischen Gängen und riesigen Lavaseen, war ständigen Veränderungen unterworfen. Morgen konnte es hier unter dieser schwefelgelben Wolkendecke schon ganz anders aussehen.
    Es gab nur sehr wenige stabile Bereiche, die keine Veränderungen durchmachten. In diesen Bereichen hausten die Dämonen und ihre Hilfskreaturen. In die wandelbaren Randgebiete trauten selbst die sich kaum. Sie blieben in den Bereichen, in den sie sich heimisch fühlten und in denen die Seelen der Menschen im ewigen Feuer brannten bis ans Ende der Zeit.
    Dies hier musste eine jener Wandelzonen sein. Denn Zamorras Amulett gab keinen Alarm. Es konnte keine dämonischen Aktivitäten erfassen.
    Das Wasser kam näher, stieg höher.
    Auch Nicole näherte sich und stieg höher aus dem Wasser empor. Immer wieder rief Zamorra nach ihr, aber sie ignorierte ihn einfach. Wachsam sah sie sich in alle Richtungen um, den Blaster schussbereit. In ihrem eng anliegenden schwarzen Taucheranzug sah sie aus wie eine dunkle Göttin, die dem Meer entstieg.
    Allmählich wurde Zamorra heiser. Warum reagierte Nicole nicht und half ihm aus der Gefahr? Sie war doch nicht taub und schon gar nicht blind! Auf dem körnigen, hellbraunen Sand hob er sich in seiner ebenfalls schwarzen Montur doch deutlich sichtbar ab!
    Nicole war vielleicht noch fünfzig Meter entfernt, als sie jäh stoppte.
    »Jetzt halt endlich die Klappe!«, rief sie ihm zu - und richtete den Blaster auf ihn!
    Er sah trotz der Entfernung, wie der Abstrahlpol in der Mündung rötlich aufglühte. Die Waffe war nicht auf Elektroschock geschaltet - dafür war die Entfernung ohnehin zu groß. Etwa 20 Meter war die maximale Reichweite für die Schockschüsse, die das Nervensystem für eine kürzere oder längere Zeit lähmten, je nach Dosierung.
    Was er da glühen sah, war Laser.
    Und der hatte eine weit größere Reichweite!
    »Was soll das?«, keuchte er.
    »Still!«, schrie sie. »Und zappele nicht herum, damit ich auch treffe!«
    Sie zielte beidhändig.
    Für einen Moment glaubte Zamorra in ihr ihre negative Doppelgängerin aus der Spiegelwelt zu sehen. Die hatte er harsch abgewiesen, als sie ihm Avancen machte, als sie hoffte, er würde sich um sie bemühen und ihr Sicherheit geben, nachdem sie Zamorras bösen Doppelgänger ermordet hatte.
    Die Zurückweisung hatte sie ihm, dem positiven Original, sehr übel genommen. Das war durchaus ein Mordmotiv.
    Aber das hier war nicht die negative Duval, die zeitlebens dem Bösen verfallen gewesen war. Das hier war die echte. Die, mit der er schon so lange zusammenlebte, auf die er sich immer verlassen konnte, die er liebte und von der er geliebt
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