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0817 - Statthalter des Bösen

Titel: 0817 - Statthalter des Bösen
Autoren: Unbekannt
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Tatcher", sagte der Tibeter beinahe freundlich. „Vor allem sollten wir nicht zusammen in die Stadt gehen. Da Sie nur entfernt einem Menschen ähneln, haben Sie die größten Aussichten, im Falle einer Entdeckung nicht als Besatzungsmitglied der SOL identifiziert zu werden. Deshalb schlage ich vor, Sie dringen als erster in die Stadt ein. Ich folge Ihnen eine halbe Stunde später und werde von Norden kommen. Ungefähr in der Mitte der Stadt treffen wir uns dann."
    Ich wollte Rorvics Vorschlag schon zurückweisen, aber die Aussicht, einige Zeit die Anwesenheit des Scheusals nicht ertragen zu müssen, ließ mich schweigen.
    Wie ich erwartet hatte, faßte der Tibeter mein Schweigen als Zustimmung auf und fuhr fort: „Sie werden sich unsichtbar in die Nähe von Ansammlungen einiger Varben begeben und ihre Gespräche belauschen, Captain. Ihren Translator haben Sie doch dabei, oder?"
    Schweigend hob ich die rechte Hand und ließ das Scheusal einen Blick auf meinen Armband-Translator werfen. Selbstverständlich war das Gerät mit allen Daten über die varbische Sprache „gefüttert" worden, so daß nicht erst eine umständliche und zeitraubende Analyse erfolgen mußte.
    Dalaimoc Rorvic wölbte die Brauen, die die einzige Behaarung seines kugelförmigen Schädels darstellten. „Dann vergessen Sie nachher nicht, ihn einzuschalten, sonst funktioniert er nämlich nicht", belehrte er mich. „Und nun ab mit Ihnen, Sie marsianische Dörrpflaume!"
    Er wollte mir einen Tritt versetzen - sozusagen als Starthilfe. Da ich derartige „Hilfen" zur Genüge von ihm kannte, schaltete ich mein Flugaggregat schon vorbeugend ein, so daß Rorvics Fuß ins Leere stieß.
    Ich lachte laut, als der Tibeter von seinem eigenen Schwung von den Füßen gerissen wurde.
    Als er auf dem Rücken lag und verwundert zu mir aufsah, rief ich: „Vergessen Sie nicht aufzustehen, Sie unterbelichtete Karikatur eines Menschen, Sir!" Seine Verwünschungen schallten mir noch lange in den Ohren, als ich in Richtung Stadt flog ...
     
    *
     
    Als ich oberhalb der Stadt auf dem Rand eines Felsplateaus landete, vergaß ich Dalaimoc Rorvic und allen Ärger, den ich mit ihm schon ausgestanden hatte.
    Der Anblick der Stadt faszinierte mich, obwohl sie nicht halb so groß war wie die Hauptstadt von Wassytoir - und auch nicht halb so prächtig.
    Zwar gab es auch hier freischwebende Gebäudeblasen, aber ihre Anzahl war weitaus geringer als die der Bauwerke, die auf Pfeilern, Stützen und Gittergerüsten ruhten. Ich nahm an, daß die varbische Kolonie auf Koriet lange vor der Kolonisierung Wassytoirs gegründet worden war. Die technische Beherrschung der Gravitation mußte auch damals schon einen hohen Grad der Vollkommenheit erreicht haben, sonst wären die varbischen Raumschiffe niemals bis nach Koriet gekommen, aber wahrscheinlich hatten damals noch die immensen finanziellen Mittel gefehlt, die zur perfekten und allgegenwärtigen Ausnutzung der Gravitationstechnik gehörten.
    Die freischwebenden Gebäudeblasen gehörten demnach einer späteren Generation an.
    Wahrscheinlich wurden heutzutage auf Koriet nur noch freischwebende Bauwerke errichtet, aber es schien, als kämen nur noch selten neue Kolonisten auf diese Welt.
    Das wunderte mich, denn meiner Ansicht nach konnte die Expansionsphase der Varben Ihren Höhepunkt eigentlich noch nicht erreicht haben - und nach außen, in den Kosmos außerhalb des Varben-Nestes, hatte sie sich offenbar noch nicht gerichtet.
    Da mich das Stehen bei der hohen Schwerkraft anstrengte und ich meinen Antigravprojektor aus verständlichen Gründen so wenig wie möglich einsetzen wollte, ließ ich mich nieder und verzehrte einen Konzentratriegel, während ich die Stadt weiter beobachtete.
    Als ich nach einiger Zeit einen Blick auf die rote Sonne warf, merkte ich, daß ich die Stadt nicht mehr bei Tageslicht erreichen würde. Die Sonne stand bereits ziemlich tief über dem Meer. Ihre purpurrote Scheibe wurde von dünnen Wolkenstreifen verhüllt, die ersten Wolken, die ich auf Koriet gesehen hatte.
    Ich streckte mich aus und schloß für einen Moment die Augen. Plötzlich fühlte ich einen harten Schlag am Kopf, schrak hoch und wollte mich auf den Angreifer stürzen.
    Doch ich sah nur eine schemenhafte Bewegung, denn es war dunkel geworden. Aber meine Augen stellten sich schnell auf die Dunkelheit ein, was ebenfalls zur biologischen Ausrüstung eines Marsianers der a-Klasse gehörte. Ich sah, daß mein Gegenüber ungeheuer korpulent war und
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