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0816 - Der Todesbaum

0816 - Der Todesbaum

Titel: 0816 - Der Todesbaum
Autoren: Sylke Brandt
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zufrieden wäre. Was auch immer durch die Verzögerung und den Kampf ringsum in dem Baum geweckt worden war - die übliche Menge an Blut und Leben schaffte es nicht, es in die alte Trance zurückzubringen.
    Und jetzt bekam Michel wirklich Angst…
    ***
    Nicole konnte sich durchaus vorstellen, welches Schicksal die Kultisten ihr zugedacht hatten, aber sie brauchte ihre Fantasie gar nicht erst zu bemühen. Als der dunkle Druide plötzlich von irgendwo her vor ihren Füßen landete und die Zweige auf ihn niederschossen wie ein Rudel Piranhas, hatte sie es direkt vor Augen. Innerhalb von nicht einmal einer Minute wurde aus dem kräftigen Mann mittleren Alters, der heftig um sich schlug und schrie, eine mumifizierte Gestalt. Die Zweige hoben den Leichnam hoch und schlugen ihn wütend auf den Boden, bevor sie ihn von sich schleuderten. Nicole verstand die Botschaft: nicht genug.
    Zum Glück schütze sie das Amulett.
    Ein hellrotes Leuchten zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Vor ihr fraß sich ein Energiestrahl durch den Vorhang der Zweige, schnitt sie ab wie dünne Fäden und ließ ein großes Loch zurück. Die verbliebenen Äste reckten sich der Gestalt entgegen, die in der Lücke erschien, aber sie waren zu kurz.
    »Das hat gedauert, Chéri!«, rief Nicole über das Getöse des Baumes hinweg. »Und du solltest nicht näher kommen. Ich mag meine Männer nicht so abgemagert!«
    Zamorra folgte ihrem Kopfnicken mit seinem Blick und sah die verschrumpelte Leiche des Kultisten, dann sah er zu seiner Gefährtin zurück.
    »Du bist okay?«
    »Merlins Stern schützt mich! Aber hinter mir im Stamm ist etwas sehr, sehr ungehalten, und ich würde gern etwas Abstand zwischen dieses Ding und mich bringen!«
    »Kein Problem. Beweg dich nicht!«, rief Zamorra mit einem schiefen Lächeln.
    »Sehr witzig«, murmelte Nicole in ihren Fesseln. Dann sah sie wieder das Licht des Energiestrahls, der mühelos ihre Fesseln durchschnitt. Dabei traf er natürlich auch die Rinde des Baumes und das Grollen im Stamm steigerte sich zu einem Schrei. So schnell sie konnte, streifte Nicole die Reste der Fesseln ab, stolperte beim ersten Schritt nach vorn und fing sich wieder. Zwischen den um sich schlagenden Ästen hindurch rannte sie zu Zamorra.
    Sie fanden Zeit für eine Umarmung und einen kurzen, aber leidenschaftlichen Kuss. Dann sah Nicole sich rasch um.
    »Nicht mehr viel übrig von unserem tollen Kreis aus dunklen Druiden«, stellte sie nüchtern fest.
    Ein paar Gestalten lagen am Boden, die meisten völlig reglos. Im Grunde standen nur noch Michel und die alte Wirtin, und beide sahen ziemlich erschöpft aus. Michel sang noch immer - irgendwie hatte Nicole das Gefühl, dass das wirklich einen Grund hatte und eine Wirkung. Der Baum tobte, ja. Aber wenn der Kultist mit dem Lied aufhörte, mochte das noch schlimmer werden.
    Die Wirtin neben ihm war schon lange nicht mehr damit beschäftigt, irgendeinen Schutzschirm zu halten. Es sah mehr so aus, als ob sie ihre magische Kraft an Michel weitergab, damit er durchhielt.
    »Ist noch genug Energie in dem E-Blaster, um diesem wild gewordenen Pflänzchen den Garaus zu machen?«, fragte Nicole und deutete auf den Baum.
    »Wenn nicht in diesem, dann in deinem«, antwortete Zamorra und reichte Nicole ihre eigene Waffe.
    Sie stellte den tödlichen Energiestrahl ein und wandte sich dann zu dem Baum um. Gemeinsam hoben sie die Blaster und feuerten.
    Die Strahlen kappten die Zweige, dann bohrten sie sich in den Stamm des brüllenden Baumes. Das Holz begann zu brennen. Flammen schlugen hoch, Rauch stieg auf, und innerhalb kurzer Zeit war der Baum eine gigantische, lodernde Fackel.
    Nicole ließ den E-Blaster sinken und sah sich ihr Zerstörungswerk zufrieden an. Sie bemerkte, dass Michel endlich aufgehört hatte zu singen. Der Abend, so schien es, konnte vielleicht noch ganz nett werden.
    Da explodierte der Baum!
    ***
    Schon bevor es geschah, wusste Michel, dass etwas passieren würde. Er sah, wie die beiden verdammten Fremden auf den Baum schossen, und er spürte, dass sie damit eine Tür öffneten, die er nicht mehr schließen konnte. Sein Gesang verebbte, und er starrte auf den brennenden Baum. Er war müde, ausgelaugt und erschöpft von dem Ritual und wusste nicht, ob er noch Magie in sich hatte.
    Es würde auf jeden Fall nicht genug sein. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten oder Jahrtausenden war das Wesen im Baum wirklich wach. Geweckt durch den Hunger, die Enttäuschung und den Schmerz. Selbst er, Michel, hatte
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