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0808 - Anruf aus dem Jenseits

0808 - Anruf aus dem Jenseits

Titel: 0808 - Anruf aus dem Jenseits
Autoren: Michael Breuer
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hatte einen seltsam panischen Unterton besessen, der ihm gar nicht gefallen wollte. Er konnte sich einfach keinen Reim daraufmachen. Nachdenklich setzte er den Kaffee auf und suchte dann das Bad auf.
    Nachdem sich Corbiere eine Hand voll kaltes Wasser ins Gesicht gespritzt hatte, fühlte er sich etwas besser. Er sah in den Spiegel. Ein verschlafen aussehender Mittzwanziger blickte ihm entgegen. Das dunkle Haar hing ihm wild in die Stirn. Auf Kinn und Wangen spross ein Dreitagebart.
    Rasieren wäre auch mal wieder fällig, dachte Corbiere bei sich. Langsam fand er zu seiner morgendlichen Routine zurück. Nach Duschen und Zähneputzen machte er sich also daran, dem Bartwuchs abzuhelfen und griff nach seinem klobigen Elektrorasierer.
    Als er das Gerät in die Steckdose einstöpselte, gab es einen lauten Knall. Corbiere entfuhr ein herzhafter Fluch. Mit verzerrtem Gesicht riss er die schmerzende Hand zurück. Vielleicht hätte er sich doch schon früher den Luxus eines neuen Rasierapparates gönnen sollen, dachte er bei sich. Immerhin hatte das Gerät schon ein paar Jährchen auf dem Buckel.
    Corbieres Augen weiteten sich. Lautes Knistern war zu hören und kleine blaue Energieblitze zuckten von der Steckdose aus quer über die Wand. Unwillkürlich trat der Franzose einen Schritt zurück. Er wusste nicht, was hier gerade geschah, aber er ahnte bereits, dass dies nichts mit einem defekten Rasierapparat zu tun hatte.
    Die Lichterscheinung breitete sich aus und erreichte den Spiegelschrank über dem Waschbecken. Eine blau leuchtende Silhouette begann sich im Glas abzuzeichnen.
    Corbiere spürte, wie ihm eisig kalt wurde.
    »Karl«, hauchte er fast lautlos.
    Mit einem Mal stand das Schicksal des Österreichers wieder glasklar vor seinen Augen.
    Die Silhouette wurde deutlicher. Die Gestalt wirkte, als bestände ihr Körper aus purer Energie.
    Was sie allerdings nicht daran hinderte, mit dem Finger Buchstaben auf das Glas zu malen.
    »Ihr werdet alle sterben«, las der zitternde Corbiere. »Dies ist meine Rache!«
    Der Franzose taumelte zurück. Er zweifelte keinen Moment daran, dass er gerade eine Botschaft aus dem Jenseits empfing, dass der Österreicher auf irgendeine Weise aus dem Totenreich zurückgekehrt war, um sich an jenen zu rächen, die ihn vor einem Jahr im Stich gelassen hatten.
    Der Gedanke war schlicht absurd, doch für Corbiere grauenhafte Realität.
    Während er noch schaudernd da stand, begannen die geisterhaften Buchstaben langsam zu verblassen. So plötzlich wie die Erscheinung aufgetreten war, endete sie nun. Nur einen Moment später erinnerte nichts mehr daran, was hier gerade geschehen war.
    Langsam ließ sich Corbiere an der Wand zu Boden sinken und kauerte sich auf die kalten Badezimmerfliesen. Er hatte geglaubt, die albtraumhaften Ereignisse endlich für immer hinter sich gelassen zu haben. Nun wurde ihm bewusst, dass es noch nicht vorbei war.
    Noch lange nicht.
    ***
    Paul Vignier legte den Telefonhörer auf die Gabel zurück.
    »Wir sollen heute Mittag vorbeikommen«, sagte er, ohne sich umzudrehen.
    Die aparte Rothaarige, die hinter ihm auf einem Sessel saß, nickte stumm. Vor ihr, auf dem Tisch, stand ein leeres Weinglas. Es war nicht ihr erstes an diesem Morgen. Dennoch merkte man Christine Vandeville die Trunkenheit kaum an.
    »Er weiß von nichts, oder?«, fragte sie dann.
    Jetzt erst wandte sich Vignier um. Er zuckte mit den Schultern. Sein schmal geschnittenes Gesicht wirkte eingefallen und dunkle Ringe zeichneten sich unter seinen Augen ab. Der Stress der letzten Stunden war nicht spurlos an ihm vorübergegangen.
    »Zumindest behauptet er das«, erwiderte er lahm. Vielleicht hatte Michel ja wirklich keine Ahnung, was vorging, aber insgeheim bezweifelte er das.
    Schaudernd dachte er zurück an die unheimliche Geistererscheinung, die ihn am Vortag heimgesucht hatte, um ihm sein baldiges Ende anzukündigen. Christine hatte ein ganz ähnliches Erlebnis gehabt.
    Vignier ballte die Fäuste, bis sich seine Knöchel weißlich verfärbten. Er glaubte nicht an die Mächte des Übernatürlichen. Immer noch versuchte er sich verzweifelt einzureden, dass es irgendeine rationale Erklärung für die Erscheinungen gab, doch ihm wollte einfach keine einfallen.
    Zumal es Claude bereits erwischt hatte…
    »Wir müssen etwas tun«, sagte er, lauter als er eigentlich beabsichtigte. »Dieses Herumsitzen macht mich noch irre…«
    Als er die Stimme hob, zuckte Christine unwillkürlich zusammen. Vignier trat zu ihr,
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