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0807 - Das Gespenst von Angus Castle

0807 - Das Gespenst von Angus Castle

Titel: 0807 - Das Gespenst von Angus Castle
Autoren: Jason Dark
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legte er mir eine Hand auf die Schulter und bat mich, wegzufahren.
    »Wohin, Vater?«
    »Raus aus diesem Innenhof. Ich will weg, verstehst du? Wir werden bestimmt noch einmal zurückkehren müssen, aber zuvor möchte ich nicht in diesem Schloß bleiben.«
    Das verstand ich, obgleich ich gern geblieben wäre, um das Rätsel zu lüften, doch ich wollte meinem Vater den Gefallen tun.
    Als ich den Zündschlüssel schon festhielt und ihn drehen wollte, da sagte er noch etwas und versetzte mir den nächsten Schock. »Ich hoffe, daß deine Mutter noch lebt, John…«
    Wieder hatte ich den Eindruck, schreien zu müssen. Seltsamerweise drang kein Laut aus meinem Mund. Ich blieb unbeweglich sitzen, die Finger noch am Zündschlüssel, und spürte nur, wie sich die Haut in meinem Nacken spannte. Allmählich wurde ich blaß. Bei einem Blick in den Innenspiegel erschrak ich über mich selbst.
    »Bitte…?«
    »Ja, Junge, ich hoffe, daß sie noch lebt. Sie… sie haben deine Mutter als Druckmittel benutzt.«
    Ruhig, sagte ich mir. Du mußt ganz ruhig bleiben, auch wenn es noch so schlimm ist. Die Mutter als Druckmittel! Ich zischte durch die Zähne, ich spürte Kälte und Wärme durch meinen Körper toben und hörte, wie sich mein Vater die Nase putzte.
    »Ist das wahr?« fragte ich nur.
    »Ja.«
    »Sie haben Mutter?«
    »Ich weiß es nicht genau. Jedenfalls war sie nicht zu Hause, als ich gehen mußte…«
    Gehen mußte! Wie sich das anhörte. Ich schluckte und merkte, wie es heiß in mir hochstieg. Ich war plötzlich verzweifelt. Ich wünschte mir, vor sechs gefährlichen Vampiren zu stehen, die auf mein Blut scharf waren. Dann hätte ich mich bewegen und kämpfen können, so aber hing ich praktisch fest. Ich sah keinen Gegner, um uns herum stand ausschließlich das alte Mauerwerk, das aussah, als wollte es jeden Augenblick zusammenbrechen. Meine Blicke glitten über das Gestein hinweg, ohne etwas entdecken zu können. Dennoch hatte ich den Eindruck, beobachtet zu werden. Hinter den Fensterhöhlen schienen sich die schrecklichsten der Höllengestalten zu verbergen, um auf uns zu lauern und uns auszulachen.
    Nichts konnten wir greifen. Wohin wir auch faßten, es würde ein Griff ins Leere werden.
    Mein Puls raste. Was sollte ich tun? Gar nichts konnte ich machen.
    Ich war einfach zu hilflos und mußte daran denken, daß meine Mutter wohl noch hilfloser war.
    Im Geiste sah ich ihr Gesicht. Ich sah die Sorge darin um ihren Sohn. Auch wenn jemand erwachsen geworden war, eine Mutter würde ihre Sorgen bis zum Tod nicht loswerden.
    Mein Vater umfasste meinen linken Ellbogen. »Ich habe es nicht gewollt, John, es ist einfach so über mich gekommen. Ich… ich mußte einfach fahren.«
    »Warum Mutter auch noch?« flüsterte ich.
    Er holte tief Atem. »Ich denke, daß ist eine andere Geschichte, mein Junge.«
    »Erzähl sie mir.«
    »Ja«, murmelte er, »aber bitte nicht hier.« Er schaute sich scheu um. »Laß uns fahren.«
    »Wohin denn?« Meine Stille klang deprimiert.
    »Zu Mrs. McDuff.«
    Ich saß da, ohne zu reagieren. Zuerst einmal mußte ich mir diese Antwort durch den Kopf gehen lassen. »Zu wem, bitte, Dad?«
    »Mrs. McDuff.«
    »Wer ist das schon wieder?«
    »Sie lebt hier.«
    Ich bewegte meinen Kopf. »Im Schloß? Das glaube…«
    »Nein, nein, nicht im Schloß. Aber in der Nähe. Du wirst ihr Haus finden, wenn du die Rückseite umfahren hast. Es ist klein, es ist einfach. Mrs. McDuff ist eine Frau, die sich mit der Natur sehr verbunden fühlt. Man kann sie als eine Aussteigerin bezeichnen. Sie hat das Haus von einem Schäfer erworben, der seine Tiere verkauft hat. Wenig später starb er. Jetzt lebt Mrs. McDuff in diesem Haus, und sie ist eine Landfrau. Sie liebt das einfache Leben.«
    »Woher kennst du sie?«
    »Ich habe zu ihr hingehen sollen.«
    »Und dann?«
    Horace F. Sinclair rang seine Hände. »Es kam mir vor, als hätte sie mich erwartet. Sie schaute mich an, als ich an ihre Tür klopfte, und sagte nur: Bitte, kommen Sie herein.«
    »Und du gehst davon aus, daß sie mehr über dieses Schloß und dessen Geschichte weiß.«
    »Das denke ich mir.«
    »Hast du sie nicht gefragt?«
    Mein Vater lächelte versonnen. »Mir blieb leider nicht die Zeit. Ich mußte zum Schloß, denn ich wollte etwas über die Sinclairs hören. Irgendwie existiert zwischen dem Schloß und unserer Familie eine Verbindung. Was es ist, weiß ich nicht, aber…«
    »Wie hat man es geschafft, dich in den Sarg zu legen, Dad?«
    »Das weiß ich nicht.
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