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0807 - Das Gespenst von Angus Castle

0807 - Das Gespenst von Angus Castle

Titel: 0807 - Das Gespenst von Angus Castle
Autoren: Jason Dark
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sehen, der uns hätte gefährlich werden können. Die Frau hielt sich ebenso zurück wie der Lord. Ich war ungemein gespannt darauf, meinem Vater die entsprechenden Fragen stellen zu können, noch war der richtige Zeitpunkt nicht gekommen. Ich wollte auch nicht in diesem Schloß mit ihm reden, sondern draußen, wo die Sicherheit größer war.
    Wir schritten der Helligkeit entgegen. Die Finsternis der Gruft hatte uns endlich entlassen. Aus der bedrückenden Dunkelheit tauchten die ersten Schatten hervor, die nicht fließend waren, sondern zu Wänden oder Mauern wurden, und als ich die Tür aufstieß, da atmete ich zum erstenmal wieder auf, weil es mir besser ging.
    Wir betraten die Halle. Mein Vater wollte allein laufen. Ich ließ ihn los, den Gefallen mußte ich ihm einfach tun, denn so steigerte sich sein Selbstwertgefühl.
    Er bewegte sich noch unsicher, und auch sein Blick sprach dafür.
    Er war ein Mensch, der im Moment nicht wußte, wo er sich befand.
    Möglicherweise hatte er auch recht und wußte nicht, wie er in den Sarg gelangt war, das würde sich alles noch herausstellen. Er blickte besonders zu den Fenstern hinüber, denn durch sie fiel das Tageslicht, und ich sah, wie mein Vater aufatmete.
    Er war froh, er konnte sich freuen, denn er war aus einer schrecklichen Welt wieder zurückgekehrt, und er mußte es einfach fühlen, daß er wieder da war.
    Er faßte mich an.
    Seine Hand zitterte, als er mein Gelenk umfasste. Ich sah, wie sich sein Mund bewegte. Er hatte Mühe, die Worte zu formulieren, er wollte reden, aber die Furcht drückte noch seine Kehle zusammen, und plötzlich schossen Tränen in seine Augen.
    Er hatte sich bisher beherrschen müssen, das aber war vorbei. Die Tränen spülten das Grauen hoffentlich weg, das hinter ihm lag. Ich konnte nachfühlen, wie es ihm ergangen war. Auch ich hatte schon in einem Sarg gelegen und wie wahnsinnig um Luft und auch um mein Leben gekämpft.
    »Wir sollten von hier weggehen, Vater«, sagte ich.
    »Ja.« Er nickte. »Das sollten wir.« Dann fügte er etwas hinzu, das mich erstaunte. »Es ist nicht gut für einen Sinclair, sich in diesem Schloß aufzuhalten. Der Ort ist verflucht, der ist…« Er brach ab, blieb stehen und holte ein Taschentuch hervor, um seine Nase zu putzen.
    Ich schaute ihn an. Während er in das Taschentuch schnauzte, schüttelte er den Kopf, als wollte er durch diese Bewegungen schreckliche Erinnerungen vertreiben, die ihn sicherlich quälten.
    Doch reden und sich aussprechen wollte er noch nicht.
    Neben mir ging er her, und wir steuerten dem Ausgang zu. Ich hatte die Tür aufgezogen, ließ meinem Vater den Vortritt, der auf der obersten Treppenstufe stehen blieb und in den Innenhof hineinschaute.
    Als er meinen Wagen sah, umspielte ein Lächeln sein Gesicht.
    »Das ist wie sonst, John…«
    »Nichts anderes möchte ich.«
    Er hob die Schultern. Als er den ersten Schritt vorging, stützte ich ihn ab. Ich wollte nicht, daß er die Treppe hinabstolperte. Unbeschadet erreichten wir den Wagen.
    Die Tür hatte ich nicht abgeschlossen. Ich öffnete meinem Vater zuerst die Beifahrertür, ließ ihn einsteigen, und er fiel mit einem schweren Seufzen auf den Lippen in den Sitz.
    Dann stieg ich ein. Er hatte mir sein Gesicht zugedreht, sah mein sparsames Lächeln und hörte auch, wie ich fragte: »Wohin soll ich dich bringen, Vater?«
    Mit einer müden Geste strich er über die Stirn. Sie drückte all seine Resignation aus, die er empfand. »Ich weiß es nicht, John, ich habe keine Ahnung.«
    »Nach Hause?«
    »Das ist zu weit.«
    »Aber wie bist du hergekommen?«
    »Ich hatte meinen Wagen mit. Er parkt an der Rückseite des Schlosses. Ich hätte dich auch nicht anrufen dürfen, aber ich habe einfach nicht anders gekonnt. Nicht nur ich bin betroffen von den Dingen, auch du. Alle Sinclairs…«
    Ich runzelte die Stirn. »Wieso betroffen? Was haben wir getan?«
    »Wenn ich das wüßte«, sagte mein Vater leise. »Ich bin mir keiner Schuld bewußt, aber die andere Seite scheint einfach mehr zu wissen. Dieses Schloß muß eine wichtige Rolle gespielt haben.«
    »Wobei?«
    »Das kann ich dir nicht sagen. Es ist alles furchtbar verschwommen, Junge.«
    »Aber du mußt doch mehr wissen. Du bist hierher gekommen. Ich habe dich gefunden.«
    »Das stimmt schon.«
    »Und wie kam es dazu?«
    Mein Vater schluckte. Er schaute aus dem Fenster, und es sah so aus, als wollte er sich vor einer Antwort drücken. Dabei überlegte er, wie er anfangen konnte. Schließlich
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