Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
08 - Der zeitlose Raum

08 - Der zeitlose Raum

Titel: 08 - Der zeitlose Raum
Autoren: Timothy Stahl
Vom Netzwerk:
war klein wie ein Bierdeckel. Daneben blieb genug Platz für den dreizehnflächigen Kristall.
    Tom legte ihn ab. Das Dunkelfeld hüllte auch das uhrwerkartige Objekt mit ein.
    »Okay«, Tom wandte sich um, »dann nichts wie …«
    Er verstummte, als er aus dem Augenwinkel bemerkte, dass das Dunkelfeld verschwand. Und nicht nur das – auch der Himmelsstein selbst war fort! Ein ungewisser Schrecken durchfuhr ihn. Was ging hier vor?
    »Im Beutel!«, sagte Jandro gepresst. Der junge Mann stand mit aufgerissenen Augen da.
    Tom drückte das Ledersäckchen, das er noch immer in der Hand hielt, zusammen: Tatsächlich spürte er Widerstand! Da der Kristall so leicht wie eine Feder war, hatte er keinen Gewichtszuwachs bemerkt. Aber wie war das möglich?
    Er holte den Himmelsstein erneut aus seinem Behältnis und versuchte es noch einmal – mit dem gleichen Ergebnis: Wie hineingezaubert fand der vielflächige Kristall fast sofort den Weg zurück in den Lederbeutel.
    »Der steckt ihn dir immer wieder zu«, flüsterte Jandro mit sichtlich bebenden Lippen, und obwohl er ganz leise sprach, schien seine Stimme – und nur seine Stimme – von den Wänden widerzuhallen.
    »Wer?«, fragte Tom. Er schaute sich um, ohne etwas anderes zu sehen als Dutzende von Reihen dieser Gestelle, die nach etwa zehn Metern in einer besonderen Form der Dunkelheit verschwanden wie in weiter Ferne.
    »Wen siehst du?«, fragte Maria Luisa, als Jandro nicht antwortete, sondern sich nur immer hektischer und angsterfüllter umsah.
    »Den Schattenkerl«, wisperte er mit weinerlicher Stimme. »Und jetzt kommen auch die anderen her …«
    »Wo denn?« Maria Luisa umfasste seine leere Hand. Seine andere umklammerte den Koffergriff.
    »Da … und da … überall!«
    Alejandro riss sich los, wollte davonrennen. »Halt ihn fest!«, rief Tom. »Wenn er eine der Türen nimmt, die nur er sieht …«
    Maria Luisa verstand zum Glück schnell, dass sie dann hier festsitzen würden. Sie sprang vor und hielt ihren Bruder zurück. »Jandro, warte!«
    Tom schloss zu den beiden auf, in der Hand das Ledersäckchen mit dem Kristall darin. »Wo sind die Türen?«, fragte er. »Wo siehst du sie?«
    Jandro zeigte mit ausgestrecktem Finger auf die Wand hinter ihnen, durch die sie getreten waren und wo Tom nur eben diesen einen Durchgang sah.
    »Kannst du sie zählen?«, wollte Tom wissen.
    Jandro schüttelte den Kopf. »Zu viele. Die Mauer ist endlos lang.« Auch das eine Merkwürdigkeit: Für Tom verschwand die Wand nach besagten zehn Metern in der Dunkelheit. Er wandte sich an Maria Luisa: »Wie weit kannst du die Mauer sehen?«
    »Ich bin nicht gut im Schätzen«, sagte sie, »aber es werden so sechs, sieben Schritte sein.«
    »Vielleicht auch zehn Meter?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, so weit nicht. Höchstens sieben.«
    Tom entschied, später über diese Ungereimtheit nachzudenken. Er wandte sich an Alejandro. »Gibt es eine Tür, die dir am besten gefällt?«
    Der Junge hob die massigen Schultern. Er schaute sich kurz um, dann sagte er: »Die da.« In der Richtung, in die sein Finger wies, erkannten weder Tom noch Maria Luisa auch nur eine Spur von dem, was Alejandro dort zu sehen schien.
    »Was gefällt dir an der so gut?«, fragte seine Schwester.
    Wieder zuckte der autistische Junge mit den Schultern, bevor er antwortete: »Weiß nicht. Ich glaub, dahinter ist was, wo du schon immer mal hin wolltest.«
    »Jetzt hast du mich aber neugierig gemacht«, gestand Maria Luisa.
    »Na, und mich erst«, sagte Tom. Er sah sich noch einmal um, ohne etwas Neues zu sehen. »Dann lasst uns diesen Durchgang nehmen. Führst du uns, Jandro?«
    »Klar.«
    Auf dem Weg zu der unsichtbaren Tür versuchte Tom noch einmal, den Himmelsstein loszuwerden. Diesmal warf er ihn kurzerhand mitsamt dem Säckchen in den Raum hinein – doch im nächsten Moment lugte ein Zipfel des kleinen Lederbeutels schon wieder aus seiner Tasche hervor, und Jandro wich zur Seite, als müsste er jemandem Platz machen. Tom spürte, wie erschreckt der Junge reagierte. Da unterließ er weitere Versuche.
    Schließlich standen sie vor der Wand, genau vor der Stelle, auf die Alejandro gezeigt hatte, und dicht vor der Dunkelgrenze, die nicht vor ihnen zurückwich. Maria Luisa tastete um sich, als könne sie bereits nichts mehr sehen, und packte ihren Bruder am Arm. Tom lief ein Schauer über den Rücken.
    Auf Toms Nicken hin streckte Jandro die Hand aus, um deren Gelenk der Armreif lag. Die massive Mauer schien
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher