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0777 - Die dritte Tafelrunde

0777 - Die dritte Tafelrunde

Titel: 0777 - Die dritte Tafelrunde
Autoren: Dario Vandis
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gesagt, einfach nur blöde rumgeglotzt.«
    »Hat sie geschrien?«
    Stevens schüttelte heftig den Kopf. »Sie schien nicht erschrocken zu sein. Nur ängstlich. Sie schien den Schatten genauso zu fürchten wie wir. Und dann war da noch was…«
    »Ja?«
    Stevens rückte nicht recht mit der Sprache heraus. »Es war nur so ein Gefühl. Für einen Moment glaubte ich fast, sie sei gewachsen. Oder stärker geworden. Durch den Schatten. Ich kann es schlecht beschreiben. Sie war nicht wirklich größer, ich meine, nicht körperlich. Aber es schien, als hätte sie etwas von der Macht des Schattens in sich aufgesogen.«
    Moore blickte ihn skeptisch an. »Was geschah dann?«
    »Der Schatten verschwand. Es war, als wäre er nie da gewesen - abgesehen natürlich von Spike…«
    »Und das Mädchen?«
    »Ist aufgestiegen und weggeritten.«
    Moore blätterte in seinen Unterlagen und nickte. »Sie haben ausgesagt, das Mädchen hätte ein Pferd dabei gehabt.«
    Stevens schüttelte unmerklich den Kopf. »Sie halten mich für bescheuert, aber ich weiß, was ich gesehen habe.«
    »Haben Sie das Mädchen nach seinem Namen gefragt?«
    »Nein. Wie gesagt, vielleicht war sie ja wirklich Spikes Tochter, was weiß ich.«
    »Spike hat keine Familie. Und außer Ihnen hat auch niemand dieses Mädchen gesehen.«
    »Glauben Sie, ich denke mir so eine Scheiße einfach aus?«
    »Wie sah das Pferd aus, auf dem das Mädchen weggeritten ist? Welche Farbe hatte es? Gab es irgendwas Auffälliges? Besondere Merkmale?«
    Diese Frage schien Barry Stevens die ganze Zeit befürchtet zu haben. Er sackte noch tiefer in seinen Stuhl. Mit den zerwühlten Haaren sah er aus wie ein Schmalspurgangster aus einem Seorsese-Film.
    »Das glauben Sie mir sowieso nicht«, stöhnte er.
    ***
    Er hatte tum zweiten Mal getötet, und es hatte ihm keine Freude bereitet.
    Wieder hatte es einen Menschen getroffen, der selbst nicht frei von Schuld war, auch wenn er mit eigenen Händen noch kein Leben ausgelöscht hatte.
    Aber der Düstere wusste, dass dies kein Kriterium sein konnte. Die Opfer wurden nicht nach ihrer Vergangenheit ausgesucht. Vielleicht würde als Nächstes jemand kommen, der unschuldig war. Und hilflos. Ein Greis oder ein Kind.
    Er wusste, dass er sich auch dann nicht gegen seine Bestimmung wehren konnte. Dass er existierte, hatte nur einen einzigen Grund. Er musste tun, was getan werden musste. Er musste tun, was seine Aufgabe war.
    Er zitterte. Das Mädchen war wieder da gewesen. Und es hatte abermals nicht eingegriffen.
    Er konnte einfach nicht verstehen, weshalb es da war. Und woher es jedes Mal genau wusste, zu welcher Zeit er an welchem Ort auftauchen würde, Er wusste es ja selbst nicht einmal.
    Er konnte niemanden fragen, weshalb die Dinge so waren, wie sie waren. Er konnte nicht sprechen, sich nicht äußern. Manchmal fragte er sich, ob er überhaupt noch existierte.
    Er konnte sich anderen nur noch bemerkbar machen, indem er sie tötete.
    War das grausam? Für wen?
    Tief im Innern hoffte er, dass sich bald jemand finden würde, der ihn aufhalten konnte.
    ***
    Exakt siebenundzwanzig Stunden später stemmte Nicole auf einem Berggipfel in Wales die Hände in die Hüften und blickte Zamorra missmutig an. »Ich hatte gleich befürchtet, dass es sich um eine Schnapsidee handelt. Die Hetzerei beim Aufstehen, der Flug nach London und anschließend die Tortur in diesem billigen Mietwagen - alles umsonst.«
    Zamorra verzichtete auf eine Erwiderung. Sie hatten zwar einen Mercedes SLK ausgewählt, aber mit dem aufgemotzten Cadillac Cabrio in Nicoles Garage ließ er sich natürlich nicht vergleichen.
    Der Meister des Übersinnlichen zuckte die Schultern und starrte konzentriert in das Nichts vor sich, als könnten sich dort im nächsten Augenblick die Tore Caermardhins herausschälen - jener Heimatstatt Merlins, die sich den Menschen nur zu besonderen Zeiten offenbarte. Solange die Burg unsichtbar war, konnten sie sie auch nicht betreten. Es war ja nicht einmal festzustellen, dass es sie überhaupt gab. Merlin hatte sich offenbar wieder einmal konsequent abgeschottet.
    »Das ist doch wunderbar«, sagte Nicole, die sich extra in ihren Kampfanzug geworfen hatte. Der Blaster »klebte« an einer Magnetplatte am Gürtel. »Caermardhin zeigt sich nur, wenn der Menschheit Gefahr droht. Keine Burg, keine Gefahr, so einfach ist das.«
    »Du darfst nicht vergessen, dass Merlin sich verändert hat…«
    »Und du solltest aufhören, seine Schwächen immer gerade so auszulegen,
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