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0772 - Das Gericht der Toten

0772 - Das Gericht der Toten

Titel: 0772 - Das Gericht der Toten
Autoren: Jason Dark
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haben. Nun rannen die kleinen Blutstreifen herab, und er hörte hinter sich, dabei sehr nahe an seinen Ohren, ein leises Klacken und Zischen. Dazwischen knirschende Geräusche, und die Bewegung direkt hinter seinem Kopf war für ihn ebenfalls zu spüren.
    Es gab nur eine Erklärung.
    Wenn kein anderer heimlich den Raum betreten hatte, dann war es der Knochenschädel gewesen, der sich bewegte und ihn berührte.
    Aber der war doch starr gewesen…
    Der Druck nahm zu. Die Luft war knapp. Zudem blieb die Bewegung nicht mehr auf die Rückseite des Sessels beschränkt, der gesamte Stuhl zitterte.
    Lemmy konnte es nicht ausgleichen. Unter ihm schob sich das Sitzkissen zusammen. Es bildete in der Mitte eine dicke Kuhle und stieg an den Seiten hoch.
    Er sackte ein.
    Der Knochen-Sessel schluckte ihn. Die Gebeine waren weicher geworden. Nicht aber der Druck um seinen Hals. Auch der böse Schmerz war noch vorhanden.
    Er wollte schreien. Den Mund konnte er noch weit öffnen, der Schrei aber blieb auf halbem Wege stecken, als hätte man etwas in sein Maul gestopft, sodass nur ein dumpf klingendes Würgen über seine Lippen drang.
    Und der Schmerz steigerte sich. Er wurde zu einem Reißen. Sein Hals schien zerfetzt zu werden. Glühendes Eisen hatte die Haut umklammert.
    Schmerzen, Schmerzen – keine Luft mehr…
    Das alles nahm er mit in den Tod. Furchtbare, letzte Eindrücke aus einem ansonsten normalen Leben…
    ***
    »Nein, nein, er hat nicht gesagt, wann er zurückkehrt«, sagte die Frau, die Prudence Miller hieß, in ihrem Büro hinter dem Schreibtisch saß und sich jetzt, wo ihr Chef weg war, wie eine kleine Königin in einem Minireich vorkommen musste. »Da müssen Sie sich eben noch gedulden, meine Herren.« Sie genoss ihren Auftritt, und auf ihren Lippen blieb ein maliziöses Lächeln zurück.
    Gedulden, hatte sie gesagt. Genau das wollten Suko und ich nicht.
    Wir hatten schon zu lange Geduld gezeigt. Besonders mein Partner, der den makabren Skelett-Sessel, den ich für hundertvierzigtausend Dollar ersteigert hatte, nur aus Erzählungen kannte. [1]
    Das Geld hatte mir Bill geliehen. Ich wollte es ihm aus einem Fond wieder zurückzahlen. Ich hatte diesen Sessel einfach haben müssen, weil ich davon überzeugt gewesen war, dass er mit den Templern und auch meinem eigenen Schicksal in der Vergangenheit zusammenhing.
    »Wo ist er denn?«, fragte Suko. Miss Miller hob die Schultern.
    »Das kann ich Ihnen nicht genau sagen. Im Lager.«
    »Wie schön. Es ist ja so klein.«
    »Kommt darauf an.«
    Suko schaute die Frau an. Sie hatte einen Knopf zu viel an ihrer Bluse geöffnet, um noch seriös zu wirken. Der dunkle Rock war auch nicht sehr lang und »verkürzte« sich noch mehr, weil sie die Beine übereinander geschlagen hatte.
    »Wir müssen zu ihm!«, beharrte Suko.
    »Das wollen viele.«
    »Sie wissen, dass wir Druck ausüben können.«
    Prudence hatte Suko falsch verstanden. »Wollen Sie mich foltern?«, fragte sie spöttisch. »Man hört ja immer wieder, dass Bullen so etwas tun. Kann ich verstehen, wenn…«
    »Halten Sie den Mund!« Diesmal war mir der Kragen geplatzt, und meine scharfen Worte ließen sie tatsächlich verstummen. »Ich will Ihnen etwas sagen, Miss Miller. Wir haben gewisse Vollmachten, die es uns erlauben, Sie zu zwingen. Es kostet uns nur einen Anruf bei Ihrem obersten Chef. Ich weiß nicht, wie viel Ihnen dieser Job hier wert ist, aber versetzt werden möchten Sie doch sicher nicht.«
    Sie überlegte. Sie wurde rot. Dann nickte sie. »Aha, so ist das also, ihr feinen Herren. Ihr versucht mich unter Druck zu setzen. Klar, was kann man schon von Polizisten erwarten? Bestimmt nicht viel.«
    »Das hat damit nichts zu tun. Es geht uns um den Sessel, der mir gehört, weil ich ihn in New York ersteigert habe. Ich gebe Ihnen fünf Sekunden, Miss Miller.«
    »Brauchen Sie gar nicht. Er ist in Halle A.«
    »Wunderbar. Und wo finden wir die?«
    Prudence Miller erhob sich. Sie ging zu einem Fenster und vergaß dabei nicht, mit den Hüften zu wackeln, weil sie ihre Wirkung auf Männer immer wieder ausprobieren wollte.
    Ich war ihr gefolgt. »Der Komplex da hinten.« Sie zeigte schräg nach links. »Dieser große Würfel ist die Halle A. Sie aber müssen in den flacheren Anbau, wo die wertvollere Fracht gelagert wird. Verstanden?«
    Sie drehte sich so schnell um, dass ich nicht mehr zurücktreten konnte und von ihrem Busen gestreift wurde.
    Ich quittierte es mit hochgezogenen Augenbrauen, sie mit einem spöttischen
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