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0771 - Der Knochen-Sessel

0771 - Der Knochen-Sessel

Titel: 0771 - Der Knochen-Sessel
Autoren: Jason Dark
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»Einhundertvierzig zum Zweiten.«
    Wieder der dumpfe Schlag mit dem Hammer. »Und einhundertvierzigtausend Dollar zum…«
    Da hob der Mönch den Arm. Archie schaute nicht hin. »Und zum Dritten!«, rief er laut. »Sir, der Sessel gehört Ihnen.« Mit der freien Hand deutete er auf mich, und ich erlebte in den folgenden Sekunden den Beifall der anderen Menschen. Aber nicht nur das. Alle sprangen von ihren Stühlen hoch. Stimmen wirbelten auf mich ein.
    Jeder wollte eine Frage an die Person stellen, die so verrückt gewesen war und einen Skelett-Sessel für diese gewaltige Summe ersteigert hatte.
    Nur ich war sitzen geblieben. Ich fühlte mich irgendwie matt und ausgelaugt. Selbst Abe klatschte. »Gut gemacht, John. Das war einfach perfekt.«
    »Hör auf, Mann.«
    »Doch, es war gut.«
    »Ich denke an die Summe, die den Conollys gehört.«
    »Rede mit deinem Chef.«
    »Hast du eine Ahnung.« Mit der Hose klebte ich auf der Sitzfläche fest. Ich war ins Schwitzen geraten, denn einhundertvierzigtausend Dollar war eine für mich astronomisch hohe Summe. Damit musste ich erst einmal fertig werden.
    Da mich sehr viele Menschen umringten, wurde mir auch ein Großteil der Sicht genommen. Dies wiederum ärgerte mich. Ich wollte sehen, wie der geheimnisvolle Mitbieter reagierte.
    Deshalb stand ich auf. Durch meine Größe konnte ich über die meisten Köpfe hinwegschauen. Der Platz, auf dem der Mönch gesessen hatte, war leer. Ich sah ihn auch nicht neben seinem Stuhl stehen. Er war und blieb verschwunden.
    Wie aufgelöst…
    Das genau hatte auch Abe Douglas erlebt. Dieser Mitbieter war verschwunden, ohne dass es von jemandem bemerkt worden wäre.
    Nur war ich davon überzeugt, dass ich ihn noch einmal wiedersehen würde. Dass mir und nicht ihm der Sessel gehörte, würde er nicht so ohne weiteres auf sich beruhen lassen.
    Nach einigen Minuten hatte sich die Stimmung wieder beruhigt.
    Mit der Versteigerung des Sessels war der Höhepunkt und das gleichzeitige Ende der Auktion erreicht worden. Nichts ging mehr, und die Ersten verließen die Halle.
    Andere schauten sich den Sessel aus der Nähe an. Es gab aber keinen, der sich getraut hätte, ihn zu berühren. Alle schreckten vor einem direkten Kontakt zurück.
    Archie bahnte sich einen Weg zu mir. Als er vor mir stand, wurde der Sessel von den beiden Helfern weggetragen. »Na, wie habe ich das geschafft?«, fragte er.
    »Ausgezeichnet.«
    »Danke.« Er fing an zu flüstern. »Eines sage ich Ihnen, Mr. Sinclair: Der andere wollte mehr bieten. Jetzt haben Sie zwar den Sessel, wahrscheinlich aber auch die Probleme.«
    »Stimmt«, gab ich zu.
    »Was werden Sie tun?«
    »Weiß ich noch nicht.«
    »Aber ich«, sagte Douglas. »Ich werde die Kollegen alarmieren. Der Tote muss weggeschafft werden.«
    Archie Donovan steckte sich ein Pfefferminzbonbon in den Mund und kaute knackend darauf herum. »Haben Sie sich schon Gedanken darüber gemacht, wie Sie den Sessel nach London schaffen?«
    »Noch nicht.«
    »Ich kenne eine Spedition, die ist super«, sagte er schnell. »Die Leute haben sich auf so etwas spezialisiert. Ich kann Ihnen garantieren, dass der Sessel unbeschadet in London eintrifft. Dort wird er ausgepackt und in Ihre Wohnung gestellt. Sie werden an den Knochen keinen Kratzer entdecken. Ich kann das für Sie in die Wege leiten. Sie können also nach London fliegen!«
    »Ich bin dafür.«
    »Wann starten Sie?«
    »Keine Ahnung. Ich denke, dass ich morgen früh…«
    Archie winkte mit beiden Händen ab. »Zeit genug«, sagte er.
    »Danke.«
    Er verschwand, ließ mich allein zurück, und die mich umgebende Stille kam mir irgendwie fremd vor. Vor allen Dingen deshalb, weil ich den Trubel gewohnt war. Nun stand ich ziemlich allein und schaute auf das leere Podium.
    Wer mitgesteigert hatte, würde bei der Blonden bezahlen müssen.
    Ihr Schreibtisch war in die Nähe des Eingangs getragen worden, wo sie auch hockte. Erst nachdem die Rechnung beglichen war, bekamen die Leute ihre Ware.
    Hatte ich mich richtig verhalten? War ich derjenige, der den Sessel besitzen musste? Eine klare Antwort konnte ich mir selbst nicht geben, ich musste mich schon – wie so oft – auf mein Gefühl verlassen.
    Das sagte mir, genau richtig gehandelt zu haben. Dieser Sessel hatte etwas an sich. Schon beim ersten Kontakt hatte ich dies bemerkt. Ich fühlte mich zu ihm hingezogen, und wenn ich darüber nachdachte, wie es mir ergangen war, als ich auf ihm gesessen hatte, da konnte ich mir selbst noch einmal die
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